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Auf den Feldern gibt es für den Roten Milan oft nichts mehr zu fressen. Denn der Intensivlandwirtschaft fallen Insekten, Kleinsäugetiere oder auch Amphibien zum Opfer.

© Patrick Pleul/dpa

Im Blick: Allein in der Agrarwüste

Wo intensiv Landwirtschaft betrieben wird, verschwindet das Leben. Das hat die Umweltstiftung WWF in einer neuen Studie einmal mehr nachgewiesen.

Wer in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Teilen Niedersachsens oder Nordrhein- Westfalens durch die Felder spaziert, wird vor allem eines feststellen: Es ist still – zu still. 45 Prozent der Vögel, die noch bis in die 1980er Jahre hinein in der Agrarlandschaft lebten und sich fortpflanzten, sind in ihrem Bestand stark gefährdet. Selbst von Allerweltsarten wie Feldspatz oder Star ist nur noch etwa die Hälfte übrig geblieben. Selbst das intensive Summen der Insekten ist gedämpft. Denn mit den modernen Erntetechniken werden bis zu 90 Prozent der Insekten getötet. Das bedeutet: Es gibt für die verbliebenen Vögel immer weniger Nahrung.

Das größte Problem für die Wildpflanzen und Tiere ist aber die anhaltend starke Überdüngung der Flächen. Die artenreichsten Gebiete in der Kulturlandschaft sind sogenannte magere Böden, in denen es wenige Nährstoffe gibt, besonders artenreich sind nährstoffarme, saure Sandböden. Selbst wenn diese Gebiete nicht gleich entwässert und mit Kunstdüngerdoping zu Ackerflächen gemacht werden, wandern die überschüssigen Nährstoffe von den intensiv genutzten Flächen auch in diese Gebiete. Das Ergebnis ist eine völlige Veränderung der Vegetation. Statt Ackerkräutern wachsen dann irgendwann nur noch nahezu gleich hohe Grassorten, die sich dann wiederum für die Herstellung von Gras-Silage für die Winterfütterung eignen. Dazu kommt der flächendeckende Einsatz von Herbiziden, um „Unkräuter“ zu vernichten. Damit werden Wildkräuter ganz gezielt aus den Feldern entfernt.

In diesen neu zusammengesetzten Lebensräumen verschwinden viele Schmetterlingsarten, Amphibien wie beispielsweise die Rotbauchunke haben dann keine Chance mehr, Feldhamster sterben aus, und mit denen verschwinden auch die Greifvögel, die Störche und Kraniche. Selbst wenn Gebiete wieder brachfallen, hilft das den Wildkräutern und den Kleintieren nicht unbedingt. Das gilt sogar für die aus Klimasicht sehr vorteilhafte Wiedervernässung von Mooren. Denn der Nährstoffgehalt bleibt noch lange zu hoch. Die tatsächlich extensiven Nutzungsformen von Land sind im Wettbewerb um den billigsten Produktionspreis auf dem Weltmarkt nahezu ausgestorben. Der Anteil der Öko-Landwirtschaft ist noch zu klein, um ein ernst zu nehmendes Gegengewicht zu bilden.

"Wir haben es satt", sagen jedes Jahr mehr Demonstranten kurz vor der Grünen Woche in Berlin. Die intensive Landwirtschaft verliert ständig an Anhängern.
"Wir haben es satt", sagen jedes Jahr mehr Demonstranten kurz vor der Grünen Woche in Berlin. Die intensive Landwirtschaft verliert ständig an Anhängern.

© dpa

Jede aus wirtschaftlicher Sicht begrüßte Verbesserung der Produktion schränkt die Lebensräume weiter ein. Beispielsweise die Direktaussaat, die auf das Pflügen verzichtet, und damit zumindest den Kohlenstoff im Boden bindet, was aus Klimaschutzgründen positiv ist. Sie ist aber ein Poduktionssystem, das hohe Mengen an Herbiziden braucht, damit der Mais oder Raps dicht nach oben wachsen kann. Die Agrarumweltprogramme, die Bauern dafür belohnen sollen, dass sie zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen, sind gegen die Verdienstmöglichkeiten mit Biogas oder auch Biosprit nicht mehr konkurrenzfähig, stellt die Umweltstiftung WWF in einer aktuellen Studie zur Grünen Woche fest. Gegen die Intensivlandwirtschaft hat das Leben keine Chance. Die Felder werden wohl noch länger reine Agrarwüsten bleiben.

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