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Ziel scharfer Kritik aus dem Bundestag: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.

© Nicolas Asfouri/Pool/AFP POOL/dpa

Update

Joshua Wong in Hongkong festgenommen: CDU-Menschenrechtler nennt Chinas Präsident Xi „Diktator“

Zehntausende Hongkonger haben den US-Präsidenten aufgefordert, die Stadt zu befreien. Die Polizei setzte den Aktivisten Wong vor einer Reise nach Berlin fest.

Die Proteste gegen den chinesischen Einfluss sind auch am Wochenende unvermindert weitergegangen. Zwar kam es erneut zu Ausschreitungen und Konflikten mit Sicherheitskräften, doch nicht im selben Maße wie an früheren Wochenenden. Dafür gab es einige neue Wendungen: Die Demonstranten forderten US-Präsident Donald Trump mit Sprechchören und Transparenten auf, die von China regierte Stadt zu befreien; die erneute Festnahme des Demokratie-Aktivisten Joshua Wong löste zudem unversehens diplomatische Verwicklungen mit Deutschland aus. Wong war am Flughafen festgesetzt worden, als er nach Berlin aufbrechen wollte. Aus der großen Koalition kam umgehend scharfe Kritik.

Der Menschenrechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Brand (CDU) nannte Chinas Präsidenten Xi Jinping einen „Diktator“ und forderte die Bundesregierung auf, sich für die Freilassung Wongs einzusetzen. „Wenn das Regime in Peking Angst vor der Wahrheit hat, gerät Diktator Xi in Panik: Ein einzelner junger Aktivist gegen den Herrscher über 1,3 Milliarden Chinesen, und Xi bekommt es mit der Angst zu tun“, schrieb Brand, der nach eigenen Angaben am Dienstag mit dem Aktivisten verabredet war. „Die Festnahme ist eine klare Provokation Pekings gegenüber Berlin, wohin Joshua Wong eingeladen ist. Deutschland ist wie die EU gefordert, sich aktiv für Wong einzusetzen.“

Die Polizei hatte den Aktivisten am Sonntag festgesetzt. Der 22-Jährige schrieb am Sonntag bei Twitter, er sei am Flughafen vor festgenommen worden, weil er gegen seine Kautionsauflagen verstoßen haben solle. Offenbar gebe es Probleme mit seinen Papieren. Er hoffe, seine genehmigten Reisen nach Deutschland und in die USA nach einer Anhörung am Montag antreten zu können. Nach Angaben der „Bild“ ist Wong als Ehrengast einer Veranstaltung der Zeitung am Montagabend in Berlin geladen.

Eine Sprecherin der Hongkonger Demokratie-Aktivisten sagte dem Blatt: „Joshua war bereits eingecheckt für den Flug nach Berlin, wollte durch die Passkontrolle gehen, als er festgenommen wurde. Wir wollen nicht spekulieren, aber für uns sieht es so aus, dass Joshuas Reise, bei der er über die Situation in Hongkong sprechen wollte, erschwert werden soll.“

Wong ging laut der Twitter-Mitteilung davon aus, dass es sich bei der Festnahme um einen Fehler handele. Eine vorläufige Rechtsberatung habe ergeben, „dass das Gericht meine Reisen nach Deutschland und in die USA anerkannt und genehmigt hatte, als es am 30. August eine Kaution gewährte“, so Wong. Der Aktivist ging davon aus, am Montagmorgen nach einer Anhörung entlassen zu werden.

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Wong war Ende August für einige Stunden festgenommen und auf Kaution wieder entlassen worden. Ihm wie seiner Mitstreiterin Agnes Chow wird vorgeworfen, andere zur Teilnahme an einer illegalen Versammlung in der chinesischen Sonderverwaltungszone am 21. Juni animiert und selbst daran teilgenommen zu haben. Wong muss sich auch für die Organisation der Demonstration verantworten.

Demonstranten trugen die US-Flagge und sangen die US-Hymne

Trotz Zugeständnissen der Regierung kam es in Hongkong am Wochenende erneut zu Protesten und Ausschreitungen. Zehntausende regierungskritische Demonstranten zogen am Sonntag in einem zunächst friedlichen Marsch zum US-Konsulat in der chinesischen Sonderverwaltungszone, um für Unterstützung der Amerikaner zu werben.

Demonstranten trugen die US-Flagge, auch die Nationalhymne der USA war zu hören. Später errichtete ein Teil von ihnen Barrikaden und setzte sie in Brand. Auch Scheiben einer U-Bahn-Station wurden eingeschlagen. Andere Demonstranten warfen Pflastersteine auf Polizisten, die ihrerseits Tränengas einsetzten. Zuvor hatten Demonstranten am Samstag Einkaufszentren sowie U-Bahn-Stationen besetzt, wobei es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei der chinatreuen Regierung kam.

Demonstranten marschieren zur US-Botschaft in Hongkong.
Demonstranten marschieren zur US-Botschaft in Hongkong.

© Anushree Fadnavis/Reuters

Seit Mitte Juni gehen in Hongkong Tausende Menschen auf die Straße. Sie protestieren gegen den wachsenden Einfluss Chinas auf die ehemalige britische Kronkolonie. Am Samstag hatten Demonstranten Einkaufszentren sowie U-Bahn-Stationen besetzt, wobei es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei der chinatreuen Regierung kam.

Allerdings gab es bisher deutlich weniger Gewalt als am vergangenen Wochenende, als in der früheren britischen Kronkolonie die bislang wohl schwersten Ausschreitungen der seit drei Monaten andauernden Proteste erlebt hatte. Mit einem Großaufgebot hatte die Polizei neue Proteste am Flughafen der Metropole verhindert.

Hongkongs Regierungschefin nahm Auslieferungsgesetz zurück

Als Zeichen der Entspannung in Richtung der Protestbewegung hatte Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam am Mittwoch den Entwurf für ein umstrittenes Gesetz für Auslieferungen nach China komplett zurückgezogen, das die Proteste ursprünglich ausgelöst hatte. Mit dem formellen Rückzug erfüllt Lam eine Hauptforderung der Demonstranten. Aktivisten machten aber deutlich, dass ihnen das nicht reicht.

Zu weiteren Forderungen der Demonstranten gehören der Rücktritt der Regierungschefin, eine unabhängige Untersuchung übermäßiger Polizeigewalt, die Freilassung von Festgenommenen und eine Rücknahme des Vorwurfs des „Aufruhrs“, sowie politische Reformen und wirklich freie Wahlen.

Merkel hatte Samstag ihre China-Reise beendet

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte zum Abschluss ihres China-Besuches erneut ihre Hoffnung, dass die Konflikte in Hongkong friedlich gelöst werden. Merkel sagte am Samstag in Wuhan, alles andere wäre aus ihrer Sicht „eine Katastrophe“. Man habe ihr bei diesem Thema in Peking „zugehört“. Es sei wichtig, immer wieder im Gespräch zu bleiben.

Am Freitag hatte sie Gespräche in Peking mit Ministerpräsident Li Keqiang und Staats- und Parteichef Xi Jinping geführt, in denen auch die Proteste in Hongkong Thema waren. Chinas Premier gab sich mit Blick auf die Lage in Hongkong zurückhaltend. Die Zentralregierung unterstütze die Regierung dort, „Gewalt und Chaos“ im Rahmen der Gesetze zu beenden, sagte er. (Reuters, dpa, lem)

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