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Mitschuldig am Tod eines Kindes. Das Oberlandesgericht München hat die einstige IS-Frau Jennifer W. zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Frau hatte im Irak ein jesidisches Mädchen verdursten lassen.

© Peter Kneffel/dpa

Hohe Strafe für IS-Rückkehrerin Jennifer W.: Ein Signal gegen die Verbrechen der Terrormiliz an den Jesiden

Zehn Jahre Haft für die Frau, die im Irak ein jesidisches Kind verdursten ließ, zeigen auch: der Völkermord ist nicht vergessen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Das Verbrechen war grausam, die hohe Strafe wirkt angemessen. Das Oberlandesgericht München hat die ehemalige IS-Aktivistin Jennifer W. zu zehn Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Die Frau hatte mit ihrem Mann, einem IS-Kämpfer, im Irak eine Jesidin und ihr Kind versklavt. Das fünfjährige Mädchen wurde bei sengender Sonne im Hof des Wohnhauses angekettet und verdurstete. Jennifer W. drohte der weinenden Mutter des Mädchens, sie zu erschießen, sollte sie nicht aufhören, um das Leben des Kindes zu bitten. Mehr Menschenverachtung geht kaum.

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Dass die Richter nun eine der höchsten Strafen verhängten, die eine Rückkehrerin vom IS in Deutschland bislang erhielt, ist ein Signal über den Fall hinaus. Der Prozess war, sagt die jesidische Organisation Yazda, der erste weltweit, in dem es um Straftaten von IS-Mitgliedern gegen Jesiden ging. Das Münchener Urteil ist auch ein Zeichen, dass die Justiz des Westens die Verbrechen der Terrormiliz an der religiösen Minderheit mit der gebotenen Schärfe ahndet.

Tausende Frauen und Mädchen wurde verschleppt

Der IS hatte 2014 bei seinem Feldzug im Nordirak mehr als 5000 Jesiden ermordet, tausende Frauen und Mädchen wurden verschleppt und als Sklavinnen gequält. Viele überlebten die Torturen nicht. Die Vereinten Nationen bezeichnen die Taten als Völkermord. Mit dem Prozess gegen Jennifer W. wie auch den weiteren Verfahren in Deutschland gegen ehemalige Mitglieder des IS wegen Grausamkeiten gegen Jesiden demonstriert der Rechtsstaat, dass er nicht vergisst. Das sollten sich auch Schlächter und Terroristen jenseits des IS merken.
Der Fall Jennifer W. zeugt allerdings auch von dem Problem, das die Bundesrepublik mit Frauen im Islamismus hat. Von den mehr als 1000 Fanatikern, die zum IS reisten, war ungefähr ein Viertel weiblich. In der deutschen Salafistenszene geben zudem nach dem Niedergang der Terrormiliz zunehmend Frauen den Ton an. Sie bilden nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes eigene Netzwerke und radikalisieren sich und andere weiter. Die nächste Jennifer W. reist dann womöglich zu den Taliban in Afghanistan.

Da wächst ein Problem, mit dem sich Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft stärker befassen müssen. Und wer auch immer Horst Seehofer auf dem Posten des Bundesinnenministers folgt, sollte zu einer Strategie im Umgang mit islamistischen Fanatikerinnen beitragen. Die Härte einer Jennifer W. ist eine Warnung von vielen. Die Gefahr wächst, dass sich der Fall Safia S. wiederholt. Die IS-Fanatikerin stach 2016 in Hannover einem Polizisten in den Hals.

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