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Panorama der Gartenkunst. 100 Hektar groß ist das Gelände, das seit Gründonnerstag für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Vom Kienberg (rechts) kann man bis zum südwestlichen Berliner Stadtrand sehen.

© Georg Moritz

IGA in Berlin: Der Kampf im Paradies

Die IGA in Marzahn ist wie jeder Garten Schauplatz eines immerwährenden Ringens der Natur – und manchmal auch der Menschen, zeigt dieser Blendle-Tipp.

Von Andreas Austilat

Marcel Seelig trägt jene leicht knittrige Bräune im Gesicht, wie man sie nur bekommt, wenn man viel draußen ist. Und der Mann mit dem raspelkurzen Bürstenhaarschnitt ist viel draußen, bei jedem Wetter. Weshalb man ihm auch die Platitüde nicht übel nimmt, die wahrscheinlich seit Generationen zwischen Primeln und Hortensien erzählt wird: „Gärtner sind nun einmal nicht aus Zucker.“ Ein Satz, mit dem er auch gleich die Wetterdiskussion beendet.

Dabei wäre darüber durchaus zu reden gewesen. Denn waren sie nicht furchtbar kalt, die ersten Wochen seit Gründonnerstag, seit die Internationale Gartenausstellung in Marzahn eröffnete? In denen Magnolien und Kirschbäume froren, bis sie braune Flecken kriegten. Ist nicht sogar darüber gesprochen worden, dass die ganze Chose viel zu früh gestartet ist und deshalb erst einmal keiner kam?

Mag sein. Aber selbst an einem frischen Dienstag, dem letzten vor der ersten großen Hitze dieses Jahres, war es auf dem mehr als 100 Hektar großen Gelände keineswegs leer. Und den Tulpen ist das Wetter offenbar gut bekommen. Nur weil es lange so kühl war, stehen sie schon ewig stramm, violett, gelb und beinahe schwarz, dass es nur so eine Pracht ist. Erst jetzt wird es ihnen langsam zu heiß. „Ist eben immer ein Geben und Nehmen“, sagt Marcel Seelig.

Manche Leute halten so einen Garten für das Paradies. Schön anzusehen ist er auch, die bunten Beete, die weiten Wiesen, die bewaldeten Hänge des Kienbergs, die mitunter seltsam anmutenden Installationen internationaler Künstler, die Frische der „Promenade Aquatica“ mit ihren Wasserspielen. Doch zu allererst ist ein Garten Arbeit. Und Schauplatz eines immerwährenden Kampfes ist er auch.

Lenné - der letzte seiner Art

Der gemeine Mensch bekommt nur nichts davon mit. Weil er die Anzeichen dieses Ringens gar nicht oder falsch versteht. Weil Pflanzen ja nicht blühen oder mit ihrem Duft betören, um dem Menschen zu gefallen, sondern damit überlebenswichtige Signale senden. Es ist ein Glück, dass sie das nicht akustisch tun. Man stelle sich nur vor, Blumen wehrten sich mit schrillen Tönen gegen die Blattlaus. Nie mehr würden wir einen Garten aufsuchen.

Seelig wurde vor 53 Jahren in Spandau geboren, heute wohnt er in Marzahn, in der zwölften Etage eines 21-Geschossers, aus seinem Fenster kann er sein Werk sehen. Er hat schon als Auszubildender auf der Bundesgartenschau in Britz gearbeitet, das war 1985. Er war in Rostock dabei, bei der IGA 2003, er arbeitete an der Gartenschau in Gera und dessen Vorort Ronneburg und zuletzt 2013 in Hamburg. Nun ist er als Projektmanager auf der IGA.

So eine Gartenschau ist eine Riesenchance für ihn. Nicht nur, weil der studierte Ingenieur des Landschaftsbaus immer nur in Projekten gedacht hat, nie festangestellt war. Sondern weil Leute wie er sich hier präsentieren können. Solche Ausstellungen wie die 130 Millionen Euro teure IGA in Marzahn sind Leistungsschauen des grünen Gewerbes, bei denen mal nicht die Hochbauarchitekten den Ton angeben.

Früher war das anders. Einer wie Preußens Gartengott Peter Joseph Lenné wurde im 19. Jahrhundert noch als Berliner Chef-Stadtplaner engagiert. Doch er war der letzte seiner Art. Lennés Nachfolger wurde der Abwasseringenieur James Hobrecht.

„Gefühlt haben wir an Einfluss verloren“, sagt Seelig vorsichtig, denn lamentieren will er nicht. Trotzdem schiebt er nach: „Wir sind die ...

Den vollständigen Text lesen Sie für 45 Cent im Online-Kiosk Blendle.

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