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Hauptgebäude der Humboldt-Universität, an der das Islam-Institut gegründet werden soll.

© Doris Spiekermann-Klaas

Islamische Theologie an der Humboldt-Universität: Das Islam-Institut gehört zu Berlin

Die Gründung eines Instituts für Islamische Theologie in Berlin wird sehr kontrovers diskutiert. Denn sie geht weit über wissenschaftspolitische Fragen hinaus. Ein Gastbeitrag.

Die Debatte über die Etablierung eines Instituts für Islamische Theologie in Berlin läuft seit fast zehn Jahren – genauso lange ist es her, dass der Wissenschaftsrat seine Empfehlungen veröffentlicht hat. Das Für und Wider eines solchen Instituts wurde auch deshalb so kontrovers diskutiert, weil das Thema weit über Fragen der Wissenschaftspolitik hinausgeht.

Allein in der Bundeshauptstadt leben heute etwa 300.000 Menschen, die sich dem Islam zugehörig fühlen und sehr wohl zu Deutschland gehören. Das sind Berlinerinnen und Berliner, die ihre Kinder zum islamischen Religionsunterricht schicken wollen oder Imame und geistliche Funktionsträger für ihre Gemeinden benötigen. Deshalb ist es richtig, dass Berlin ein solches Institut an der Humboldt-Universität (HU) bekommt.

Bereits die vorherige Berliner Landesregierung hat ein Eckpunktepapier zur Einrichtung einer islamischen Theologie in Berlin auf den Weg gebracht. Auch die Rot-Rot-Grüne Koalition hat sich zu diesem Ansatz bekannt und die finanziellen und strukturellen Voraussetzungen geschaffen. Ein Bekenntnis, das im Übrigen nicht minder für die Förderung der bereits bestehenden christlichen Theologien und religionsbezogenen Studien an den Berliner Universitäten gilt.

Es geht um die Wertschätzung der Muslime in Berlin

Was wollen wir damit erreichen? Es geht zunächst um die Wertschätzung der vielen tausend Menschen muslimischen Glaubens in unserer Stadt und die Anerkennung ihrer Bedarfe. Wir wollen, dass Islamgemeinden in Berlin nicht mehr auf Geistliche und Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen sind, sondern ihren Nachwuchs von Berliner Universitäten erhalten. Natürlich geht damit eine wichtige Integrationsfunktion einher. Zum einen integrieren wir gemeinsam die islamische Theologie in den universitären Fächerkanon. Zum anderen stärken wir dadurch die Integration insbesondere derjenigen Muslime, die neu in unser Land kommen.

Am Institut für Islamische Theologie werden den Studierenden in bekenntnisgebundenen Bachelor- und Masterstudiengängen wissenschaftliche Grundlagen in islamischer Theologie vermittelt. Sie werden für Aufgaben in muslimischen Gemeinden und Verbänden vorbereitet oder für das schulische Lehramt qualifiziert. Es geht auch um die Heranbildung einer neuen Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die die Forschung zur islamischen Theologie in Deutschland und Europa entfalten - auch im Diskurs mit anderen Theologien. Gerade Berlin bietet dafür mit seiner vielfältigen Wissenschaftslandschaft hervorragende Möglichkeiten.

Die Gründung des Instituts für islamische Theologie an der HU ist ein von allen Seiten kritisch beachteter Prozess – nicht zuletzt, weil hier akademische Freiheit, Staat und Religion ein seltenes Trio bilden. Womit wir bei der Frage nach den jeweiligen Grenzen wären. Im Fall der katholischen und evangelischen Theologien an staatlichen Universitäten regeln Staatsverträge die teils weitreichenden Mitwirkungsrechte und Pflichten der Kirchen.

Bei der islamischen Theologie sind wir aufgrund der Vielfältigkeit der Institutionen auf eine andere Struktur angewiesen und haben uns für die Einbindung von Islamverbänden entschieden, die möglichst viele Menschen in unserer Stadt erreichen. Wir räumen ihnen im Beirat des Instituts Mitwirkungsrechte ein – ähnlich den Kirchen – und haben zugleich Regeln formuliert, die für die freie Wissenschaft unabdingbar sind. Für Ditib und den Verband der Islamischen Kulturzentren waren die von uns gezogenen Grenzen am Ende nicht annehmbar, sie werden dem Institutsbeirat damit nicht angehören.

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland, die Islamische Föderation in Berlin sowie die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands haben hingegen die Konditionen angenommen und ihre Mitwirkung bestätigt. Die Institutsgründung ist und bleibt eine komplexe Angelegenheit und für alle Seiten ein Kompromiss – wie eigentlich immer im Gefüge zwischen Staat, Religion und Wissenschaft. Sie ist aber längst überfällig in einer Stadt, in der Menschen unterschiedlicher Glaubensbekenntnisse zu Hause sind und in der wir entschieden für das Miteinander der Religionen einstehen.

Der Autor ist Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung in der Berliner Senatskanzlei und keiner Religionsgemeinschaft zugehörig.

Steffen Krach

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