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Kindergruppe in Afghanistan bei einer Mahlzeit

© AFP/Mohd Rafsan

Hunger in Afghanistan: Ohne die Taliban-Behörden kann die Not kaum gelindert werden

Der Westen muss den Selbsterhaltungstrieb der Islamisten ansprechen und Strukturhilfen gegen Wohlverhalten anbieten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Nichts ist gut in Afghanistan. Der Satz der früheren Bischöfin Margot Käßmann hallt nach – erst recht, wenn man die jüngsten Nachrichten hört. Es sind Horrornachrichten!

Innerhalb kürzester Zeit geht derzeit die Wirtschaft Afghanistans zugrunde, und die Vereinten Nationen warnen, dass fast alle Menschen im Land dieses Jahr noch unter die Armutsgrenze fallen könnten. Die Rede ist von 97 Prozent der geschätzt 38 Millionen, die dort leben.

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Allein fast vier Millionen Kinder leiden schon an schwerer Unterernährung, mehr als 130.000 droht aktuell der Hungertod.

Kurz vor Weihnachten hatte der Weltsicherheitsrat daher beschlossen, einige der eingefrorenen Finanzguthaben wieder zur Verfügung zu stellen, damit nicht Tausende verhungern. Am Jahresende gab die Weltbank Geld aus dem Afghanistan-Aufbaufonds frei, es ging ans Welternährungsprogramm und das Kinderhilfswerk Unicef.

Größter Spendenaufruf in der Geschichte UN

Im größten Spendenaufruf in der Geschichte der Vereinten Nationen werden jetzt von der Weltgemeinschaft 4,5 Milliarden Euro für Afghanistan erbeten. Ziel des größten Hilfsplans, der je für ein einzelnes Land erstellt wurde, ist es, mehr als 20 Millionen Menschen zu unterstützen.

Also eine Unterstützung für Millionen Afghanen – nur nicht für die Taliban. Denn ihre Schreckensherrschaft ist der Grund dafür, dass Afghanistan auf der Liste der internationalen Krisen Platz eins einnimmt. Und die Krise verschärft sich auch noch.

Vor der Machtübernahme durch die Taliban wurden drei Viertel des Haushalts vom Ausland finanziert. Das ist vorbei. Kein Land hat das „Islamische Emirat“ anerkannt. Hilfsgelder direkt an die Taliban zu überweisen, verbietet sich. Sie stehen auf Terror- und Sanktionslisten.

Nun werden Menschen von Hilfsorganisationen direkt unterstützt, etwa im Gesundheitssektor, um die Behörden zu umgehen. Aber es müssen auf Dauer tragfähige Strukturen geschaffen werden.

Die Taliban können kein staatliches Handeln organisieren; vielleicht muss die Staatengemeinschaft jetzt auch institutionelle Hilfe anbieten – und im Gegenzug humanitäres Verhalten einfordern. Und wenn es der Selbsterhaltungstrieb wäre, der bei den Taliban angesprochen würde: Es muss einfach besser werden in Afghanistan.

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