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Der republikanische Senator Mitt Romney gilt als einer der Wackelkandidaten.

© Joshua Roberts/REUTERS

Impeachment-Prozess gegen Trump: Wie fünf moderate Republikaner schon jetzt das Verfahren bestimmen

Am ersten wesentlichen Tag des Impeachments wird deutlich: Demokraten zielen vor allem auf Abweichler bei den Republikanern, so kommt es zu Kompromissen.

Spätestens als Pizza geordert wurde, war klar: Alles sieht nach einem langen Abend im US-Senat aus. Gegen 20 Uhr unterbrach der Vorsitzende Richter John Roberts die Sitzung am ersten Tag der Senatsdebatte im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump. 30 Minuten Zeit zum Abendessen.

Die Senatoren werden sehnsüchtig darauf gewartet haben, saßen sie zu diesem Zeitpunkt doch schon sieben Stunden im Sitzungssaal – ohne Essen, ohne Handys oder andere Formen der Ablenkung. Anwesenheit ist Pflicht, und auch Sprechen ist ihnen verboten.

Dass schon der erste Tag zu einer Marathonsitzung werden sollte, lag vor allem an dem erbitterten Streit zwischen Republikanern und Demokraten um die Verfahrensregeln. Genau diese standen am Dienstag auf dem Programm – eigentlich kein Grund für ausgedehnte Debatten, sollte man meinen.

Doch Verfahrensregeln sind Ausdruck der Machtverteilung in einem Impeachment-Prozess, in dem es beiden Seiten um nichts weniger als die Demokratie geht. Und der Ablaufplan des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell, der am Abend zuvor bekannt geworden war, hatte sofort große Empörung bei den Demokraten ausgelöst.

Von einer "nationalen Schande" sprach der führende Demokrat im Senat, Chuck Schumer. Der demokratische Anklageführer Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, warf McConnell vor, mit dieser „Vertuschung“, dieser „Farce“, einen „fairen Prozess“ verhindern zu wollen.

Impeachment gegen Trump: Hohe Hürden für Zeugenvorladungen

McConnell plante hohe Hürden für eine von den Demokraten geforderte Vorladung von Zeugen sowie für Einsicht in bislang zurückgehaltene Regierungsdokumente. Außerdem sollten diese Punkte erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.

Die Demokraten fürchten, dass die Republikaner Zeugenbefragungen dann mit ihrer Senatsmehrheit verhindern werden. Offen ließ McConnell auch die Frage, inwieweit die vom Repräsentantenhaus gesammelten Beweise überhaupt in das Senatsverfahren einfließen sollen.

Zwölf Stunden Verhandlungen – und das ab 13 Uhr

Weiter sah der Verfahrensvorschlag vor, dass Anklage und Verteidigung jeweils 24 Stunden Zeit bekommen, ihre Argumente vorzutragen – an je zwei Tagen. Das hätte zu zwölfstündigen Marathonsitzungen geführt, die sich vermutlich bis nach Mitternacht hingezogen hätten. Denn die Sitzungen, die an sechs Tagen pro Woche geplant sind, sollen erst um 13 Uhr beginnen.

Am Dienstagmorgen kam dann die Überraschung: Unmittelbar vor Beginn der Auftaktsitzung war die Resolution offenbar noch einmal überarbeitet wurden.

Nach der neuen Fassung sollen Anklagevertreter und Verteidiger ihre 24 Stunden für die Eröffnungsplädoyers auf bis zu drei (statt zwei) Tage verteilen können. Zudem machte McConnell klar, dass die Beweise aus dem Verfahren im Repräsentantenhaus auch im Senat verwendet werden.

Impeachment im Senat: Eine Handvoll Wackelkandidaten

Der Grund für dieses erste Einlenken liegt an einer Handvoll als moderat geltender Republikaner, die immer mal wieder Skepsis an Trumps Regierungsstil erkennen lassen. Gemeint sind Mitt Romney aus Utah, die beiden Senatorinnen Susan Collins (Maine) und Lisa Murkowski (Alaska), sowie Cory Gardner aus Colorado und Lamar Alexander aus Tennessee.

Trumps Republikaner haben eine Mehrheit von 53 zu 47 Sitzen im Senat. Stimmen vier Senatoren nicht mit der Parteilinie, können sie nichts durchsetzen. Das kann sich McConnell nicht leisten. Daher reagierte er prompt auf die Einwände, die federführend Susan Collins vorgebracht hatte.

Nun sollen die Sitzungen gegen 21 Uhr enden

„Senatorin Collins und andere haben ihre Bedenken über die 24 Stunden für die Eröffnungsstatements innerhalb von zwei Tagen“ und die Verwendung der Unterlagen aus dem Repräsentantenhaus geäußert, erklärte ihre Sprecherin Annie Clark.

