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CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer: Ihre Rückzugsankündigung und die Folgen werden international mit Besorgnis wahrgenommen.

© imago images/Emmanuele Contini

Internationale Pressestimmen zum AKK-Rückzug: Wenn sich das Ausland plötzlich Sorgen um Deutschland macht

Der Rückzug Kramp-Karrenbauers alarmiert das Ausland – das nahende Ende der Ära Merkel und die Union in der Krise sorgen für Unruhe.

Volksparteien in der Krise, stärker werden Populisten nicht nur in Deutschland, Merkels absehbares Amtsende als Stabilitätsrisiko in Europa: Annegret Kramp-Karrenbauers Rückzug und seine Folgen werden international mit großer Aufmerksamkeit und großer Sorge verfolgt.

Eine Auswahl an Pressestimmen.

Die spanische Zeitung „El Periódico“ sieht die Krise der CDU als eine Krise der traditionellen Parteien überhaupt:
„Der Rückzug von AKK, die von der Kanzlerin (Angela Merkel) selbst  als Nachfolgerin ausgewählt wurde, wird einen Machtkampf innerhalb der Christdemokratie auslösen. Aus diesem wird ein Mann als Sieger hervorgehen, der sehr wahrscheinlich der meistgewählten Partei Deutschlands einen konservativen Anstrich verleihen wird. (...) Dieses neue Erdbeben innerhalb der CDU, das sich zu anderen wie dem von Thüringen oder dem wachsenden Einfluss der extremen Rechten auf die politische Agenda des Landes gesellt, zeigt ein Phänomen auf, das über die Christdemokratie hinausgeht: Eine Krise der traditionellen Parteien hat sich in Deutschland eingenistet. Die CDU hat sich lange davon verabschiedet, fast 40 Prozent der Wählerstimmen zu bekommen. Das haben die letzten Wahlen gezeigt. Der baldige Abschied von Merkel, die ein Stabilitätsanker für die CDU und für Deutschland war, wird diese Krise noch verschärfen.

Die konservative Pariser Zeitung „Le Figaro“ sieht für die CDU zwei Optionen:
"Entweder wählen die Christdemokraten einen Vertreter der Mitte nach dem Vorbild von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Er könnte ein Bündnis mit den Grünen schließen und die Kanzlerschaft eventuell ihrem beliebten Parteichef Robert Habeck überlassen. Oder aber die CDU beruft Merkels Intimfeind Friedrich Merz, um die Ultrarechten zu jagen und die Wähler zurückzuholen, die aus Enttäuschung über die Flüchtlingspolitik in Scharen zur AfD abgewandert sind. (...) Frankreichs Präsident Emmanuel Macron setzt jenseits des Rheins inzwischen auf die Grünen, um seine europäischen Ambitionen umzusetzen."

Die italienische Zeitung „Corriere della Sera“ findet, Merkel habe große Fehler gemacht:
„Das alles heißt: Angela Merkel kann ihre Partei nicht mehr hinter sich sammeln. Mehr noch, vielleicht scheint sie zum ersten Mal ihr Gespür für die Macht verloren zu haben. Entschlossen, Kanzlerin zu bleiben, hat sie ihre Position aufgegeben, dass beide Posten zusammen gehören, und hat die CDU-Führung abgegeben. Zudem war es eine große persönliche und politische Fehleinschätzung, ihr ganzes Gewicht für AKK in die Waagschale zu werfen, nur um dann zu sehen, wie diese Missgriffe, Fehler und Wahlniederlagen sammelte. Und jetzt, wo sie das korrigiert hat, muss sie erkennen, dass ihr Schritt womöglich zu schwach und zu spät kam. Und obwohl er wahrscheinlich ausreicht, um das momentane Überleben der großen Koalition zu garantieren, ist es nicht mehr Merkel, die über ihre eigene Zeit an der Macht entscheidet. Alles wird davon abhängen, wer im Herbst an die Spitze der CDU gewählt wird.“

Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel: Beide gehen in absehbarer Zeit. Deutschland stehen turbulente Wochen bevor, da ist man sich international einig.
Annegret Kramp-Karrenbauer und Kanzlerin Angela Merkel: Beide gehen in absehbarer Zeit. Deutschland stehen turbulente Wochen bevor, da ist man sich international einig.

© AFP

Die liberal-konservative dänische Tageszeitung „Berlingske“ sieht Versäumnisse im Umgang mit der AfD:„Der Sturz von AKK ist der Höhepunkt einer wachsenden internen Kluft bei den Christdemokraten, die sich fast fünf Jahre nach der Flüchtlingskrise schwertun, Antworten auf die Herausforderung der Alternative für Deutschland zu finden. (.) Das Versagen ist aber Angela Merkel selbst zuzuschreiben, die die lokalen CDU-Kräfte vor allem in den östlichen Ländern alleingelassen hat. (.) Solange Angela Merkels CDU so tut, als wenn die AfD mit Nazi-Prädikaten und moralischen Verurteilungen und nicht mit Ursachenbekämpfung und konkreter Politik eliminiert werden könne, wird Annegret Kramp-Karrenbauer kaum das letzte bürgerliche Skalp der AfD sein.“

Die konservative polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ sieht große Risiken auf Polen zukommen:
"Polen ist (...) nicht nur wirtschaftlich stark mit Deutschland verbunden. Es teilt auch im Großen und Ganzen die Vision der Welt, mit der Deutschland in den Jahren der CDU-Regierung identifiziert wurde: das für die Sicherheit unerlässliche Bündnis mit Amerika und die Abneigung gegen ein Wunschkonzert der Supermächte, also neue Ideen zur Weltordnung, bei denen die Großen über die Köpfe der Kleinen hinwegreden. Die neue CDU wird entweder näher an der Linken sein, die eine andere Vision der Welt hat, oder an der extremen Rechten. Oder sie wird zerfallen. Alle Versionen sind für Polen riskant. “

Die Londoner „Times“ hinterfragt  den Umgang etablierter Parteien mit Populisten vom linken und rechten Rand:  „Je mehr die etablierten Parteien Zuflucht in instabilen großen Koalitionen suchen, um Populisten auszuschließen, desto mächtiger werden diese. Sind die Populisten jedoch Teilder Regierung wie beispielsweise in Österreich, Finnland oder Italien, fallen sie rapide in sich zusammen. Weil dann ihre allzu simplen Versprechungen auf die harten Entscheidungen des Regierens treffen. In Irland müssen Fine Gael und Fianna Fail in Betracht ziehen, ob eine Koalition mit Sinn Fein - so schwer verdaulich es auch sein mag - nicht weniger riskant ist als eine Wiederholung der Wahl, bei der Sinn Fein dann sogar noch besser abschneiden könnte. Maßstab für etablierte Politiker muss letztendlich das sein, was eine effektive Regierung ermöglicht. Die wirkliche Gefahr besteht darin, dass eine anhaltende politische Lähmung den Glauben an die Demokratie untergräbt. Zersplitterung derpolitischen Landschaft erschwert die Koalitionsbildung, macht sie aber nicht unmöglich.“  (dpa, AFP)

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