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In Afghanistan setzt die Bundeswehr Drohnen schon ein - allerdings sind die unbewaffnet. Die SPD will nun klären, wie sie zu der neuen Waffe steht.

© AFP

Herta Däubler-Gmelins neue Aufgabe: Richterin über Kampfdrohnen

Ein SPD-Gremium soll klären, ob die Bundeswehr ihre Drohnen bewaffnen darf. Geleitet wird es von der Ex-Justizministerin. Doch schon gibt es Streit um seine Besetzung.

Von Hans Monath

Elf Jahre nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag und 18 Jahre nach dem Ende ihrer Amtszeit als Bundesjustizministerin übernimmt Herta Däubler-Gmelin für die SPD wieder eine politische Aufgabe. Die 77-jährige Juristin wurde vom Parteivorstand zur Chefin einer Projektgruppe ernannt, die untersuchen soll, was für oder gegen die Bewaffnung von Drohnen der Bundeswehr spricht.

Der Parteivorsitzende Norbert Walter-Borjans hatte gemeinsam mit Fraktionschef Rolf Mützenich Ende 2020 die Zustimmung der Sozialdemokraten zur Anschaffung der Waffen verhindert, obwohl SPD-Experten nach jahrelanger Debatte dem CDU-geführten Verteidigungsministerium sehr enge Regeln für deren Einsatz abgerungen hatten und die Entscheidung anstand. Begründung: Es sei noch keine breite gesellschaftliche Debatte über Kampfdrohnen geführt worden.

Der Berliner Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu trat deshalb als Fraktionssprecher für Verteidigungspolitik zurück, da er wie die sozialdemokratische Wehrbeauftragte Eva Högl der Meinung ist, dass Soldaten Anspruch auf bestmöglichen Schutz haben und nur Kampfdrohnen ihn gewährleistet können. Die Truppe und viele Sicherheitsexperten zeigten sich geschockt. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, sprach vom „moralischen Verludern einer ehemaligen Volkspartei“ und warnte, die SPD verrate ihre Tradition: „Helmut Schmidt würde sich im Grabe umdrehen.“

Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) soll der Expertenkommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" vorsitzen.
Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) soll der Expertenkommission zum Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co enteignen" vorsitzen.

© DPA

Das Agieren dieses SPD-Verteidigungsministers und späteren Kanzlers hatte Däubler-Gmelin noch aus nächster Nähe beobachten können, da sie erstmals 1972 in den Bundestag eingezogen war. Vor heftigen Debatten hatte die Politikerin aus Schwaben noch nie Angst, im Gegenteil: Ihre Schlagfertigkeit trug ihr den Spitznamen „Schwertgosch“ ein. Die Lust an der Zuspitzung beendete nach nur vier Jahren 2002 ihre Ministerkarriere: Sie hatte gesagt, die Methode, wie Präsident Bush mit Krieg von innenpolitische Problemen ablenken wolle, kenne man „seit Adolf Nazi“. Als erste Frau wurde sie 1988 stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD - und blieb das neun Jahre lang.

Walter-Borjans verteidigte am Dienstag die Zusammensetzung von Däubler-Gmelins Gremium gegen Kritik. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hatte auf Twitter moniert, ausgewiesene Expertinnen wie Ulrike Franke vom European Council on Foreign Relations (ECFR) fehlten in der Kommission, deren Besetzung sei einseitig, "SPD-KollegInnen mit Rang und Expertise" seien auf Druck von Ko-Parteichefin Saskia Esken verhindert worden. Der SPD-Politiker entgegnete, die FDPAbgeordnete solle "aus Hörensagen nicht einfach Behauptungen machen", die Projektgruppe sei "bewusst ausgewogen zusammengesetzt".

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Der Parteichef scheint erkannt zu haben, dass auch wegen der Drohnen-Entscheidung die Verlässlichkeit der SPD auf dem Feld der Sicherheitspolitik zunehmend bezweifelt wird. Am Wochenende versicherte er bei den Petersberger Gesprächen, er wolle eine gut ausgerüstete Bundeswehr und stehe zur Nato. Die Drohnen-Gruppe, so kündigte er an, solle bis Spätsommer/Herbst ein Ergebnis vorlegen. Damit ist klar: Vor der Bundestagswahl will die SPD die heikle Fragen nicht entscheiden.

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