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Eine Krankenschwester wird in einer Brandenburger Arztpraxis mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca geimpft.

© dpa/Hannibal Hanschke

Impfkampagne in Deutschland: Ärzte warnen vor Bürokratieaufwand bei Impfungen in Praxen

Mitte April soll es auch in den Arztpraxen mit Impfungen gegen Covid-19 losgehen. Ärzte fürchten bürokratischen Aufwand und ausufernde Dokumentationspflichten.

Frühestens ab Mitte April soll es in den Arztpraxen mit den Impfungen gegen Covid-19 losgehen – darauf haben sich zumindest die Gesundheitsminister:innen von Bund und Ländern geeinigt. Ulf Zitterbart, Vorstand des Thüringer Hausärzteverbandes, sieht in den Hausärzten eine entscheidende Rolle in der Impfkampagne: „Je mehr Ärzte impfen, desto mehr Menschen können wir erreichen und gegen Covid-19 immunisieren.“

Mehr als 30.000 Mitglieder gehören dem Deutschen Hausärzteverband laut eigenen Angaben an. Verglichen mit den Impfzentren sind die Hausärzte laut Zitterbart sehr nah dran an der Bevölkerung. Besonders vorteilhaft sei diese Nähe in kleinen und abgelegeneren Städten. „Die Menschen haben viel Vertrauen in uns Hausärzte. Dadurch können wir auch die Impfbereitschaft stärken“, sagte der Allgemeinmediziner.

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Noch sieht Zitterbart Herausforderungen bei der Impfkampagne – vor allem, was den bürokratischen Aufwand angeht. „Im Moment müssen die Verantwortlichen in den Impfzentren sehr aufwendig dokumentieren, wen sie wann geimpft haben und die Meldungen anschließend ans Robert-Koch-Institut weiterleiten. Das muss einfacher gehen.“

In den Praxen müssten die Ärzte die Impfungen in den Patientenakten ohnehin dokumentieren. „Aber der Impfeintrag in der Patientenakte lässt sich nicht ohne Weiteres ans RKI weitergeben.“ Laut Zitterbart ist deshalb ein simples und schnelles Meldesystem bei den Impfungen in den Arztpraxen nötig.

Darüber hinaus seien die Hausärzte keinesfalls ein Ersatz für die Impfzentren. „Wir sollten die bereits aufgebauten Strukturen zunächst erhalten und die Hausärzte parallel Impfungen durchführen lassen.“ Noch sieht Zitterbart Herausforderungen bei der Impfkampagne: „Das Problem für uns Hausärzte ist weiterhin der Impfstoffmangel. Sobald genug Impfdosen zur Verfügung stehen, sind wir auf dem richtigen Weg und können unsere Patienten impfen.“

Hausärzte sehen keine Gefahr von aufgeweichter Impfpriorisierung

Bisher gelangten Impfdosen wie für die Grippeimpfung vom Großhändler zur Apotheke und dann zur Arztpraxis. „Die Politik sollte diese etablierten Wege nutzen, um die Impfdosen schnell in die Arztpraxen zu bringen.“ Die Dosen für die Corona-Impfungen lagern hingegen noch zentral bei den Bundesländern.

Dass Hausärzte die Impfpriorisierungen vernachlässigen könnten, glaubt Zitterbart nicht. Diese Befürchtung äußerte zuvor Thomas Mertens, der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission. „Wir Hausärzte können unseren Patienten bei Bedarf ohne Probleme erklären, dass sie bei der Impfung noch warten müssen, weil Ältere und Kranke Vorrang haben.“

Spritzen mit Corona-Impfstoff liegen auf dem Tisch in einer Arztpraxis im Brandenburgischen Senftenberg.
Spritzen mit Corona-Impfstoff liegen auf dem Tisch in einer Arztpraxis im Brandenburgischen Senftenberg.

© dpa/Hannibal Hanschke

Ein Argument gegen die Einbindung der Hausärzte in die Impfkampagne sei die Befürchtung daher nicht. „Wir Hausärzte sind Impfexperten, weil wir seit Jahren millionenfach gegen Grippe und andere Krankheiten impfen.“

Kinder- und Jugendärzte sehen sich startklar für Impfungen

Dominik Ewald, Landesvorsitzender des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Bayern, sagte dem Tagesspiegel im Interview: „Die derzeitigen Impfstoffe gegen Covid-19 sind erst ab 16 Jahren zugelassen. Aber wir Kinderärzte können die Großeltern, Eltern und Angehörige der Kinder impfen, wenn diese in die Praxis kommen und dies wünschen.“ Auf diese Weise könnten flächendeckend mehr Menschen immunisiert werden.

Die Priorisierung bei den Impfungen zu berücksichtigen, wird laut Ewald mit zunehmender Durchimpfung einfacher. Auch die Terminvergabe an Patienten und das restliche Impfprozedere seien bekannt und eingespielt. „Allerdings können wir uns in den Praxen nicht mit derselben überbordenden Bürokratie wie in den Impfzentren herumschlagen. Die Impfungen müssen sich in die normalen Abläufe der Praxen einfügen, sonst funktioniert das nicht.“ Eine kurze Impfung dürfe am Ende nicht zu einem halbstündigen Dokumentationsaufwand führen.

Ob die Impfungen in den Arztpraxen tatsächlich ab Mitte April starten können, muss sich noch zeigen. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hält diesen Zeitpunkt für unrealistisch, weil der Impfstoff zunächst an die Impfzentren gehen werde, und nicht an die Arztpraxen. Gassen rechnet mit Corona-Impfungen in den Arztpraxen deshalb erst ab Mai, also zwei Wochen später als die Gesundheitsminister:innen von Bund und Ländern vorgesehen haben.

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