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Die Proteste gegen tödliche Polizeigewalt haben aufs ganze Land übergegriffen: Hier eine Straßenszene aus Boston.

© REUTERS

Josef Joffe weiß, was die Welt macht: Eskalieren, dekretieren, kandidieren

Von dem Aufruhr in den USA über den Hongkong-China-Konflikt zur Kanzlerkandidatenfrage der Union - hier sind die Antworten auf drei Fragen an Josef Joffe.

Von Anna Sauerbrey

- Josef Joffe ist Herausgeber der „Zeit“.

Nachdem mit Georg Floyd wieder ein schwarzer Amerikaner durch Polizeigewalt gestorben ist, eskalieren US-weit Proteste. Hört das nie auf?

Eine alte Geschichte. Sie beginnt mit einem Todesfall, und die Mordanklage kam zu spät; inzwischen haben sich die Proteste auf 15 Bundesstaaten ausgeweitet. Zugleich aber hat ein gerechtes Anliegen Brandschatzung und Plünderei ausgelöst. Also rief der Bürgermeister die Nationalgarde, um die Stadt zu schützen.

Das ist genauso seine Pflicht wie die Strafverfolgung. Denn die Gewalt trifft immer Unschuldige und dann die Armen und Schwarzen in prekären Bezirken. Der neue Faktor heißt Trump, der in gewohnter Manier seinerseits Gewalt androht, statt die Nation zu einen. Plötzlich hat ein Versöhner wie Joe Biden eine echte Chance.

Die USA betrachten Hongkong nicht länger als von China unabhängiges Gebiet. Wem hilft das?

Der Partei, die bekanntlich immer recht hat, auch wenn die KP Chinas die goldene Gans erwürgt. Denn Hongkong ist ein globales Finanzzentrum, wo auch US-Exporte reinkommen, die formell nicht nach China dürfen. Doch was schert Kaiser Xi derlei Kapitalistenkram? Den Vorrang hat die Herrschaft der KP.

Schon ist Verwaltungschefin Carrie Lam eingeknickt; Xi wird den Machtkampf mit List und Brutalität gewinnen. Aber mit schweren wirtschaftlichen Verlusten. Kapitalisten lieben zwar den Profit, hassen aber just deswegen rechtsfreie Räume. Vom Festland ziehen sich westliche Firmen schon heute zurück.

Ein Zeichen, dass die Coronakrise in den Hintergrund tritt: In D ist die K-Frage wieder da! Wen sieht WmdW vorn?

Er hält sich an die Umfragen. Bei „Wer wäre ein guter Kandidat?“ liegt Bayern-Häuptling Markus Söder mit 53 Prozent vorn, was besagt, dass seine Strategie – mehr links und grün – aufgeht. Bei den anderen (Merz, Laschet, Röttgen) liegt „nicht so gut“ im 55-Prozent-Bereich. Die Borjans-Esken-Partei darf man vergessen; auf ihrer Wolke stöhnen Brandt/Schmidt; auf Erden ächzt Schröder.

Anderseits ist noch nie ein Bajuware Kanzler geworden, siehe Strauß und Stoiber. Also warum nicht eine fünfte Amtszeit für Merkel – Mutti forever?

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