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Sawsan Chebli (SPD) soll auch eine Drohmail erhalten haben.

© Christoph Soeder/dpa

Insgesamt mehr als 69 „NSU 2.0“-Drohmails: Morddrohungen auch gegen Chebli, Roth und Kipping

In der Nacht zu Dienstag haben weitere Personen rechtsextremistische Drohmails erhalten. Betroffen sind vorwiegend prominente Politikerinnen.

Mehrere Politiker und andere Persönlichkeiten haben in der Nacht zum Dienstag rechtsextremistische Mails mit Morddrohungen erhalten – teils erstmals, teils zum wiederholten Male.

Betroffen sind unter anderem Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), die Linken-Vorsitzende Katja Kipping, Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die Abgeordneten Martina Renner (Linke) und Karamba Diaby (SPD) sowie die Staatssekretärin in der Berliner Senatskanzlei, Sawsan Chebli (SPD).

Unter den Adressaten einer Sammelmail, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sind auch der „Welt“-Journalist Deniz Yücel, der Publizist und TV-Moderator Michel Friedmann und die frühere Grünen-Politikerin Jutta Ditfurth. Sie werden dort als „Menschendreck“ verunglimpft. „Wir wissen alle genau, wo ihr wohnt“, heißt es weiter. „Wir werden euch alle abschlachten.“ Unterzeichnet ist die Mail wie schon andere zuvor mit „NSU 2.0“ und „Der Führer“.

Wie Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) am Dienstag im Innenausschuss des Landtags erklärte, hätten die Ermittler des hessischen Landeskriminalamts (LKA) Informationen über 69 rechtsextreme Drohschreiben, die mit dem Kürzel „NSU 2.0“ versendet wurden. Diese richteten sich an 27 Personen und Institutionen in insgesamt acht Bundesländern.

Peter Beuth (CDU), Innenminister des Landes Hessen
Peter Beuth (CDU), Innenminister des Landes Hessen

© Arne Dedert/dpa

Verschickt wurden die Schreiben nach Angaben Beuths fast immer von einer gleichlautenden Absenderadresse. Überwiegend sei der Versand per E-Mail, aber auch per Fax, SMS sowie über Internetkontaktformulare erfolgt.

Die Ermittlungsbehörden hätten bei allen Schreiben geprüft, ob die dort zum Teil verwendeten Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen könnten, erklärte der Minister. Das sei bei einem Großteil der verwendeten Empfänger der Fall.

Die Ermittlungen hätten auch ergeben, dass in den Datensystemen der hessischen Polizei von drei unterschiedlichen Rechnern die Daten von drei betroffenen Adressatinnen abgefragt wurden. Daraus nähre sich der Verdacht, dass in diesen drei Fällen Informationen aus hessischen Polizeisystemen in Drohschreiben Verwendung gefunden haben. Deshalb war in der vergangenen Woche schon der hessische Polizeipräsident zurückgetreten.

Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main ermittelt wegen „NSU 2.0“

Bisher habe ein zeitlicher, aber kein kausaler Zusammenhang belegt werden können. Nach Beuths Angaben liegen keine Hinweise auf weitere Abfragen zu betroffenen Personen von hessischen Polizeirechnern vor. Die hessischen Ermittlungsbehörden ständen im engen Austausch mit den Bundesländern und dem Bundeskriminalamt (BKA). Zudem sei bereits ein Rechtshilfeersuchen an mehrere Staaten gerichtet worden.

Seit Tagen gibt es immer neue Meldungen über derartige Drohschreiben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main ermittelt. Der Grünen-Politiker Volker Beck erhielt nach eigenen Angaben ebenfalls eine „NSU“-Drohmail.

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Sie beziehe sich auf frühere, gleichwohl nicht öffentliche Wohnanschriften, twitterte Beck. Der Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann soll am Wochenende bei einer Demo in Berlin die „Todesstrafe“ für Beck gefordert haben. Mehrere Behörden ermitteln gegen Hildmann, der zuletzt auch als Gegner der Corona-Maßnahmen der Bundesregierung in Erscheinung trat.

Die Bezeichnung „NSU 2.0“ bezieht sich auf die Terrorgruppe NSU („Nationalsozialistischer Untergrund“), die zwischen 2000 und 2007 in Deutschland zehn Menschen ermordete. Es handelte sich um acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. (dpa, Tsp)

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