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Vor Beginn des Schuljahres gilt den Kindern besondere Aufmerksamkeit.

© Gideon Markowicz,dpa

Impf-Weltmeister mit hoher Infektionsrate: Israel kämpft mit vertrauten Rezepten gegen die vierte Welle

Lange galt Israel als Vorbild beim Impfen seiner Bevölkerung gegen das Coronavirus. Trotzdem steigen jetzt die Infektionszahlen. Was sind die Ursachen?

Nicht lange ist es her, da sendete Israels Gesundheitsministerium gute Nachrichten. Nach einer beispiellos effektiven Impfkampagne registrierte das Land am 5. Juni erstmals keine neuen Covid-19-Fälle.

Ein paar Tage später fielen die letzten Corona-bedingten Einschränkungen, Israel ließ sich als Impfweltmeister feiern und beneiden. Die wenigsten hätten erwartet, wie die Lage keine drei Monate später aussehen würde. Die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen ist auf fast 10.000 gestiegen. Im weltweiten Vergleich zählt Israel damit zu den Ländern mit der höchsten Infektionsrate. Was ist da schiefgelaufen?

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Experten sehen zwei Gründe: Zum einen hat sich die besonders ansteckende Delta-Variante in jener Phase, in der es kaum Beschränkungen gab, rasch im Land ausbreiten können. Zum anderen lässt die Schutzwirkung des Biontech/Pfizer-Vakzins, das Israel vorwiegend einsetzt, offenbar nach.

60 Prozent der Bevölkerung sind vollständig gegen das Virus geimpft. Auf Grundlage staatlicher Gesundheitsstatistiken haben Forscher jedoch ermittelt, dass das Vakzin nach einigen Monaten nur noch mit 39-prozentiger Wirkung gegen eine Corona-Ansteckung schützt. Direkt nach der Impfung dagegen liegt die Schutzwirkung bei 95 Prozent. Die Wissenschaftler haben jedoch auch eine erfreuliche Erkenntnis: Auch nach einem halben Jahr schützt die Impfung noch mit über 90-prozentiger Effektivität vor einem schweren Krankheitsverlauf.

Den Status einer wissenschaftlichen Studie haben diese Daten nicht. Doch immerhin geben sie Anlass zur Hoffnung, dass zukünftige Infektionswellen weniger Todesopfer fordern könnten. Gut 600 Corona-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf liegen derzeit in israelischen Krankenhäusern. Im Januar waren es doppelt so viele, dabei lag die Infektionsrate damals ähnlich hoch wie derzeit. Bei fast der Hälfte der Schwerkranken handelt es sich überdies um Ungeimpfte, die damit deutlich überrepräsentiert sind – ein weiterer Beleg dafür, dass die Impfung hilft.

Eine dritte Impfung mindert die Infektionsraten

In dem Versuch, die Pandemie erneut einzudämmen, setzt die Regierung auf die vertrauten Rezepte. Zum einen hat sie allerhand neue Beschränkungen beschlossen, etwa das Vorzeigen des Impfpasses zur Pflicht erklärt für alle, die Fitnessstudios oder Theater, Cafés oder Konferenzräume betreten wollen.

Zum anderen treibt sie die Impfkampagne voran. Mit Beginn des neuen Schuljahrs am 1. September sollen sich Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren nun auch in den Schulräumen impfen lassen können, sofern die Eltern zustimmen. Das Gesundheitsministerium hatte sich dabei gegen die Bildungsministerin Yifat Shasha- Biton durchgesetzt, die zuvor gewarnt hatte, Impfungen in Schulen könnten „sozialen Druck“ erzeugen, kämen in ihren Augen gar einem „Verbrechen“ gleich. Als erstes Land der Welt hat Israel zudem Ende Juli mit der Drittimpfung für ältere Bürger begonnen.

Die jüngsten Daten seien ermutigend, schreibt Eran Segal, Biologe am israelischen Weizmann-Institut, der sich zuletzt mit seinen Analysen von Covid-19-Statistiken einen Namen gemacht hat. Die Rate der Neuinfektionen steige mit abnehmender Geschwindigkeit und dürfte sich bald stabilisieren. Der Datenexperte Nir Kalkstein, Gründer des KI-Forschungsinstitutes für rechnergestützte Gesundheit, interpretiert die Lage ähnlich: Die Auffrischungsimpfung mindere sichtlich die Infektionsraten unter älteren Menschen, bereits zum Ende der Woche ihn rechne er mit sinkenden Zahlen.

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