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Iran: Straßenschlachten in Teheran

Am 30. Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft haben sich Polizei und Demonstranten in Teheran schwere Straßenschlachten geliefert. Die Sicherheitskräfte setzten am Mittwoch Schlagstöcke und Tränengas ein.

Am 30. Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft haben sich Polizei und Demonstranten in Teheran schwere Straßenschlachten geliefert. Die Sicherheitskräfte setzten am Mittwoch Schlagstöcke und Tränengas ein. Auf Motorrädern machten sie Jagd auf Regierungsgegner. Auf dem Haft-e-Tir-Platz im Zentrum der iranischen Hauptstadt seien auch Schüsse gefallen, berichtete die oppositionsnahe Internetseite Mowjcamp. Schon bei Tagesanbruch hielten zahllose Einheiten Revolutionärer Garden und Basij-Milizen Straßen und Plätze besetzt. US-Präsident Barack Obama rief den Iran erneut auf, in seinen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten einen Neubeginn „in gegenseitigem Respekt“ zu machen und sich in dem Atomkonflikt kompromissbereit zu zeigen.

Da unabhängige Journalisten aus dem Iran nicht mehr berichten dürfen, stützten sich fast alle Informationen auf Augenzeugen, den Internetdienst Twitter und auf Amateurvideos. Die Bilder zeigen Demonstranten mit grünen Armbändern, Plakaten oder Schals, die „Tod dem Diktator“ und „Chamenei ist ein Mörder“ rufen. Andere trampelten auf einem Wandposter mit dem Porträt des Obersten Religionsführers herum. Offenbar kam es auch in den Städten Shiraz und Tabriz zu Protesten. „Hunderte sind auf der Straße und rufen Allah ist groß. Aber die Zahl der Polizisten und Basij-Milizionäre ist noch größer“, berichtete ein Augenzeuge aus Teheran. Auf dem Gelände der Universität kam es zu einer Konfrontation zwischen rund 2000 Studenten und den Sicherheitskräften.

Im Vorfeld hatten hohe Kommandeure von Polizei, Revolutionsgarden und Basij-Milizen das Reformlager davor gewarnt, die an diesem Tag üblichen Amerika-feindlichen Kundgebungen für neue Proteste gegen die iranische Führung zu nutzen. Dennoch riefen die Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi ihre Anhänger zur Teilnahme auf. Ein Amateurvideo zeigt Karroubi inmitten von Demonstranten. Nach Angaben der Internetseite Mowzcamp musste der Reformgeistliche jedoch unter dem Schutz seiner Leibwächter fliehen.

Die offizielle Veranstaltung des Regimes fand derweil vor dem Gelände der früheren US-Botschaft statt, das heute als Trainingszentrum für Revolutionäre Garden dient. Als Hauptredner bezeichnete der Abgeordnete Gholam Ali Haddad-Adel die USA als den größten Feind des Irans, während die Menge „Tod für Amerika“ skandierte und antiamerikanische Plakate schwenkte.

Der prominente Regimekritiker und Großayatollah Hossein Ali Montazeri nannte auf seiner Internetseite den Sturm auf die Botschaft vor 30 Jahren „einen Fehler“. Damals habe er die Aktion unterstützt, schrieb er. Doch angesichts der „negativen Folgen“ für die Beziehungen zu den USA sei dies falsch gewesen. Denn die Besetzung einer Botschaft komme einer „Kriegserklärung“ gleich. US-Präsident Barack Obama sagte in Washington, die Ereignisse vor 30 Jahren hätten die USA und den Iran auf einen „Pfad von Verdächtigungen, Misstrauen und Konfrontation“ geführt. Heute gelte es, diesen Weg zu verlassen. Seine Regierung wolle Beziehungen mit dem Iran aufbauen auf der Basis von gegenseitigem Interesse und wechselseitigem Respekt. „Es ist nun an der iranischen Regierung zu entscheiden, ob sie sich weiter auf die Vergangenheit konzentrieren will oder ob sie das Tor zu mehr Chancen, Wohlstand und Gerechtigkeit für ihr Volk öffnet“, sagte Obama.

Am 4. November 1979 hatten iranische Studenten die US-Botschaft in Teheran gestürmt. 444 Tage lange wurden 52 Diplomaten als Geiseln festgehalten. Der damalige US-Präsident Jimmy Carter reagierte mit Sanktionen und dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Erst im Januar 1981 kamen die Geiseln frei.

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