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Zuflucht in Teheran? Terrorismus-Experten beobachten seit Jahren eine taktische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Al Qaida. 

© imago images/VWPics

Iran soll Terroristen Unterschlupf gewährt haben: Al-Qaida-Vize Masri offenbar in Teheran erschossen

Israels Geheimdienst soll den Terroristen ausgeschaltet haben. Eigentlich sind der Iran und Al Qaida Gegner. Doch seit seit Jahren besteht eine Zusammenarbeit.

In Pasdaran, einem wohlhabenden Stadtteil von Teheran, tauchten an einem Sommerabend dieses Jahres zwei Männer auf einem Motorrad neben einem weißen Personenwagen auf. Einer schoss mit einer schallgedämpften Pistole in den Wagen hinein – der 57-jährige Fahrer und die Frau neben ihm starben, die Täter gaben Gas und entkamen.

Ein libanesischer Professor und seine Tochter seien getötet worden, berichtete die iranische Presse. Jetzt melden mehrere amerikanische Medien unter Berufung auf Geheimdienste, in Wahrheit sei der Vizechef des Terrornetzwerkes Al Qaida, Abu Mohhamed al-Masri, von israelischen Agenten im Auftrag der USA erschossen worden. Der Anschlag wirft ein Schlaglicht auf die Zusammenarbeit des Iran mit Al Qaida.

Die iranischen Behörden weisen die Berichte über den Tod von Masri als amerikanische Propaganda zurück. Auf den ersten Blick erscheint es unwahrscheinlich, dass der Iran einen hohen Qaida-Vertreter im Land geduldet haben soll: Schließlich sind der schiitische Gottesstaat und die sunnitische Extremistenorganisation erbitterte Gegner, die sich zum Beispiel im Irak gegenseitig bekämpften.

Dennoch gibt es mehrere Hinweise darauf, dass in Pasdaran tatsächlich der Al-Qaida-Mitgründer Masri starb, der mit bürgerlichem Namen Abdullah Ahmed Abdullah hieß. Der Anschlag ereignete sich am 7. August, dem Jahrestag der Al-Qaida-Anschläge auf zwei amerikanische Botschaften in Afrika im Jahr 1998, bei denen mehr als 200 Menschen starben.

Der Vizechef des Terrornetzwerkes Al Qaida, Abu Mohhamed al-Masri auf einem Fahndungsfoto des FBI.
Der Vizechef des Terrornetzwerkes Al Qaida, Abu Mohhamed al-Masri auf einem Fahndungsfoto des FBI.

© FBI/AFP

Hauptorganisator der Anschläge von 1998

Der Ägypter Masri war von westlichen Geheimdiensten als Hauptorganisator der Anschläge identifiziert worden und galt als Kandidat für den Führungsposten bei Al Qaida nach der Ära des derzeitigen Anführers Ayman al-Zawahiri, der fast 70 Jahre alt ist. Masri war vor drei Jahren zur Nummer Zwei des Terrornetzwerkes geworden, nachdem die USA den damaligen Vizechef, Abdullah Muhammad Rajab Abd al-Rahman, in Syrien getötet hatten.

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Mehrere Geheimdienstvertreter berichteten der „New York Times“ von der Ermordung Masris. Laut der Nachrichtenagentur Reuters hatten afghanische Sicherheitskreise bereits im Oktober vom Tod Masris in Pasdaran gesprochen; damals habe es aber noch keine Bestätigung dafür gegeben. Die Nachrichtenagentur AP berichtete, Mitglieder einer Spezialeinheit des israelischen Geheimdienstes Mossad hätten Masri erschossen. Die USA hätten Informationen über den Aufenthaltsort von Masri geliefert. Zusammen mit Masri starb demnach seine Tochter Miriam, die Witwe von Hamza bin Laden, einem Sohn von Qaida-Chef Osama bin Laden.

Enger Vertrauter bin Ladens

Masri war einer der engsten Vertrauten von Osama bin Laden und einer der wenigen Gründer von Al Qaida, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 der Rache der USA entgingen. Bin Laden selbst wurde im Jahr 2011 von US-Soldaten in Pakistan erschossen. Masri soll bereits 2003 nach Iran geflohen sein. Auch der später im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet getötete Hamza bin Laden und andere Qaida-Vertreter fanden im Iran vorübergehend Unterschlupf. Vor fünf Jahren entließ der Iran im Tausch für die Freilassung eines iranischen Diplomaten im Jemen mehrere Qaida-Funktionäre aus dem Hausarrest.

Terrorismus-Experten beobachten seit Jahren eine taktische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und Al Qaida. Das Regime in Teheran toleriert die Anwesenheit von Qaida-Vertretern im Land, weil die Terrororganisation im Gegenzug auf Anschläge im Iran verzichtet. Beide Seiten verbindet zudem eine tiefe Feindschaft mit den USA. Schon unmittelbar nach der iranischen Revolution von 1979 hatte es enge Kontakte zwischen sunnitischen Extremisten und der Regierung in Teheran gegeben.

Auch heute hindern religiöse Differenzen den schiitischen Iran nicht an der Unterstützung sunnitischer Gruppen, wenn es um die eigenen Interessen geht. So hilft Teheran der Hamas im Gaza-Streifen mit 30 Millionen Dollar im Monat.

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