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Deutsche Stimmen: Joshua Kwesi Aikins von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, die Bloggerin Kübra Gümüşay, die Journalistin Sheila Myrosekar und die Bundeswehrsoldatin Nari Reinke (von links nach rechts).

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Integration in Deutschland: Die besorgten Bürger mit Migrationshintergrund

"Unsere Ängste sind nicht diffus". Die Neuen Deutschen, mit Migrationshintergrund oder sonst vermeintlich fremd, wollen gehört werden - nicht zuletzt in der Flüchtlingsdebatte.

Die Neuen Deutschen werden immer mehr: Zum zweiten Bundeskongress der „Neuen Deutschen Organisationen“ an diesem Wochenende in Berlin trafen sich 100 Initiativen und Vereine aus der deutschen Einwanderungsgesellschaft, vom „Arbeitskreis muslimischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten“ über „Deutscher Soldat e.V.“ als Vereinigung von Bundeswehrangehörigen mit Migrationshintergrund und die „Schwarze Jugend in Deutschland“ bis zum Zentralverband der Ukrainer. Beim Gründungskongress vor einem Jahr waren es erst etwa 80.

Bundeszentrale selbstkritisch

Thomas Krüger, Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung, die die NDO seit ihrer Entstehung unterstützt, lobte das „neue politische Subjekt“, das hier entstanden sei und das ernst genommen werde. Deutschland sei vielfältig, aber „noch nicht auf allen Ebenen“, sagte Krüger. Auch seine Bundeszentrale schaue sich inzwischen an, wie sie die eigenen Ressourcen verteile, welche Privilegien es gebe und ob die womöglich an das Kriterium Herkunft gekoppelt seien. Noch bis vor etwa fünfzehn Jahren habe sein Haus den Auftrag gehabt, politische Bildung "ins deutsche Volk" zu tragen. Die Bilder einer homogenen deutschen Gesellschaft nannte Krüger "veraltet". "Sie haben noch nie gestimmt, das war eine Fiktion."

Diente der Gründungskongress vor einem Jahr dazu, sich kennenzulernen und gemeinsame Ziele zu formulieren, will man jetzt „vom Reden zum Handeln kommen“, sagt Breschkai Ferhard, die Leiterin der NDO-Koordinierungsstelle in Berlin. Vor einem Jahr wurden 13 Forderungen formuliert – darunter die nach mehr Präsenz des bunten Deutschlands in Parlamenten, Rundfunkräten und Wohlfahrtsverbänden oder einer intensiveren Behandlung der Einwanderungsgeschichte Deutschlands in den Schulen. An diesem Wochenende will man in Werkstattgruppen herausfinden, was dafür praktisch getan werden kann.

Raus aus der Blase

Bei allem Aufbruchsoptimismus war am Freitag auch Frustration zu spüren: Zwischen dem ersten und dem aktuellen Kongress liegt ein Jahr der Debatten über Flüchtlinge, in denen, so die Kölner Journalistin und Vorsitzende der „Neuen Deutschen Medienmacher“ Sheila Mysorekar, „alte rassistische Stereotype wieder hervorgekramt und aufs Neue verhandelt“ wurden. "Und immer noch kommen wir nicht zu Wort." Auch Deutsche anderer Herkunft seien Teil der deutschen Gesellschaft, in die die Flüchtlinge kämen. Und: „Auch wir sind besorgte Bürger, und unsere Ängste sind nicht diffus“, sagte Mysorekar mit Hinweis auf brennende Heime und Protestmärsche gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Joshua Kwesi Aikins berichtete für die „Initiative Schwarze Deutsche“, dass wieder mehr Berichte über Polizeikontrollen bei seiner Organisation einträfen, für die offensichtlich die Hautfarbe der Kontrollierten das Kriterium sei.

Ein nächstes Ziel ist auch das Wachsen der Neuen Deutschen Organisationen in den Regionen: Berlin sei nicht Deutschland, sagt Ferhad. Man müsse raus aus der „Berliner Blase“, deren migrantische Gemeinden auch sehr berlinisch seien – und stärker in Ländern und Kommunen Wurzeln schlagen.

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