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Applaus für Donald Trump: Israels Premier Benjamin Netanjahu ist zufrieden mit dem Nahost-Friedensplan des US-Präsidenten.

© imago images/UPI Photo

Jahrhundertdeal oder Nonsense?: Trumps Nahostplan - was drin steht und was es bedeutet

Donald Trump geht mit seinem Friedensplan für Nahost vor allem auf Israels Wünsche ein – der Unmut der Palästinenser ist groß.

Es war ein kurioses Bild: Im East Room des Weißen Hauses standen am Dienstagmittag zwei Männer nebeneinander, um große Außenpolitik zu verkünden – und beide sind innenpolitisch in Bedrängnis. Der eine, Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu, wurde am Morgen wegen Korruption in drei Fällen offiziell angeklagt.

Der andere, US-Präsident Donald Trump, muss derzeit tatenlos zuschauen, wie der Senat über seine mögliche Amtsenthebung verhandelt. Aber an diesem Tag sollte die mediale Aufmerksamkeit ganz dem lang erwarteten Nahostplan gelten, den Trump vorstellte. Dass selbst sein Lieblingssender Fox News die Übertragung der Pressekonferenz vorzeitig abbrach, um zum Impeachment-Verfahren zu schalten, dürfte ihm nicht gefallen haben. Denn immerhin ist er überzeugt, dass sein Plan ein „großer Schritt in Richtung Frieden“ in Nahost sei.

Amerikas Vorstellungen

Der Plan sieht eine Zwei-Staaten-Lösung für Israel und Palästina vor. Jerusalem solle dabei die „ungeteilte Hauptstadt“ des jüdischen Staats bleiben, sagte Trump. Allerdings solle in Ost-Jerusalem auch die palästinensische Hauptstadt angesiedelt werden. Der Status quo bezüglich des für Juden und Muslime heiligen Tempelbergs soll beibehalten werden.

Jordanien, das bereits bisher mit den Palästinensern für die Verwaltung der heiligen Stätten zuständig ist, soll dort weiter die Verantwortung dafür tragen.

Trump warnte die Palästinenser, dies könnte ihre letzte Gelegenheit für einen eigenen Staat sein. Immerhin erkläre sich Israel erstmals zu territorialen Zugeständnissen bereit. Die USA würden sich dafür einsetzen, dass die Palästinenser ein zusammenhängendes Territorium bekommen.

Der Plan, den Trumps Schwiegersohn Jared Kushner federführend erarbeitet hat, spricht von einer Verdoppelung des palästinensischen Territoriums. In den für einen künftigen Palästinenserstaat ausgewiesenen Flächen sollten in den kommenden vier Jahren keine neuen jüdischen Siedlungen entstehen, damit die Palästinenser die Anforderungen für einen eigenen Staat erfüllen können.

In dem Plan ist von einem „entmilitarisierten“ Palästinenserstaat die Rede. Netanjahu sagte dazu, die in Gaza herrschende islamistische Hamas müsse entwaffnet und der Küstenstreifen entmilitarisiert werden. Das Weiße Haus erklärte, im „Laufe der Zeit“ könnten die Palästinenser „mehr Verantwortung für die Sicherheit“ übernehmen und Israel seinen Einsatz dort zurückfahren.

Die Palästinenser müssten zudem Israel als jüdischen Staat anerkennen. Weiter ist vorgesehen, dass Israel die Kontrolle über das Westjordanland behält. Netanjahu erklärte, die israelische Souveränität über alle israelischen Siedlungen im Westjordanland sowie das Jordantal werde anerkannt. Die Frage der mehr als fünf Millionen Flüchtlinge soll außerhalb Israels gelöst werden. Demnach sollen die Flüchtlinge die Wahl erhalten, sich in dem neuen Palästinenserstaat niederzulassen, in den Ländern zu bleiben, in denen sie leben, oder in Drittländer umzuziehen.

Netanjahus Freude

Für Israels Premier waren Trumps Worte ein Geschenk. Nicht alle, doch eben sehr viele seiner Forderungen finden sich im „Jahrhundertdeal“ wieder. Für sie hat Netanjahu unermüdlich gekämpft. Nun weiß er den Chef der Supermacht hinter sich und kann dieses Wohlwollen offensiv nutzen.

In Israel wird am 2. März gewählt, und Netanjahu kann sich wieder einmal als „Mr. Security“ präsentieren. Der Premier predigt schon lange, ihm allein verdanke das Land seine Sicherheit. Nun kann er auch auf Trump als Gewährsmann verweisen. Im Wahlkampf wird er wohl genau diese Karte spielen. Nicht nur bei seinen Anhängern könnte das Wirkung zeigen. Benny Gantz, Konkurrent um das Amt des Regierungschefs, wird dem kaum etwas entgegenzusetzen haben. Er hat bereits Trump und seinen Plan gefeiert.

Der Unmut der Palästinenser

Für Präsident Mahmud Abbas steht seit Trumps Amtsantritt vor drei Jahren fest: Mit dem US-Präsident und Netanjahu ist kein eigener Staat zu machen, schon gar kein Frieden. Die Palästinenserführung fühlt sich brüskiert und missachtet. Sie wirft Trump vor, im Nahostkonflikt einseitig Partei für Israel zu ergreifen.

Deshalb boykottieren die Palästinenser eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit. In der Tat hat Trump in der Vergangenheit nicht erkennen lassen, dass er dem staatenlosen Volk gewogen ist. Noch vor Verkündung in Washington erklärte Abbas’ Regierung denn auch, der Plan verstoße gegen UN-Resolutionen und geltendes Völkerrecht. Die im Gazastreifen herrschende Hamas bezeichnete den Deal umgehend als „Nonsense“. Für die militanten Islamisten, die sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen geschrieben haben, ist gerade die Forderung, ihre Waffen abzugeben und den Küstenstreifen zu entmilitarisieren, unannehmbar.

Eine Lösung für den Konflikt?

Nahostexperte Michael Wolffsohn hält das zumindest für denkbar. „Es gab schon zahlreiche Pläne für einen neuen, friedlichen Nahen Osten. Viele wurden bejubelt, alle sind gescheitert. Zuletzt der Oslo-Vertrag, für den die Protagonisten sogar den Friedensnobelpreis bekamen. Warum soll es dem Trump-Plan nicht genau umgekehrt ergehen?“ Für die Palästinenser sei der Plan zwar „suboptimal, einstweilen“.

Doch jeder Plan entwickele Eigendynamik, betont der Historiker. Das hätten die Palästinenserführungen bislang stets missachtet. „Sie sollten deshalb diese Chance nutzen.“ Trump biete den Palästinensern einen Staat mit territorialer Durchgängigkeit und „eine Hauptstadt in Ost-Jerusalem“, wenngleich unter Israels Souveränität.

Nur: Die Palästinenser dürften das völlig anders sehen. Seit Jahrzehnten kämpfen sie für einen souveränen Staat. Trumps „realistischen“ Lösungsvorschlag werten sie als Affront. Wut und Enttäuschung sind vermutlich nicht einmal sonderlich groß bei den Palästinensern – sie hatten sich von den USA weder etwas erhofft noch erwartet.

Zu oft hat Trump sie brüskiert. So hatte er unter anderem die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Seitdem herrscht zwischen Ramallah und Washington Funkstille. Gespräche hat es nicht mehr gegeben. Da kann es wenig überraschen, dass die Palästinenser auf Trumps Vorschläge mit einem „Tag des Zorns“ antworten wollen. Israels Armee hat bereits ihre Präsenz im Jordantal verstärkt. Es werden offenbar heftige Proteste erwartet.

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