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Ein Flüchtling aus Somalia hält eine Ausgabe "Schönfelder Deutsche Gesetze" in Händen.

© Arne Dedert/dpa

Integration und Werte: Für Flüchtlinge darf es keinen kulturellen Rabatt geben

Willkommenskultur heißt, dass wir uns auf die Menschen einstellen, die zu uns kommen. Aber wer hier dauerhaft leben will, muss sich an unsere Werte halten. Ein Aufruf.

Als wir die Flüchtlinge aus Syrien in Deutschland und Europa willkommen geheißen haben, ging es nicht um uns. Es ging also nicht um die Verbesserung unserer demografischen Situation. Es ging auch nicht um eine Romanze, nachdem wir Griechenland gegenüber in aller Klarheit und Entschiedenheit gesagt hatten: Wir wollen euch helfen, wenn ihr bereit seid zu den notwendigen Reformen.

Nein, es ging um dieselbe Frage wie zuvor in Bezug auf Griechenland! Es ging um europäische Werte! Es ging um unsere Werte! Wir hätten diese Werte mit Füßen getreten, wenn wir den Syrern die kalte Schulter gezeigt hätten. Aber zur Ver(Be)wunderung der Welt hat das weder die deutsche Bevölkerung noch die deutsche Politik getan.

Zu Gast bei Freunden sind nun Menschen in existentieller Not, auf der Flucht vor dem Diktator Baschar al Assad und dem „Islamischen Staat“. Die reichen europäischen und arabischen Nachbarn haben über Jahre zugesehen, wie die armen islamischen Länder den Flüchtlingen geholfen haben. Aber sie haben das UNHCR nicht mit genügend Mitteln ausgestattet, damit es vor Ort helfen konnte. Also haben sich die Menschen auf den Weg gemacht. Sie sind auch auf der Flucht vor dem Kriegstreiber Putin (nur eine Handvoll Beispiele als Beleg für diese Charakterisierung: Tschetschenien, Georgien, Krim, Ukraine, Syrien).

Nun sind sie hier und müssen sich den europäischen Werten entsprechend verhalten. Wenn wir in ihren Heimatländern zu Gast sind, wird dort auch von uns erwartet, dass wir die Landessitten achten.

Wir sind bereit, uns auf die Menschen einzustellen. Aber wir sind nicht bereit, unsere Werte zu ändern oder kulturelle Rabatte zu geben bei der Beachtung dieser Werte. Es gibt keine kulturellen Rabatte für Rechtsextreme, die verantwortlich sind für Übergriffe auf die Heime für Asylbewerber. Es gibt aber auch keine Rabatte für die Menschen, die wir vor den Rechtsextremen schützen.

Auch wir achten die Landessitten, wenn wir woanders zu Gast sind

Wir haben ein Vollzugsdefizit, kein Gesetzesdefizit. Im Rahmen unserer gültigen Rechtsordnung muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen, die unseren Schutz suchen, auch unsere Rechtsordnung achten. Wer die Rechte von Frauen, von Christen oder Homosexuellen missachtet, muss auch die Klarheit und Schärfe unserer Rechtsordnung spüren.

Gastautor Steffen Reiche.
Gastautor Steffen Reiche.

© Rainer Jensen/dpa

Wir achten mit unserer Willkommenskultur die Regeln der Menschen, die unsere Gäste sein wollen und kochen für sie zum Beispiel „halal“, also so, wie es ihren Speisevorschriften entspricht. Sie müssen in gleicher Weise unsere Werte anerkennen und spüren, dass die Diskriminierung von Frauen, Christen oder Homosexuellen in unserem Land Konsequenzen hat.

Die Flüchtlinge haben ihren Wertebereich verlassen. Nun sind sie im Gültigkeitsbereich des Grundgesetzes, das bei den Grundrechten keine Ausnahmen vorsieht. Ich halte es daher für eine desaströse Kapitulation, wenn wir Frauen, Christen oder Homosexuelle in extra Heimen unterbringen, um sie vor Übergriffen durch muslimische Asylbewerber zu schützen. Wenn wir das machen, muss das als Einladung verstanden werden, auch in Zukunft eine Separierung erzwingen zu können.

Wir wollen keine Denkpolizei, aber Respekt

Genauso wenig kann es beim Antisemitismus, den viele Flüchtlinge aus ihrer Heimat mitbringen, einen Rabatt geben. Die Existenz des Staates Israel gegen alle Angriffe zu schützen, gehört für uns zur Staatsräson. Wer das Existenzrecht von Israel leugnet, hat in Deutschland kein Existenzrecht. Wer antisemitisch denkt, denkt nicht mit uns und kann daher nicht auf Dauer mit uns leben. Das muss Rechtsextremen genauso deutlich gesagt werden wie den Flüchtlingen, die unseren Schutz genießen.

Bei der Diskriminierung von Minderheiten kann es kein Pardon geben. Würden wir hier Abstriche machen, wären morgen die Werte in Gefahr, die den Flüchtlingen heute die Türen öffnen. Wir wollen keine Denkpolizei – aber heute Toleranz, morgen Respekt und übermorgen Akzeptanz für die Werte, die unsere Ordnung tragen.

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