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Politik: Irak-Krieg nicht mehr zu verhindern?

Bush: Entscheidende Tage für die freie Welt / Schröder, Straw und Solana zweifeln an friedlicher Lösung

Berlin. Führende europäische Politiker gehen offenbar davon aus, dass sich ein Krieg gegen den Irak nicht mehr verhindern lässt. Bundeskanzler Schröder sagte: „Ich habe meine Zweifel, ob das noch gelingen kann.“ Der britische Außenminister Jack Straw machte am Samstag klar, ein Angriff auf den Irak sei wahrscheinlicher als je zuvor. US-Präsident Bush sprach von entscheidenden Tagen. Deutschland, Frankreich und Russland unternehmen trotzdem einen erneuten diplomatischen Versuch, einen Krieg in letzter Minute zu verhindern. Sie forderten gemeinsam eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates am Montag auf Ministerebene.

Von Markus Feldenkirchen

und Sven Lemkemeyer

Einen Tag vor dem Krisengipfel der USA, Großbritanniens und Spaniens auf den Azoren sagte auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana, er sei „wirklich nicht sehr optimistisch“, dass ein Krieg im Irak noch verhindert werden könne. Ähnlich äußerte sich der der griechische Verteidigungsminister Giannos Papantonioue. US-Präsident Bush schwor seine Landsleute erneut auf einen Krieg ein und sagte, vor den freien Nationen der Welt lägen entscheidende Tage. Irak lud die UN-Chefinspekteure nach Bagdad ein und bat sie, „so schnell wie möglich“ in den Irak zu kommen.

Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, er gehe davon aus, „dass wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einen Krieg bekommen, und zwar mit unabsehbaren Folgen“. Als weiteres Indiz für einen nicht mehr abzuwendenden Schlag gegen Bagdad wird gewertet, dass dem deutschen Verteidigungsministerium offenbar signalisiert wurde, dass die Luna-Aufklärungsdrohnen der Bundeswehr doch nicht mehr im Irak eingesetzt würden. Dies verlautete aus UN-Kreisen in New York. Schröder sagte in der ARD mit Blick auf eine mögliche Wiederaufbauhilfe für den Irak: „Die Vereinten Nationen werden auf Deutschland immer zählen können. Das war so, und das bleibt so.“ SPD-Generalsekretär Scholz sagte zu einem deutschen Engagement nach einem Krieg: „Was da an Anforderungen auf einen zukommen kann, weiß zurzeit niemand.“ Sollte es Krieg geben, würden die UN sicher um Unterstützung beim Wiederaufbau bitten, so Verteidigungsminister Struck (SPD). Die Entscheidung müsse entsprechend der Lage getroffen werden. Für einen Einsatz deutscher Soldaten im Irak nach einem Krieg gebe es im „Verteidigungsetat keinen Spielraum“. Struck bot an, im Kriegsfall verwundete US-Soldaten oder verletzte geflohene Iraker aus Kuwait auszufliegen.

Der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, räumte ein, dass damit bei der Regierung eine „Akzentverschiebung“ festzustellen sei. Er könne sich aber nicht vorstellen, dass es nach einem Krieg ohne UN-Mandat eine UN-Friedenstruppe für Irak geben werde, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Der verteidigungspolitische Experte der Union, Christian Schmidt (CSU), kritisierte, „der Paradigmen-Wechsel der Regierung kommt einige Tage zu früh“. Schröder hätte besser den Azoren-Gipfel abgewartet. Zudem könne man nicht die Bundeswehr reduzieren und zugleich neue Aufgaben übernehmen. „Strucks Bundeswehrreform muss deshalb sofort gestoppt werden“.

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