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Auch der Autoverkehr wäre von einer CO2-Steuer betroffen.

© Julian Stratenschulte/dpa

Update

„Historische Chance“: Wirtschaftsweise empfehlen CO2-Steuer zum Klimaschutz

Wie können Deutschlands Klimaziele für 2030 erreicht werden? Nur mit einer CO2-Steuer, sagen Ökonomen in einem Gutachten für die Bundesregierung.

Der Sachverständigenrat der Bundesregierung hält eine CO2-Steuer auf Sprit oder Heizöl für einen schnellen Weg zu den Klimazielen im Jahr 2030. Die Steuer müsse aber regelmäßig angepasst und die Einnahmen allein für den Klimaschutz verwandt werden, heißt es im am Freitag veröffentlichten Gutachten der "Fünf Weisen", das Kanzlerin Angela Merkel überreicht wird.

Ein CO2-Preis solle ein "zentrales klimapolitisches Instrument sein", erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt, am Freitag anlässlich der Übergabe des Gutachtens an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Entscheidend seien zudem Innovationen und ein global koordiniertes Vorgehen.

Aktuell gebe es die "historische Chance, die kleinteilige, teure und ineffiziente deutsche Klimapolitik so umzustellen, dass die Bepreisung von CO2 im Zentrum steht", erklärte Schmidt. Bei der Eindämmung des Klimawandels kann Deutschland nach Einschätzung der Wirtschaftsforscher international als Vorbild dienen indem die Bundesrepublik zeigt, dass die Klimaziele "auf volkswirtschaftlich effiziente Weise und ohne größere gesellschaftliche Verwerfungen zu erreichen sind".

Konkret sprechen sich die Wirtschaftsweisen dafür aus, einen sektorübergreifend einheitlichen Preis für Treibhausgasemissionen einzurichten.

Eine genaue Zahl für den CO2-Preis nennen die Wirtschaftsweisen in dem Gutachten nicht. Ottmar Edenhofer, ein Kooperationspartner von dem Sachverständigenratschef Schmidt, verwies aber auf „Spiegel Online“ auf Berechnungen seines Mercator-Instituts. Demnach sollte anfangs eine Tonne CO2 mit 50 Euro besteuert werden, der Preis sollte sich bis 2030 auf 130 Euro erhöhen. Das würde das Benzin zunächst um 14 Cent pro Liter teurer machen, später dann bis zu 37 Cent, sagte Edenhofer.

Eigentlich sei Emmissionshandel die bessere Lösung

Grundsätzlich bestehe das Ziel einer CO2-Bepreisung darin, "eine effiziente Lenkungswirkung zu erzielen, um die Treibhausgase über Verhaltensanpassungen zu reduzieren". Die zusätzlichen Einnahmen daraus sollten "rückverteilt" werden. "Sozial ausgewogen könnten etwa eine Kopfpauschale oder eine Stromsteuersenkung sein", erklärten die Forscher. Verhaltensanpassungen erleichtern könnten dabei begleitende Maßnahmen, wie etwa Prämien für den Austausch von Heizungen.

Die Experten machen allerdings deutlich, dass die Ausweitung des europäischen Handels mit CO2-Verschmutzungsrechten auf die Sektoren Verkehr und Gebäude eigentlich die bessere Lösung wäre. Der Weg dorthin müsse jetzt eingeleitet werden, damit das System spätestens 2030 greifen könne. Wegen der Abstimmungen innerhalb Europas gilt dies kurzfristig als nicht umsetzbar.

Braunkohle-Kraftwerke stoßen besonders viel CO2 aus.
Braunkohle-Kraftwerke stoßen besonders viel CO2 aus.

© Soeren Stache/dpa

Ein solcher Handel mit Rechten für Gas oder Öl allein Deutschland sei grundsätzlich auch eine Option, sei aber ebenfalls nicht schnell umzusetzen. "Die aktuelle Debatte bietet die historische Chance, die kleinteilige, teure und ineffiziente deutsche Klimapolitik so umzustellen, dass die Bepreisung von CO2 im Zentrum steht", erklärte Christoph Schmidt als Vorsitzender des Sachverständigenrates.

Um den Klimawandel insgesamt zu bekämpfen, sei aber eine weltweit abgestimmtes Vorgehen unverzichtbar. Deutschland könne als Vorbild zeigen, dass Klimaschutz effizient und ohne große gesellschaftlich Verwerfungen möglich sei.

Merkel lobt das Gutachten

Merkel bezeichnete das Sondergutachten, das die Bundesregierung bei dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in Auftrag gegeben, als "fundierte Grundlage". Zugleich sei die Bepreisung von CO2 ein "sehr komplexes" Thema, fügte sie mit Blick auf die Einbettung in den internationalen Kontext und soziale Aspekte hinzu.

Sie begrüßte, dass die Wirtschaftsweisen die Bundesregierung ermutigten, "marktwirtschaftliche Wege zu gehen" und nicht nur auf ordnungsrechtliche Maßnahmen zu setzen. Zugleich werde es noch "breite Diskussionen" und "keine einfachen Entscheidungen" geben, zeigte sich Merkel überzeugt.

Deutschland hinkt seinen internationalen Verpflichtungen besonders im Verkehr und im Gebäudesektor hinterher. Bis 2030 muss der Treibhausgas-Ausstoß um 55 Prozent gegenüber 1990 zurückgehen. Bislang sind dies nicht einmal 30 Prozent. Die Koalition hat vereinbart, bis Ende des Jahres ein Klimaschutzgesetz zu beschließen, mit dem das Ziel sicher erreicht wird.

Das sogenannten Klimakabinett will daher am kommenden Donnerstag konkrete Vorschläge zur Senkung des Treibhausgas-Ausstoßes von allen Ministerien sammeln und diskutieren. Auch ein CO2-Preis wird dabei eine Rolle spielen. Entscheidungen sollen bis September fallen. (dpa, Reuters)

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