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Vierter Lockdown in Österreich: Wiens Straßen sind nicht so leer wie während der ersten drei Lockdowns. (Archivbild, 22.11.2021)

© Leonhard FoegerREUTERS

Inzidenz sinkt nur langsam: Lockdown in Österreich bisher nur mit geringem Effekt

Der Lockdown in Österreich wirkt nicht so wie erhofft, die Menschen schränken sich weniger ein als 2020. Dennoch könnte er ein Vorbild für Deutschland sein.

Seit Mitte November ist Österreich im Lockdown - bis mindestens noch zum 11. Dezember. Die Corona-Lage war zum Beschlusspunkt so dramatisch, dass der Lockdown für alle gilt - ob mit oder ohne Impfschutz. Für die Österreicher:innen ist es das dritte Mal, dass ihr Alltag so massiv eingeschränkt wird.

Die Maßnahmen werden wohl erst aufgehoben, wenn die Lage sich deutlich entspannt. Aktuell ist die Lage noch immer dramatisch: Laut des österreichischen Gesundheitsministers Wolfgang Mückstein (Grüne) gebe es derzeit in den Krankenhäusern des Landes Triage auf den Intensivstationen. Es komme vor, dass entschieden werden müsse, welche Patientin oder welcher Patient die besseren Überlebenschancen habe.

Mückstein prognostiziert, dass die Krankenhäuser und Kliniken noch nicht den Höhepunkt der Belegung erreicht haben. Er geht davon aus, dass sich die Situation in den nächsten Wochen im Hinblick auf das Gesundheitspersonal noch verschärft.

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In den ersten Lockdowns reduzierte die Bevölkerung ihre Kontakte, folglich sanken die Inzidenzen. Datenauswertungen von österreichischen Mobilfunkanbietern zeigen aber, dass dieser Lockdown nicht so ernst genommen wird wie die bisherigen.

Wie "Der Standard" berichtet, scheint eine Lockdown-"Müdigkeit" eingetreten zu sein. Die Firma Invenium berichte, dass die Menschen ihre Mobilität nur um 18 Prozent eingeschränkt hätten. Im ersten Lockdown im März 2020 lag der Wert bei 40 Prozent.

"Der Standard" vermutet, ein Grund könnte das gesunkene Vertrauen in die Regierung und unsolidarisches Verhalten der ungeimpften Mitbürger:innen sein. Auch die Impfung spiele wohl eine Rolle: Das Gefahrenbewusstsein bei Geimpften sei viel geringer als im vergangenen Jahr. Da lag schließlich noch kein Impfstoff vor.

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Auch der Mobilfunkanbieter "3" stellte fest, dass der Lockdown zu weniger Mobilitätsreduzierung im Vergleich zu den drei vorherigen Lockdowns geführt habe. Das Unternehmen meldet aber auch Unterschiede zwischen den Bundesländern: In Wien habe sich die Frequenz in der Wiener City um 54 Prozent verringert, laut Ivenium waren es im März 2020 noch 89 Prozent, in anderen Orten gerade mal 18 Prozent.

Immerhin: Die Sieben-Tage-Inzidenz ist zuletzt von zeitweise über 1.000 auf 905 gesunken, was aber auch die Folge des vorherigen Lockdowns für Ungeimpfte sein kann. In Wien liegt sie bei 451,9, was der niedrigste Wert ist. Am stärksten ist derzeit das Bundesland Kärnten mit einer Inzidenz von über 1.450 betroffen.

Die Reaktion der Politik sind jetzt noch mehr Einschränkungen: Geschäfte dürfen ab Donnerstag nur noch bis 19 Uhr offenhalten und die die Impfzertifikate sind nur noch 270 Tage gültig – es sei denn, man ist zweimal geimpft.

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Kommt Österreich bald raus aus dem Lockdown? So einfach lässt sich das nicht beantworten. Da der Höhepunkt auf den Intensivstationen noch erwartet wird und die Kontaktreduzierungen nicht so umgesetzt wurden wie gewünscht, erscheint es unrealistisch, dass ab dem 12. Dezember das Leben im Österreich normal weitergeht. Die Kliniklage deutet auf einen verlängerten Lockdown hin.

Der Landeshauptmann Herrmann Schützenhöfer (ÖVP) sagt weiter: Wenn Lockdown, dann für alle. Doch Wien widerspricht. In der Statistik zeigt sich, dass im Osten des Landes die Situation weniger dramatisch ist als im Westen. Dann bleibt aber die Frage, wie man der Bevölkerung im Westen erklären kann, dass der Ostteil des Landes die Maßnahmen lockert.

In Niederösterreichs ist die Lage sogar innerhalb des Bundeslandes unterschiedlich. Es wäre rein organisatorisch schwierig, nur in einem Teil des Bundeslandes sanft zu öffnen.

Dem "ZDF" sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek, dass Deutschland aus Österreichs Lage lernen sollte, früher zu Maßnahmen zu greifen, um die vierte Welle abzuflachen. Man habe in Wien gesehen, dass dies wirke. Der Virologin Dorothee von Laer zufolge ist der Lockdown in Österreich für ein leichten Rückgang der Infektionen verantwortlich. Sie empfiehlt auch Deutschland in einen zwei- oder dreiwöchigen Lockdown zu gehen, um die Corona-Situation wieder kontrollieren zu können.

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