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Bewohner von Jemens Hauptstadt Sanaa begutachten die Folgen eines Bombentreffers. Die von Saudi-Arabien geführte Koalition hatte Luftangriffe geflogen.

© AFP

Jamaika-Sondierungen: Grüne pochen auf Gesetz zu Waffenlieferungen

Es ist ein heikler Zeitpunkt, an dem Lieferungen nach Saudi-Arabien bekannt werden. Denn auch bei den Sondierungen geht es um Rüstungsexporte.

Von Hans Monath

Neue Daten zu Rüstungsexporten der scheidenden Bundesregierung erhöhen den Druck auf die Grünen, in den Sondierungsverhandlungen zur Jamaika-Koalition harte Einschränkungen deutscher Waffenexporte zu erreichen. Die Ökopartei hatte im Wahlkampf versprochen, Exporte "an Diktaturen und Krisenregionen" mit einem "verbindlichen Rüstungsexportgesetz" zu beenden. Bisher wird die Ausfuhr der sensiblen Güter in der Bundesregierung durch Rüstungsexportrichtlinien geregelt.

Am Dienstag war bekannt geworden, dass Deutschland weiter Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien liefert. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung an den Linken-Abgeordneten Stefan Liebich hervor, über die zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Den Angaben des Wirtschaftsministeriums zufolge wurden im dritten Quartal Rüstungsgüter für Saudi-Arabien im Wert von 148 Millionen Euro genehmigt. Im Vorjahreszeitraum waren es etwa 40 Millionen Euro. Die Exporte nach Ägypten hatten ein Volumen von rund 298 Millionen Euro (2016 rund 45 Millionen Euro).

Insgesamt stieg der Anteil der deutschen Rüstungsexporte in Staaten außerhalb der Europäischen Union. Laut der Antwort des Wirtschaftsministeriums wurden im dritten Quartal dieses Jahres Rüstungsexporte in Höhe von 1,27 Milliarden Euro genehmigt. Der überwiegende Teil dieser Rüstungsgüter (871 Millionen Euro) soll in Länder geliefert werden, die nicht der EU angehören, keine Nato-Mitglieder sind und auch nicht zur Gruppe der Nato-gleichgestellten Staaten zählen (Japan, Neuseeland, Australien, Schweiz). Im Vorjahreszeitraum war der Anteil der Exporte in Drittstaaten geringer (485 Millionen Euro von insgesamt 1,14 Milliarden Euro).

Liebich sagte, wenn die neue Bundesregierung die Politik der Rüstungsexporte nicht substanziell ändere, mache sie sich "mitschuldig an den zahllosen Toten in den Konflikten weltweit". Die Lieferungen an Saudi-Arabien und Ägypten seien "besonders verwerflich", da beide Länder "seit Jahren einen schmutzigen Krieg in Jemen führen". Die Vereinten Nationen hatten in der vergangenen Woche vor einer Hungerkatastrophe in dem Bürgerkriegsland gewarnt. Hintergrund ist eine Importblockade Saudi-Arabiens und seiner Verbündeten. Saudi-Arabien will mit der Blockade die Einfuhr von Waffen aus dem Iran für die schiitischen Huthi-Rebellen unterbinden.

Union will Handlungsspielraum der Regierung erhalten

Grünen-Chef Cem Özdemir bekräftigte am Dienstag das Ziel, in den Verhandlungen mit Union und FDP um eine gemeinsame Koalition Waffenausfuhren zurückzufahren. "Wir wollen Rüstungsexporte beispielsweise nach Saudi-Arabien unterbinden", sagte er in einer Videobotschaft. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, machte deutlich, dass die Einschränkung von Waffenlieferungen für seine Partei höchste Priorität hat. "An dieser Frage muss deutlich werden, dass es einen Unterschied macht, wenn wir regieren", sagte er dem Tagesspiegel.

Um welche Rüstungsgüter für Saudi-Arabien es sich handelt, geht aus der Antwort der Regierung nicht hervor. Bei früheren Debatten über Lieferungen an den Golfstaat hatte der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) darauf verwiesen, dass ein Großteil des Exportvolumens für das Land auf Patrouillenboote entfalle, die zum Küstenschutz eingesetzt würden. Die große Koalition hatte auf Druck der SPD die Lieferung von Gewehren und zentraler Teile einer Gewehrfabrik an das Land verweigert, die noch von der Vorgängerregierung aus Union und FDP genehmigt worden war.

Wie die Grünen versprach auch die FDP im Wahlprogramm, die Rüstungsexportrichtlinien zum Gesetz zu machen. Die Union fürchtet dagegen eine Einschränkung des Handlungsspielraums der Regierung. Bei strenger Auslegung der Richtlinien wären etwa auch keine Lieferungen an ein Land wie Mali möglich, das Deutschland im Kampf gegen Terroristen unterstützt.

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