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Signalfarbe. Der Funkturm wird zum Weltmädchentag pink angestrahlt.

© Stefan Wieland/Messe Berlin/dpa

Internationaler Weltmädchentag: Weg mit Pink!

Dass Frauen mit rosa und pinken Produkten bombardiert werden, trägt eher nicht zur Ermächtigung bei. Und doch ist pink ausgerechnet die Farbe des heutigen Weltmädchentags. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Susanna Nieder

„Ich hab die Schnauze voll von Rosa, von lieb und brav und still, ich hab die Schnauze voll von Rosa – ich mach jetzt, was ich will!“ Wenn die Kinderliedermacherin Suli Puschban das singt, brüllen nicht nur die Mädchen im Publikum mit. Viele rosa Kleidungsstücke sieht man ohnehin nicht an den Berliner Grundschulkindern, ob aus Kreuzberg, Pankow oder Zehlendorf.

Mädchen sind ja nicht dumm. Als unsere heute neunjährige Tochter vier war, konnte es für sie und ihre Freundinnen gar nicht genug Rosa, Pink und Glitzer geben, doch schon als Vorschulkinder hatten sie es satt. Sie muss kurz überlegen, warum das so ist. Dann sagt sie: „Ich hab überhaupt nichts gegen die Farbe. Ich finde nur blöd, dass Mädchen immer pinke Sachen mögen sollen. Jungs müssen das nicht.“

Mädchen kriegen schnell mit, dass sie im rosa Ghetto weniger frei sind als Jungs. Die haben schnelle Fahrzeuge, Sportler, Star Wars auf ihren Klamotten, Mädchen Lillifee und Hello Kitty. Wem wird da wohl eher suggeriert, dass er später mal den Laden schmeißt?

Macht! Verantwortung! Abenteuer!

Kleinmädchenträume wären von vornherein nicht halb so pink, wenn mehr Kleidung und Spielzeug in anderen Farben angeboten würden; dass Frauen bis ins Erwachsenenalter mit dieser süßlichen Farbe assoziiert werden, trägt sicher nicht zur Ermächtigung bei. Die Stereotypen ziehen sich durch den ganzen Alltag, in jedem Drogeriemarkt  kann man die Produkte für Männer in blauen und schwarzen Verpackungen (Macht! Verantwortung! Abenteuer!) von der für Frauen in Weiß bis Pink (Mach dich schön für ihn!) unterscheiden.

Es ist Zeit, den Frauen von morgen zu zeigen, dass sie frei sind zu gehen, wohin sie wollen. Heute ist Internationaler Mädchentag, an dem weltweit für Chancengleichheit geworben wird. Aber man fasst es nicht: Darauf machen die Vereinten Nationen (UN) aufmerksam, indem sie öffentliche Orte von den Niagarafällen bis zu den Pyramiden von Gizeh anstrahlen lassen – in Knallrosa!

Der Berliner Funkturm ist auch dabei, ein Phallussymbol in Pink. Würde doch auch prima zur alljährlichen Erotikmesse in den Messehallen passen, wo Frauen mit starr operierten Brüsten Männern die Sextrends der Saison vorführen. Vermutlich ist die „Pinkifizierung“, wie die UN es nennen, der Versuch, Rosa umzudeuten – doch dazu ist die Farbe zu sehr mit mangelnder Wertschätzung für Frauen assoziiert.

Kampagne „Because I´m a Girl“

Initiiert wurde der Weltmädchentag vom Kinderhilfswerk Plan International Deutschland, das seit 2003 mit seiner Kampagne „Because I´m a Girl“ unermüdlich auf die katastrophalen Verhältnisse aufmerksam macht, in denen Mädchen leben. Weltweit gehen 62 Millionen von ihnen nicht in die Schule - die Gründe sind Armut, Diskriminierung, Gewalt. In Entwicklungsländern wird jedes dritte Mädchen vor seinem 18. Lebensjahr verheiratet, Teenagerschwangerschaften gehören zu den häufigsten Todesursachen bei Mädchen zwischen 14 und 19 Jahren.

Plan International überzeugte die Vereinten Nationen 2011, den 11. Oktober als Internationalen Weltmädchentag einzuführen, seither  gibt es die Beleuchtungsaktion. Das Hilfswerk leistet wichtige Arbeit für Mädchenrechte, das ist aller Ehren und Unterstützung wert. Aber die Symbolfarbe für die Verniedlichung und Beschränkung  von Frauen und Mädchen ist das falsche Zeichen.
Das Video "Ich hab die Schnauze voll von Rosa" sehen Sie hier.

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