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Ob der Jamaika-Handschlag gelingt, hängt auch am Geld.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Jamaika-Sondierungen: Mord an der Schwarzen Null?

Union, FDP und Grüne reden heute übers Geld. Die Wünsche summieren sich, neue Quellen werden gesucht. Die CDU rechnet vor, dass der Wiedereinstieg in die Neuverschuldung wenig bringt.

Von diesem Dienstag an geht es ans Abschiednehmen. Wenn sich die Verhandler von CDU, FDP, Grünen und CSU an diesem Dienstag zur ersten Fachrunde über die Haushalts-, Steuer- und Finanzpolitik einer Jamaika-Koalition treffen, dann werden die diversen Wahlkampfforderungen der Parteien auf das Machbare in einer Viererkoalition geschrumpft werden müssen. Das wird nicht einfach werden, weshalb der CDU-Haushälter Eckhardt Rehberg an die Koalitionsverhandlungen mit der SPD vor vier Jahren erinnert.

Es sei „klug“ gewesen, sich auf „prioritäre Maßnahmen“ zu einigen. Zu dem 23-Milliarden-Vorrangpaket gehörten damals Entlastungen der Länder und Kommunen, mehr Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, mehr Geld für Städtebau, Forschungsförderung und Entwicklungshilfe. Andere Wunschposten wurden dagegen unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Ob die Jamaikaner auch so verfahren, ist ungewiss. Der Spielraum ist größer angesichts von Haushaltsüberschüssen, anhaltend niedrigen Zinsen und der Aussicht auf eine nochmals bessere Steuerschätzung Anfang November. Rehberg sieht ihn bei 30 Milliarden Euro für vier Jahre, eventuell etwas mehr. Diese Summe ergibt sich aus knapp 15 Milliarden Euro, die jetzt schon dem Finanzplan des Bundes zu entnehmen sind, aus der Erwartung besserer Steuereinnahmen und der Tatsache, dass die Asyl-Rücklage nicht in voller Höhe gebracht wird.

Soli-Abschaffung, Familienbudget, Mütterrente

In einer Aufstellung der CDU-Haushaltspolitiker finden sich aber Forderungen und Wünsche der vier Parteien, die ein Vielfaches dieser Summe ausmachen. Auf 180 Milliarden Euro kommt das Papier bei der FDP, auf 150 Milliarden bei den Grünen, wenig überraschend sind es bei der Union deutlich weniger – wobei aber auch hier schon die Erfüllung des Traums der CSU von der höheren Mütterrente (28 Milliarden Euro) den Spielraum fast auffressen würde. Kein Wunder, dass FDP-Chef Christian Lindner den Verkauf der Bundesanteile bei Deutscher Telekom und Deutscher Post anspricht.

Denn der dickste Brocken aus dem FDP-Wahlprogramm – Abschaffung des Solidaritätszuschlags – würde bedeuten, dass 2020 und 2021 zusammen gut 40 Milliarden Euro freigeschaufelt werden müssten. Das Familienbudget der Grünen wird von den CDU-Haushältern auf eine Summe von 48 Milliarden Euro geschätzt. Nicht umsonst hatten sie Steuererhöhungen im Wahlprogramm, die aber die Union bisher ablehnt. Ein Verkauf der gesamten Anteile an den früheren Staatsbetrieben würde übrigens derzeit etwa 24 Milliarden Euro erbringen. Allerdings müsste man davon die Dividendenzahlungen abziehen, die dem Bundeshaushalt dauerhaft entgehen.

Möglich wäre natürlich auch der Mord an der schwarzen Null, das Markenzeichen des scheidenden Finanzministers Wolfgang Schäuble. Glaubt man den CDU-Fraktionären, ist aber auch da nicht viel zu holen. Der Bund dürfte zwar in den nächsten Jahren jeweils gut elf Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen (das sind 0,35 Prozent des erwarteten Bruttoinlandsprodukts), ohne gegen die Schuldenbremse zu verstoßen.

Schuldenspielraum von drei Milliarden Euro pro Jahr

Allerdings müsste davon wegen der relativ guten wirtschaftlichen Lage eine Konjunkturkomponente abgezogen werden – denn das Ausschöpfen des Schuldenspielraums ist eigentlich nur in schwierigen Zeiten vorgesehen – und ein Abschlag für Abflüsse aus Sondervermögen wie dem Hilfsfonds für die Kommunen. Es bliebe dann noch ein Schuldenspielraum von drei Milliarden Euro pro Jahr. Und würde der Bund Anteile an Post und Telekom verkaufen, würde der Erlös diesen Spielraum nochmals verringern.

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