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Giuseppe Conte (links), Ministerpräsident von Italien, und Giovanni Tria, Wirtschaftsminister im Parlament.

© Fabio Frustaci/picture alliance/dpa

Italien: Populisten verschrecken die Finanzmärkte

Zum zweiten Mal in Folge schrumpft die Wirtschaft – Opposition und unabhängige Bilanzaufsicht kritisieren die Regierung in Rom

Italiens Wirtschaft ist in eine Rezession gerutscht: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verringerte sich zwischen Oktober und Dezember 2018 im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent. Das teilte das nationale Statistikamt Istat nach einer ersten Schätzung mit. Bereits im dritten Quartal war die italienische Wirtschaft um 0,1 Prozent geschrumpft. Bei zwei Quartalen in Folge mit einer sinkenden Wirtschaftsleistung sprechen Experten von einer „technischen Rezession“. Laut Istat waren die Zahlenm im vierten Quartal die schlechtesten Zahlen seit fünf Jahren; das letzte Mal war Italiens Wirtschaft im Jahr 2014 geschrumpft.

Conte nennt externe Faktoren zur Begründung

Regierungschef Giuseppe Conte, der eine mögliche Rückkehr Italiens in die Rezession bereits am Vortag angedeutet hatte, machte externe Faktoren für den Rückgang verantwortlich, namentlich die Abschwächung der Konjunktur im wichtigen Exportland Deutschland, den Handelskrieg zwischen den USA und China sowie die Unsicherheit rund um den Brexit.

Dass auch das Exportland Italien unter diesen widrigen Umständen leidet, ist unbestritten. Doch für einen maßgeblichen Teil der Schwierigkeiten in dem hoch verschuldeten Land trägt die Regierung aus der populistischen Fünf- Sterne-Bewegung und der rechtsradikalen Lega die Verantwortung.

Grillo lehnt Infrastrukturprojekte aus Prinzip ab

Mit ihren Haushaltplänen, die eine massive Neuverschuldung vorsahen, hatte die Regierung im Herbst die Finanzmärkte verschreckt; die Folge war ein markanter Anstieg der Zinsen für die Staatsanleihen, was wiederum die Kredite der Geschäftsbanken an die Unternehmen verteuerte. Gleichzeitig blockierte Infrastrukturminister Danilo Toninelli eine Reihe längst bewilligter und zum Teil schon im Bau befindlicher Großprojekte wie die Zug-Hochgeschwindigkeitsstrecke im Val di Susa. Der Minister gehört der Protestbewegung an, deren Gründer Beppe Grillo das „fröhliche Minus-Wachstum“ propagiert und deshalb Infrastrukturprojekte aus Prinzip ablehnt.

76.000 Arbeitsplätze seien bereits vernichtet

Angesichts der haushalts- und wirtschaftspolitischen Kapriolen hagelte es am Freitag Kritik gegen die Populisten-Regierung. „Jetzt muss die Exekutive sofort gegensteuern, und beginnen muss sie mit der Freigabe der blockierten Baustellen“, forderte der Präsident des Industriellenverbands Confindustria, Vincenzo Boccia. Dies sei umso dringlicher, als die provisorischen Daten aus den Unternehmen für den Januar einen noch markanteren Rückgang der Wirtschaftsleistung erwarten ließen.

Hart ins Gericht mit der Regierung ging auch die Opposition. Ex-Premier Matteo Renzi erinnerte daran, dass unter den Mitte-Links-Regierungen die Wirtschaft während 14 Quartalen ununterbrochen gewachsen sei, „während in den wenigen Monaten unter den Fünf Sternen und der Lega bereits 76000 Arbeitsplätze vernichtet wurden und Italien in die Rezession zurückgekehrt ist“. Antonio Tajani, Präsident des Europaparlaments und Mitglied von Silvio Berlusconis Forza Italia, sieht nur eine Lösung: „Dieser Regierung muss der Stecker gezogen werden.“

Die unabhängige Bilanzaufsicht warnt vor Nachtragshaushalt

Vizepremier Luigi Di Maio von den Fünf Sternen gab die Schuld der Vorgängerregierung: Diese habe gelogen, als sie erklärte, die Krise sei überwunden. Regierungschef Conte wiederum zeigte sich zuversichtlich, dass die im Staatshaushalt vorgesehenen Maßnahmen – die Einführung eines Bürgereinkommens sowie die Senkung des Rentenalters – ab dem zweiten Quartal 2019 ihre positive Wirkung entfalten würden.

Die parlamentarische Bilanzaufsicht teilt diesen Optimismus nicht: Die Wirkung der beiden Maßnahmen auf das Wachstum sei „irrelevant“, und ohne Korrekturen riskiere Italien einen schmerzhaften Nachtragshaushalt oder sogar eine Vermögenssteuer, schreibt das politisch unabhängige Gremium.

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