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Ein langer Weg bis zur Assemblée: Rachel Keke am 21. Juni 2022 vor der französischen Nationalversammlung.

© dpa/Thomas Padilla

„Ich bin die Stimme derer, die keine Stimme haben“: Ehemalige Reinigungskraft zieht in französische Nationalversammlung ein

Bekannt geworden ist Rachel Keke durch einen langen Arbeitskampf, den sie mit Kolleginnen führte. Jetzt ist sie in Frankreich Abgeordnete. Ein Porträt.

Rachel Keke tanzt einen kleinen Freudentanz, als sie am Dienstagmorgen vor der französischen Nationalversammlung ankommt. Sie hat mit ihrem Handy Musik angemacht und fordert ihre zukünftigen Kolleginnen auf, mitzumachen. Kurz danach werden sie im Palais Bourbon empfangen, dem Sitz des französischen Parlaments.

Für die 48-jährige Keke war es ein langer Weg, aber sie hat es geschafft: Die ehemalige Putzkraft wird in der kommenden Legislaturperiode für die linke Wahlunion als Abgeordnete in der Nationalversammlung sitzen. Am Wahlabend, überwältigt von ihrem Sieg, sagte Keke: „Ich bin die Stimme derer, die keine Stimme haben.“ Sie werde alle unsichtbaren Berufe im Parlament vertreten, um sie sichtbar zu machen.

Tätig in einem unsichtbaren Beruf, das war Keke lange selbst. 1974 in der Elfenbeinküste geboren, kam sie mit 26 Jahren nach Frankreich, erhielt 2015 die Staatsbürgerschaft. 17 Jahre arbeitete sie als Putzkraft für ein Subunternehmen der Hotelgruppe Accor. Im Sommer 2019 schloss sie sich mit Kolleginnen zusammen, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, unterstützt von der Gewerkschaft CGT.

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Die Putzfrauen vom Hotel Ibis Batignolles im Norden von Paris brachten es zu Bekanntheit, weil sie trotz widriger Umstände nicht nachgaben. 22 Monate dauerte ihr Arbeitskampf, acht Monate davon streikten die Frauen. Am Ende konnten sie mit Accor und dem Subunternehmen eine Einigung erzielen, in der fast alle ihrer Forderungen erfüllt wurden: eine höhere Bezahlung, weniger Zimmer, die pro Stunde geputzt werden müssen, eine Arbeitszeiterfassung, damit keine unbezahlten Überstunden mehr geleistet werden.

„Die Umstände zwingen uns, Politik zu machen“

In den fast zwei Jahren, in denen der Arbeitskampf andauerte, entwickelte Keke sich zum Gesicht und Sprachrohr ihrer Kolleginnen, von denen viele wie sie aus einem anderen Land stammen. In einem Interview sagte sie mal: „Ich bin keine politische Person, aber die Umstände zwingen uns, Politik zu machen.“

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Sie selbst bezeichnet sich als „Kämpferin“. Bei Veranstaltungen heizt Keke, die Mutter von fünf Kindern ist, den Zuhörenden mit fester lauter Stimme ein. Als am 7. Mai das linke Parteienbündnis zum ersten Mal zusammenkommt, steht und jubelt am Ende ihrer Wortmeldung der ganze Saal. „Wir sind die Systemrelevanten“, hat Keke vorher gerufen. „Wir sind es, die Frankreich ausmachen. Wenn wir nicht arbeiten, stoppt alles.“ Es sei an der Zeit, ins Parlament einzuziehen und über die relevanten Gesetze mitzuentscheiden.

Allerdings war es nicht sicher, dass sie tatsächlich gewinnt. In ihrem Wahlkreis im Departement Val-de-Marne trat sie gegen die ehemalige Sportministerin des Präsidenten Emmanuel Macron an, Roxana Maracineanu. Am Ende haben 177 Stimmen den Unterschied gemacht: Mit diesem knappen Vorsprung hat Keke gewonnen.

Am Wahlabend wandte sie sich nicht nur an Reinigungspersonal, Pflegekräfte, Menschen aus dem Sicherheitsdienst. Sondern sie wandte sich auch an die Jugend in ihrem Viertel, die keinen Glauben mehr an Frankreich habe. „Wir werden gemeinsam arbeiten, um diesen Jugendlichen ein anderes Bild von Frankreich zu zeigen“, kündigte Keke an.

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