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Auf der Covid-19-Station im Uni-Klinikum Leipzig wird ein Patient behandelt.

© Waltraud Grubitzsch/dpa

Intensivmediziner und Drosten schlagen Alarm: „Wir verpassen jede Ausfahrt zur Senkung der Zahlen“

Seit Mitte März steigt die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten wieder deutlich an. Ärzte fordern die Politik nochmals eindringlich auf, sofort zu handeln.

Die Zahl der Covid-19-Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, steigt auch in Deutschland wieder stark. Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis richtete daher am Donnertag einen eindringlichen Appell an die Politik.

„Liebe Entscheidungsträger, wie hoch sollen die Zahlen denn noch steigen bevor Ihr reagieren wollt???“, schrieb Christian Karagiannidis, auf Twitter. „Wir verpassen jede Ausfahrt zur Senkung der Zahlen.“ Städte wie Bonn, Bremen und Köln hätten kaum noch freie Betten für den nächsten Herzinfarkt, Verkehrsunfall oder Covid-19-Patienten.

Karagiannidis ist wissenschaftlicher Leiter des Intensivregisters der Deutsche Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Sie gibt täglich die aktuellen Belegungszahlen heraus.

Der Charité-Virologe Christian Drosten leitete den Text des Intensivmediziners bei Twitter mit dem Kommentar „Dies ist ein Notruf“ an seine mehr als 700.000 Follower weiter.

Mediziner und Wissenschaftler fordern seit geraumer Zeit immer wieder einen harten Lockdown, um die Infektionszahlen zu drücken und dadurch auch den Druck von den Kliniken zu nehmen. Wenn sich der derzeitige Trend fortsetze, „sind wir in weniger als vier Wochen an der regulären Kapazitätsgrenze angelangt“, warnte Karagiannidis kürzlich.

Das Vorhaben der Bundeskanzlerin, die Länder in der Pandemie per Infektionsschutzgesetz zu entmachten, unterstütze er absolut, sagte er am Donnerstag dem „Spiegel“. „Wenn die Situation kritisch ist, brauchen wir eine zentrale Regulation.“ Nur ein harter und konsequenter Lockdown wie im Frühjahr 2020 könne die Patientenzahlen nach unten bringen, so der Intensivmediziner.

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Danach könne man die Pandemie mit einer guten Test- und Impfstrategie unter Kontrolle halten und schneller wieder zur Normalität zurückkehren. „Je früher wir die Zahlen runterbringen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir im Sommer wieder im Biergarten sitzen können.“

Karagiannidis sagte weiter: „Je länger die Situation andauert, desto mehr Mitarbeiter werden gehen.“ Das könne bereits in naher Zukunft dazu führen, dass Kliniken aufgrund des Personalmangels um ihre Existenzen kämpfen müssten.

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Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 20.407 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden gemeldet. Das sind knapp 4000 weniger als vor einer Woche, auch die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter auf 105,7 von 110,1 am Vortag. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Impfungen in Deutschland die dritte Welle in der Coronavirus-Pandemie nicht rechtzeitig eindämmen können, auch wenn die Kampagne inzwischen mehr Fahrt aufnimmt.

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Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer hatte am Mittwoch gesagt, es gebe im Moment bei den Neuinfektionen wegen der Osterfeiertage keine gute Datenbasis. Die Zahl der belegten Intensivbetten spreche aber eine sehr deutliche Sprache. Diese stiege „deutlich und viel zu schnell“. Auch das RKI warnt, nach einer „Plateauphase“ steige in einigen Bundesländern die Zahl der Covid-19-Patienten wieder.

Da der Ausbruch einer Corona-Erkrankung und die spätere Einlieferung in Intensivstationen zeitverzögert ist, spiegelt die Zahl den Anstieg der Neuinfektionen vor rund zwei Wochen wieder. Intensivmediziner weisen zudem immer wieder darauf hin, dass die behandelten Covid-19-Patienten jünger würden und länger auf den Intensivstationen blieben.

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Bereits seit Mitte März steigt bundesweit die Zahl der Intensivpatienten mit Covid-19 wieder deutlich an. Am Donnerstag waren es dem Divi-Register zufolge 4474, 35 mehr als am Vortag. Zu Jahresbeginn waren es knapp 5800 gewesen. 57 Prozent der Covid-19-Patienten müssen derzeit invasiv beatmet werden.

Von den insgesamt rund 24.000 Intensivbetten, die als belegbar gemeldet sind, waren noch 2988 frei. Zudem gibt es eine sogenannte Notfallreserve, die aktuell mit 10.392 angegeben wird. Als Nadelöhr bei der Versorgung gilt vor allem die Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Pflegepersonal.

„Wenn das so weiter geht, werden wir in Kürze auch leider Gottes über 5000 Covid-19 Patienten haben“, sagt der ehemalige Divi-Präsident Uwe Janssens am Mittwoch den Sendern RTL/ntv. Ab einer Zahl von 5000 bis 6000 Intensivpatienten könne es sein, dass einige Krankenhäuser wieder auf den Notbetrieb umstellen müssten. Berlins Universitätsklinikum Charité kündigte am Donnerstag bereits an, ab kommender Woche wieder die Zahl planbarer Eingriffe zurückzufahren.

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