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Holocaust-Gedenkstunde: Zentralrat der Juden möchte Frieden mit Lammert

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden will den Konflikt mit dem Bundestagspräsidium zum Holocaust-Gedenktag beilegen. Bundestagspräsident Norbert Lammert hatte dem Zentralrat vorgeworfen, falsch über die Absagen zur Gedenkstunde informiert zu haben.

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Berlin - Der Zentralrat der Juden will den Streit mit dem Bundestagspräsidium um die Teilnahme am Holocaust-Gedenktag entschärfen. Er werde sich direkt an Bundestagspräsident Norbert Lammert wenden, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, am Mittwoch dem Tagesspiegel. Außerdem sei vereinbart, dass die Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, am heutigen Donnerstag mit Lammert spricht. Zuvor hatte der Bundestagspräsident dem Zentralrat Falschinformation vorgeworfen. Kramer sagte, es gebe offenbar ein größeres Kommunikationsproblem.

Der Generalsekretär betonte, er habe vergangenen Donnerstag mit der Protokollchefin von Lammert gesprochen und ihr erklärt, dass Knobloch bei der Gedenkstunde des Bundestages zur Erinnerung an die Holocaust-Opfer angemessen begrüßt werden sollte. Am Freitag habe die Protokollchefin ihm mitgeteilt, Lammert bedaure sehr, dass am Ablauf der Gedenkstunde nichts mehr zu ändern sei. Daraufhin habe der Zentralrat beschlossen, der Veranstaltung fernzubleiben. Am Dienstag hatte der Bundestag, wie berichtet, ohne einen Vertreter des Zentralrats der Opfer des Holocaust gedacht. Weder Lammert noch Bundespräsident Horst Köhler gingen in ihren Reden auf den Eklat ein.

Kramer zufolge hat der Zentralrat in den vergangenen Jahren mehrmals beim Präsidium des Bundestages angeregt, die hochrangigen Vertreter des Zentralrats bei der Gedenkstunde persönlich zu begrüßen. Bundestagssprecher Christian Hoose sagte dem Tagesspiegel dagegen, es treffe nicht zu, „dass sich der Zentralrat in den vergangenen Jahren schriftlich oder mündlich mit einer entsprechenden Anfrage an den Bundestag gewandt hat“. Einen schriftlichen Vorgang gebe es nicht, die Mitarbeiter könnten sich an keine Eingaben erinnern.

Hoose widersprach zudem der Darstellung Kramers, Lammert sei schon seit zehn Tagen über die Absagen informiert. Zentralratspräsidentin Knobloch habe lediglich mit der Begründung abgesagt, sie reise nach Israel. Als man nach einem Vertreter gefragt habe, sei zunächst keine Antwort gekommen. „Erst am vergangenen Freitag hat es Kontakt mit Herrn Kramer gegeben. Er hat uns abgesagt und erstmals über seine Gründe informiert“, sagte Hoose. Diese Beschwerde des Zentralrats sei überraschend gekommen.

Kramer hingegen sagte dem Tagesspiegel, Knobloch wäre in Berlin geblieben, „wenn es ein Signal des Bundestagspräsidiums gegeben hätte“. Da nichts gekommen sei, seien sie gemeinsam nach Jerusalem zur Mitgliederversammlung des World Jewish Congress gefahren. Das Treffen findet alle vier Jahre statt.

Zur Kritik des Zentralrats, am Gedenktag nur als „Zaungast“ teilnehmen zu dürfen, sagte Hoose: „Frau Knobloch saß 2008 in der zweiten Reihe der Ehrentribüne, 2007 in der ersten Reihe. Das Protokoll für den Staatsakt entspricht den Richtlinien des Bundesinnenministeriums.“ Kramer hatte am Dienstag gesagt, ein respektvoller Umgang mit Knobloch bedeute, „dass sie nicht auf der Zuschauertribüne Platz nehmen müsste, sondern unten im Parkett sitzen kann“.

Zum letzten Eklat beim Gedenken von Bundestagspräsidenten für Naziopfer kam es bei einer Rede Philipp Jenningers 1988. Er musste zurücktreten, nachdem er sich rhetorisch nicht ausreichend von der Nazi-Schreckensherrschaft distanziert hatte. Allerdings hatte er die Vertreter des Zentralrats ausdrücklich begrüßt.

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