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Auch die Großbank Monte dei Paschi hat zu viele Kredite an Kunden vergeben, die sie jetzt nicht mehr zurückzahlen können.

© AFP

Italiens Bankenkrise und die EU: Die Sparer müssen gerettet werden - von den Banken

Italiens Banken sitzen auf faulen Krediten von 360 Milliarden Euro. Wenn es kompliziert wird, helfen Regeln. Deshalb sollten sie angewendet werden: Keine Steuergelder zur Bankenrettung. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Was macht man, wenn ein Orkan aufzieht? Wenn Experten lautstark vor einem Unwetter warnen? Ganz einfach: Man bleibt stehen, hält sich die Augen zu und hofft, dass der Sturm an einem vorüberzieht. Und zwar so lange, bis einem alles um die Ohren fliegt. Dann ist man geschockt, ruft um Hilfe. Zumindest wenn man Italiener ist und Matteo Renzi heißt.

Seit Monaten, wenn nicht länger, ist klar, welche großen Probleme sein Land hat. Italiens Banken sitzen auf faulen Krediten in Höhe von 360 Milliarden Euro. 360 Milliarden, die ihre Kunden nicht mehr zurückzahlen können. Manche Firmen des Landes sollen inzwischen nur noch am Leben gehalten werden, damit die Institute ihre Kredite nicht abschreiben müssen. Premierminister Renzi hat davor viel zu lange die Augen verschlossen. Die Banken seines Landes halten inzwischen mehr faule Kredite als die US-Institute bei Ausbruch der Finanzkrise – und das will was heißen. Dabei wissen wir doch, was passiert, wenn Banken straucheln: Erst müssen Geldhäuser gerettet werden, dann Staaten.

Banken sollten nicht mehr mit Steuergeldern gerettet werden - eigentlich ...

Genau deshalb hatten wir Europäer uns ja auch geschworen, aus der Krise zu lernen. Nie wieder sollte der Steuerzahler für die Fehler der Banken aufkommen – so lautete das Versprechen der Staats- und Regierungschefs. Sie haben klar geregelt, was passiert, wenn Banken in die Krise geraten. Als Erstes müssen die Gläubiger einspringen: alle, die sich über Aktien oder Anleihen an dem Geldinstitut beteiligt haben. Im Notfall müssen dann auch noch reiche Bankkunden mit mehr als 100.000 Euro auf dem Konto Verluste hinnehmen. Erst wenn das nicht reicht, ist der Steuerzahler dran. So ist es vorgesehen.

Doch jetzt, wo die Italiener diese Regel erstmals anwenden müssten, pocht Renzi auf eine Ausnahme. Statt die Gläubiger zur Kasse zu bitten, will er die Banken sofort mit Staatshilfen stützen. Durchgehen lassen dürfen ihm das die Kollegen aus den anderen Mitgliedsstaaten nicht.

Regeln schaffen Zuverlässigkeit, wenn es kompliziert wird

Was bitte sind Regeln wert, wenn man sie missachtet, sobald sie greifen? Dabei geht es um deutlich mehr als Paragrafenreiterei. Es geht um die Zuverlässigkeit, das Ansehen und die Beständigkeit der EU. Eine Staatengemeinschaft – noch dazu eine so diverse – kann nur halten, wenn man sich auf Regeln einigt und sie einhält. Eine Rosinenpickerei darf es nicht geben: Das muss Kanzlerin Angela Merkel gegenüber Italien ebenso deutlich machen wie gegenüber Großbritannien. Gerade jetzt nach dem Brexit-Referendum müssen wir Europäer zeigen, dass wir uns an Verabredungen halten. Dass wir stark sind, nicht einknicken, sobald es kompliziert wird.

Natürlich wird Renzi das nicht gefallen. Er bangt nicht nur um die Banken – sondern auch um die vielen Kleinsparer, die sich die Aktien und Anleihen der Institute haben aufschwatzen lassen. Sie könnten jetzt ihr Vermögen verlieren, ihre Altersvorsorge. Die Sparer zu bestrafen, weil sie Bankmanagern vertraut haben, wäre in der Tat falsch – da hat Renzi recht. Doch richten sollten das nicht die Steuerzahler, sondern die Banken selbst: diejenigen Institute, die nicht in der Krise stecken. Schon einmal haben sie in Italien mit einem privaten Rettungsfonds Konkurrenzhäuser gestützt. Das sollten sie wieder tun – nur dass sie nun mal Sparer retten, nicht deren Banken.

Denn was tut man, wenn ein Sturm aufkommt? Man macht sein Haus wetterfest. Und dann hilft man den Nachbarn.

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