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Im Vorwahlkampf noch Konkurrenten, jetzt in einem Team: Joe Biden (links) und Pete Buttigieg.

© Elizabeth Frantz/REUTERS

Joe Biden macht Tempo: Kurswechsel beim Klima – mit diesem Team soll er gelingen

Der gewählte US-Präsident sucht sich derzeit sein Personal zusammen, um die Klimaschutzpolitik voranzutreiben. Pete Buttigieg soll Verkehrsminister werden.

Der neu gewählte US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, beim Thema Klimaschutz Tempo zu machen. Er will dem Pariser Klimaschutzabkommen am ersten Tag seiner Amtszeit wieder beitreten und in den ersten 100 Tagen einen Klimagipfel der führenden Wirtschaftsnationen der Welt einberufen.

Nach vier Jahren Donald Trump, der Klimaschutzbestimmungen seines Vorgängers Barack Obama rückgängig gemacht hatte und noch in seinen letzten Wochen als Präsident bislang geschützte Gebiete in Alaska für die Öl- und Gasförderung freigeben will, kündigt sich ein radikaler Kurswechsel in Washington an.

Der Demokrat Biden will das Land modernisieren und die Weichen dafür stellen, dass die amerikanische Wirtschaft bis zum Jahr 2050 klimaneutral arbeitet. Für diesen Kurswechsel stellt Biden derzeit sein Personal zusammen. Die Berufung des früheren Außenministers John Kerry zu seinem Beauftragten für globale Klimafragen war der erste Schritt. Nun werden nach und nach weitere Pläne für Bidens Klimakabinett bekannt.

So wird Biden der „New York Times“ zufolge bald Gina McCarthy als nationale Klimaberaterin des Weißen Hauses nominieren. McCarthy, die unter Obama die Umweltschutzbehörde EPA leitete, hatte Trump mehrfach scharf dafür kritisiert, dass er große Teile der Anstrengungen der Vorgängerregierung beim Klimaschutz zunichte gemacht habe.

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Ihre Berufung würde in der Öl-, Gas- und Kohleindustrie auf wenig Gegenliebe treffen. Aus den Reihen der Republikanischen Partei kommt bereits Kritik. John Barrasso, Senator aus Wyoming, einem Bundesstaat im Westen der USA, in dem der Bergbau wirtschaftlich eine große Rolle spielt, warnte davor, wieder zurück zur Politik der Obama-Regierung zu gehen.

Statt zahlreiche „Klimazare“ zu berufen solle Biden lieber auf Innovationen setzen, erklärte Barrasso. Das werde der Umwelt helfen, „ohne unsere Wirtschaft zu bestrafen“.

Al Gore ist begeistert

Der frühere demokratische Vizepräsident und Klimaaktivist Al Gore begrüßte die anstehende Nominierung McCarthys dagegen. „Wir stehen vor einer neuen Ära der klimapolitischen Verlässlichkeit“, erklärte er. „Die USA sind zurück im Spiel.“

McCarthy sei „für diesen Job einzigartig qualifiziert“. Zusammen mit John Kerrys Berufung zeige dies, wie ernst es Joe Biden damit sei, dass Amerika durch sein Vorbild führen und den Ausstoß von Treibhausgasen stark reduzieren wolle.

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McCarthy wäre in ihrer neuen Rolle dafür verantwortlich, dass die einzelnen Behörden die Klimaschutzpolitik umsetzen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang besonders zwei Ministerien: das Energie- und das Verkehrsministerium.

Jennifer Granholm wird als Energieministerin genannt

Die ehemalige Gouverneurin des Bundesstaats Michigan, Jennifer Granholm, soll Energieministerin werden, wie amerikanische Medien übereinstimmend berichten. In seiner Zeit als Obamas Vizepräsident hatte Biden mit Granholm eng zusammengearbeitet. So koordinierten sie gemeinsam in den Jahren 2008/2009 die Rettungsmaßnahmen für die US-Autoindustrie in der Finanzkrise. Dabei wurden auch Schwerpunkte auf Investitionen in erneuerbare Energien gesetzt. Seit dem Ende ihrer zweiten Amtszeit als Gouverneurin 2011 wirbt die 61-Jährige für den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien.

Bestätigt hat Biden bereits, dass der frühere Präsidentschaftsbewerber Pete Buttigieg Verkehrsminister werden soll. Er sei sich sicher, dass der 38-Jährige das Amt „mit Konzentration, moralischem Gespür und kühner Vision“ ausüben werde, erklärte Biden am Dienstagabend (Ortszeit).

Buttigieg, der ehemalige Bürgermeister der Stadt South Bend, hatte im Vorwahlkampf der Demokraten auf sich aufmerksam gemacht und gilt als großes politisches Talent. Bestätigt ihn der Senat, wäre er zudem der erste offen homosexuelle Minister der US-Geschichte.

Auch Pete Buttigieg will Klimaneutralität bis 2050

In seiner Präsidentschaftsbewerbung hatte der als moderat geltende Buttigieg wie Biden versprochen, dass die USA die Klimaneutralität bis 2050 erreichen. Erwartet wird, dass er in seiner neuen Position eine wichtige Rolle einnehmen wird, wenn es um die Reduzierung des Schadstoffausstoßes von Fahrzeugen geht.

Auch soll er dafür Sorge tragen, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut wird und Elektrofahrzeuge gefördert werden. „Verkehr sollte wirklich als ein grünes Ressort angesehen werden“, zitierte die „New York Times“ Carol Browner, Obamas ehemalige Klimaschutzberaterin.

Offen ist noch, wer die Umweltschutzbehörde EPA leiten wird. Die „New York Times“ zitierte ein Mitglied von Bidens Übergangsteam damit, dass diese Entscheidung möglicherweise erst nach Weihnachten getroffen werde.

Die erste „Native American“ auf einem Ministerposten?

Auch die Frage, wer als Innenminister für die Nationalparks und gefährdete Arten zuständig wäre, hat Biden öffentlich noch nicht beantwortet. Die demokratische Abgeordnete Deb Haaland aus New Mexiko gilt als Favoritin.

Sie wäre die erste „Native American“ auf einem Ministerposten in der amerikanischen Geschichte – auch diese Berufung wäre ein wichtiger symbolischer Akt. Der künftige Präsident hat angekündigt, ein besonders modernes und diverses Kabinett zusammenzustellen, das die Vielfalt des Landes abbildet.

Biden soll am 20. Januar 2021 als 46. US-Präsident vereidigt werden. Am Montag war sein Wahlsieg durch das „Electoral College“, also den in den einzelnen Bundesstaaten gewählten Wahlleuten, bestätigt worden. Der Republikaner Trump hat seine Niederlage aber immer noch nicht eingestanden und behauptet weiter, ihm sei die Wahl gestohlen worden.

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