Die nun vorgenommenen Änderungen seien eine bedeutende Verbesserung. Dadurch enden die Sitzungen an diesen ersten Tagen voraussichtlich gegen 21 Uhr statt erst um 1 Uhr morgens.

Impeachment gegen Trump: Die Demokraten testen die Zweifler ein ums andere Mal

Die Senatorin ließ am Dienstag außerdem erkennen, dass sie sich durchaus vorstellen kann, mit den Demokraten für die Vorladung von Zeugen zu stimmen. Zusätzliche Informationen könnten hilfreich sein, erklärte sie. Auch Lamar Alexander hatte zuvor schon mal angedeutet, dass er sich für die Befragung neuer Zeugen aussprechen könnte.

Die Demokraten wissen um die Zweifel der kleinen Republikaner-Gruppe, von denen sich drei (Collins, Gardner und Murkowski) einer Wiederwahl im November stellen müssen. Diese Senatoren müssen abwägen, ob sie gemäßigte Wähler vor den Kopf stoßen oder Trump verärgern. Beides kann gefährlich werden.

Wohl deswegen stellten die demokratischen Ankläger am Dienstag einen Antrag nach dem anderen zur Abstimmung, mit dem sie McConnells Resolution noch in ihrem Sinne verändern wollten. Sie holten sich zwar eine klare Niederlage nach der anderen ab: Die Republikaner stimmte jedes Mal geschlossen dagegen. Aber die Demokraten spekulieren offensichtlich darauf, die Wackelkandidaten mit der Zeit weichzukochen.

Der Prozess könnte bereits in der kommenden Woche zu Ende sein

Nach den Eröffnungsplädoyers nämlich haben die Senatoren 16 Stunden Zeit, schriftlich Fragen an Anklage und Verteidigung zu stellen, die der Vorsitzende Richter vorlesen wird. Die beiden Seiten haben dann nochmals je zwei Stunden Zeit, sich dazu zu äußern.

Danach beginnen die Beratungen darüber, ob weitere Zeugen vorgeladen und Dokumente angefordert werden sollen. Stimmt eine Mehrheit dafür, muss über jeden Zeugen und jedes Dokument nochmals separat abgestimmt werden.

Erhält keiner dieser Anträge eine Mehrheit, könnte das Impeachment-Verfahren schon in der kommenden Woche vorbei sein – mit dem absehbaren Ergebnis, dass der Präsident freigesprochen wird.

Trump wollte den Prozess gleich beenden

Das würde Trump erlauben, seine Rede zur Lage der Nation am 4. Februar im Repräsentantenhaus zu halten, ohne dass gleichzeitig im Senat über seine Amtsenthebung verhandelt wird. In seinem Sinne wäre das zumindest. Er hatte sogar (vergeblich) gefordert, den Prozess gleich zu Beginn zu beenden.

Für die Demokraten ist das wiederum eine Horrorvorstellung. Sie wollen der Öffentlichkeit im Wahljahr zumindest die Dimension der Ukraine-Affäre noch einmal klarmachen.

Dazu wollen sie weitere Zeugen laden, darunter den von Trump geschassten ehemligen Nationalen Sicherheitsberater John Bolton und den geschäftsführenden Stabschef des Präsidenten, Mick Mulvaney. Außerdem verlangen sie Einblick in bislang zurückgehaltene Regierungsdokumente.

Die Anklagepunkte lauten Machtmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen

Die Demokraten beschuldigen Trump des Machtmissbrauchs und der Behinderung der Ermittlungen des Repräsentantenhauses. Er soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen möglichen Herausforderer bei der Wahl im November, den ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, gedrängt haben.

Die Demokraten sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe.

Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren. So habe beispielsweise das Außenministerium bisher kein einziges der angeforderten Dokumente übermittelt.

Bei einem Patt würde der Vorsitzende Richter den Ausschlag geben

Würden die Demokraten drei Republikaner auf ihre Seite ziehen – käme es also zu einem Patt –, würde die Stimme von John Roberts den Ausschlag geben. Wie sich der Oberste Richter am Supreme Court, der das Amtsenthebungsverfahren leitet, entscheiden würde, ist schwer vorherzusagen.

Zwar gilt der 64-Jährige, der 2005 von Präsident George W. Bush ernannt wurde, als konservativ. Aber immer wieder hat er am Obersten Gerichtshof auch überraschend anders abgestimmt als viele Beobachter das von ihm erwarteten – beispielsweise im Sommer 2019, als er einen Plan der Trump-Regierung stoppte, bei der in diesem Jahr anstehenden Volkszählung auch eine Frage über die Staatsangehörigkeit stellen zu lassen.

Dieses Risiko wird Mitch McConnell bewusst sein. Schon alleine deshalb wird der führende Republikaner im Senat alles dafür tun, die eigenen Reihen geschlossen zu halten. Notfalls eben auch mit kleinen Kompromissen.

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