zum Hauptinhalt
Gespanntes Verhältnis. Amerikas Oberster Richter John Roberts und Präsident Donald Trump.

© Jonathan Ernst/REUTERS

Impeachment gegen Trump: Die Verteidiger im Senat stoßen an ihre Grenzen

Die Republikaner wollten die Vorladung weiterer Zeugen gegen Trump blockieren. Aber darüber entscheidet der Oberste Richter John Roberts. Eine Analyse.

Wer Jura studiert, hört den Spruch im ersten Semester: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.“ Umso erstaunlicher ist es, wenn der Blick spät kommt und einem Prozess, den die halbe Welt verfolgt, eine unerwartete Wendung gibt. Wie jetzt im Impeachment gegen Donald Trump.

Ex-Sicherheitsberater Bolton als Kronzeuge der Anklage

Seit Wochen streiten Demokraten und Republikaner, ob weitere Zeugen vorgeladen werden, voran Ex-Sicherheitsberater John Bolton. Er schreibt ein Enthüllungsbuch über seine Zeit mit Trump, das im März erscheinen soll. Darin steht angeblich eine Passage, die die Verteidigungslinie Trumps in einem zentralen Punkt durchkreuzen würde.

Hat Trump Druck auf den ukrainischen Präsidenten Selenskyj ausgeübt und die Auszahlung von 400 Millionen Dollar Militärhilfe sowie eine Einladung Selenskyjs ins Weiße Haus davon abhängig gemacht, dass Selenskyj Korruptionsermittlungen einleitet, die dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden schaden sollten? Trump und seine Verteidiger sagen: Nein. Es gab kein „Quid pro quo“ (kein Gegengeschäft). Bolton schreibt im Buch angeblich, Trump habe die Auszahlung der Militärhilfe mit den Ermittlungen gegen Biden verknüpft.

Die Demokraten fordern, Bolton solle im Amtsenthebungsverfahren aussagen. Die Republikaner sind dagegen und meinten bisher, dass sie die Forderung der Demokraten nach weiteren Zeugen dank ihrer Mehrheit von vier Stimmen im Senat abschmettern können – es sei denn, die finden fünf republikanische Senatoren, die mit ihnen stimmen. Das ist nicht ausgeschlossen, weil einige im Herbst zur Wahl anstehen – in „Swing States“, wo die konservative Mehrheit nicht garantiert ist. Aber sie wechseln nicht so leicht die Seite. Der Druck auf sie wächst nun freilich.

John Roberts und die Impeachmentregeln von 1868

Zudem intervenieren nun drei Verfassungsrechtler in der „New York Times“. Über Zeugenvorladungen entscheide gar nicht der Senat mit Mehrheit. Nach den Impeachmentregeln von 1868 könne jede Seite Zeugen anfordern, die Ankläger (Demokraten) wie die Verteidiger (Republikaner). Ob sie gehört werden, bestimme der Vorsitzende des Gerichts. Das ist der Oberste Richter John Roberts. Er wurde unter George W. Bush berufen, genießt aber auch den Respekt vieler Demokraten - erst recht, nachdem er Trump wegen dessen Richterschelte rüffelte. Auch dieser überraschende Hinweis auf die Verfahrensregeln erhöht den öffentlichen Druck, Bolton vorzuladen.

Eine entscheidende Wende im Impeachment? Ja und Nein. Wenn die Regeln von 1868 Anwendung finden – dies ist erst das dritte Impeachment in der Geschichte der USA, daher die Unsicherheit, wie es abläuft –, stößt die Blockadestrategie der Republikaner an Grenzen. Doch selbst wenn Bolton das aussagt, was angeblich im Buchmanuskript steht, heißt das nicht, dass Trump sein Amt verliert. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit der Senatoren nötig. Die ist nicht in Sicht. Vielleicht aber überlegen einige Wähler genauer, für wen sie bei der Wahl im Herbst stimmen, wenn Trump der Lüge überführt würde.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false