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Ein Kind steht mit seinen Eltern auf einem Spielplatz.

© dpa

Im Sinne des Kindes: Familienrichter sollten verpflichtet werden, sich fortzubilden

Mangelnde Fachkenntnis bei Familiengerichten kann fatale Folgen haben. Deshalb reichen freiwillige Weiterbildungen nicht. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caroline Fetscher

Auf Bildung kommt es an! Mit Slogans wie diesem trommeln Experten landauf, landab für bessere Schulen und Universitäten. Doch auch auf Fortbildung kommt es an, und das sogar bei Beamten wie Richterinnen und Richtern, die gewöhnlich ein Einser-Abitur und ein aufwändiges Studium zum Volljuristen aufweisen. Ausgerechnet bei Familiengerichten liegt bei der Fortbildung vieles im Argen. 

Am Freitagdebattiert der Bundestag die Fortbildungspflicht für Richter, die im Familienrecht komplexe Fälle beurteilen müssen, etwa zu Sorgerecht, Umgangsrecht oder Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Bei welchem Elternteil darf ein Kind nach einer Trennung bleiben? Wer darf, wann und wie, mit dem Kind Umgang haben? An die 600000 Mal im Jahr werden derlei Fragen gerichtlich verhandelt.

„Jeder Richter, der sich mit Insolvenzen beschäftigt, ist verpflichtet, sich fachlich fortzubilden“, konstatiert der Jurist Ludwig Salgo, Experte für Familienrecht. „Aber lebensentscheidende Fragen für Kinder treffen Gerichte oft ohne Sachkenntnis.“

Salgo und andere Experten erklären seit Jahren, wie notwendig richterliche Grundkenntnisse etwa der Entwicklungs- und Bindungspsychologie oder der Folgen traumatischer Belastung für Minderjährige wären.

Ein Herz für Kinder reicht nicht

Kaum im Bewusstsein von Richtern verankert sei auch, was das – leider übliche – Hin und Her zwischen leiblicher Familie und Pflegefamilien für die Psyche von Kindern bedeutet. So kann das Kindeswohl nicht im Zentrum stehen.

Die Annahme, ein „gesunder Menschenverstand“ oder „ein Herz für Kinder“ reiche aus, um Familienverfahren rechtlich einzuschätzen, verursacht ebenso fatale Fehlurteile, wie der Mythos, leibliche Eltern, insbesondere Mütter, seien für Kinder „das Beste“.

Gravierend wirkte sich das etwa im Staufener Fall des Jungen aus, der zwischen 2015 bis 2017 von der Mutter und deren Gefährten im Netz gegen Bezahlung als Sexobjekt angeboten wurde. Er war sieben, als die Taten begannen. Eine Richterin hatte dem wegen Pädokriminalität vorbestraften Mann und der Mutter „eine zweite Chance“ geben wollen. Der brutale Missbrauch setzte sich fort.

Chance für ein Mehr an Fachkenntnis

Zwar hatte die Bundesregierung 2016 eine Weiterbildungspflicht für Familienrichter beschlossen, doch in die Praxis umgesetzt wurde das nicht. Das Justizministerium gibt sich bisher damit zufrieden, dass Angebote zur Fortbildung freiwillig wahrgenommen werden.

Jetzt fordern der Familiengerichtstag ebenso wie die Partei der Grünen, die Fortbildung verbindlich als Pflicht im „Richtergesetz“ festzuschreiben, wie Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, erklärt. Der Bundestag hat es heute in der Hand, laienhaftes Tasten durch ein Mehr an klarer Fachkenntnis zu ersetzen.

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