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Matroschka-Puppen mit den Konterfeis des russischen Präsidenten Putin und US-Präsident Trump in Helsinki

© dpa/Timo Jaakonaho/Lehtikuva

Helsinki: Worum geht es Putin und Trump beim Gipfeltreffen?

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist angespannt. In Finnland kommen die Präsidenten beider Länder nun zu Konsultationen zusammen.

Das Treffen in Helsinki erinnert an die großen Ost-West-Gipfel in der Zeit des Kalten Krieges: An diesem Montag kommen US-Präsident Donald Trump und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin in der finnischen Hauptstadt zusammen. Seit Jahren ist ein amerikanisch-russischer Gipfel nicht mehr mit so viel Spannung erwartet worden.

Welche Bedeutung hat das Treffen?

Trump und Putin sind sich seit der Amtseinführung des US-Präsidenten bereits zwei Mal begegnet: erst am Rande des G-20-Gipfels in Hamburg und später beim Treffen der Apec-Staaten in Vietnam. Die Begegnung in Helsinki ist jedoch ihr erstes echtes Gipfeltreffen. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind derzeit angespannt. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte sich noch um einen „Reset“ im Verhältnis zu Russland bemüht. Doch Moskaus Intervention in der Ukraine, der Krieg in Syrien und vor allem die russischen Einmischungsversuche im US-Wahlkampf, die derzeit Gegenstand von Ermittlungen sind, haben das Verhältnis schwer belastet. Das Thema Russland hat in den vergangenen anderthalb Jahren auch die innenpolitische Debatte in den USA stark dominiert: Der Sonderermittler Robert Mueller untersucht, welche Kontakte es zwischen Trumps Team und dem Kreml gab. Immer wieder kamen in dieser Zeit neue fragwürdige Verbindungen ans Licht. Gleichzeitig hat Trump jede Kritik an Putin und an der Menschenrechtslage in dem autoritär regierten Land vermieden.

Wie läuft der Gipfel in Helsinki ab?

Für Trump beginnt der Gipfeltag am Morgen in der Residenz des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö auf der Halbinsel Mäntyniemi. Während sich die Staatschefs zum Gespräch zurückziehen, treffen sich Melania Trump und Finnlands First Lady Jenni Haukio zum gemeinsamen Frühstück. Putin reist erst am Vormittag an, er hat am Sonntag noch das Finale der Fußball-WM im Moskauer Luschniki-Stadion verfolgt. Gegen Mittag beginnt der eigentliche Gipfel mit einem Vier-Augen-Gespräch von Putin und Trump im Präsidentenpalais, dem Amtssitz des finnischen Staatschefs. Auf diese Begegnung soll dann ein Arbeitsmittagessen im größeren Kreis folgen. Zum Abschluss des Gipfels wollen Trump und Putin eine gemeinsame Pressekonferenz geben.

Welche Auswirkungen haben die jüngsten Anklagen gegen russische Geheimdienstler auf das Treffen?

Nur drei Tage vor dem Gipfel in Helsinki erhob die US-Justiz Anklage gegen zwölf Russen, die dem Militärgeheimdienst GRU angehören sollen. Ihnen wird zur Last gelegt, Hackerangriffe auf Server der US-Demokraten ausgeführt, Dokumente gestohlen und später zur Veröffentlichung weitergegeben zu haben, um die Wahlen in den USA 2016 zu beeinflussen. Die Anklagen basieren auf Erkenntnissen des US-Sonderermittlers Robert Mueller. Bereits im Januar 2017 waren die US-Nachrichtendienste zu dem Ergebnis gekommen, Putin persönlich habe 2016 eine „Einflusskampagne“ angeordnet, die auf die US-Wahl abzielte. Die am Freitag veröffentlichte Anklageschrift zeigt nun detailliert, wie dieser Angriff offenbar ablief. Damit wächst der Druck auf Trump, das Thema beim Gipfel mit Putin anzusprechen. Eigentlich hat er kein großes Interesse daran, die Rolle Moskaus im US-Wahlkampf zum Thema zu machen. Schließlich bezeichnet er selbst die Ermittlungen und die Medienberichte gern als „Hexenjagd“. Als Trump Putin im vergangenen Jahr fragte, ob dieser sich in den US-Wahlkampf eingemischt habe, verneinte der russische Präsident dies – aus Trumps Sicht war das Thema damit offenbar erledigt. So einfach könnte es diesmal für ihn nicht werden.

Was könnte noch beim Gipfel zum Thema werden?

Die US-Regierung hat im April neue Sanktionen gegen russische Regierungsvertreter und Oligarchen verhängt. Diese Strafmaßnahmen sind für den Moskauer Machtzirkel deutlich schmerzhafter als vorige Sanktionsrunden. Putin könnte grundsätzlich eine Rücknahme der gegen Russland verhängten Sanktionen ins Gespräch bringen – damit wären die beiden Staatschefs allerdings auch schon mitten im Thema Ukraine. Die Annexion der Krim und die russische Militärintervention im Donbass waren der Grund für die Sanktionen gegen Russland. Bewegung im seit Jahren festgefahrenen Friedensprozess für die Ostukraine wäre dringend nötig, doch über die konkrete Gestaltung einer möglichen Mission von UN-Blauhelmen gibt es keine Einigkeit zwischen Russland und dem Westen.

Auch der Krieg in Syrien wird voraussichtlich Thema beim Gipfel in Helsinki: Die USA unterstützen den Wunsch Israels, die Präsenz des Iran in Syrien einzudämmen. Dabei geht es insbesondere um Kämpfer der vom Iran geförderten Hisbollah im Grenzgebiet zu Israel. Russland ist in dem Konflikt nicht nur Verbündeter des syrischen Regimes, sondern auch des Iran.

Seit dem Kalten Krieg steht außerdem ein weiteres Thema traditionell auf der Tagesordnung solcher Ost-West-Gipfel: die Abrüstung. Im Jahr 2010 hatten Barack Obama und Dmitri Medwedew in Prag einen neuen Vertrag zur Verringerung strategischer Atomwaffen („New Start“-Vertrag) unterzeichnet. Das Abkommen läuft 2020 aus, so dass bald über eine Verlängerung verhandelt werden müsste. Doch nach einer neuen Abrüstungsinitiative sieht es derzeit kaum aus. Vielmehr werfen die Amerikaner Moskau vor, den Vertrag über nukleare Mittelstreckenraketen zu verletzen.

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Welche Befürchtungen gibt es in Europa?

Europäische Diplomaten und deutsche Politiker blicken mit Sorge auf den Gipfel in Helsinki. Befürchtet wird, dass Trump, der sich für einen ausgezeichneten „Dealmaker“ hält, im Vier-Augen-Gespräch mit Putin unabgestimmte Zugeständnisse machen könnte. So sagte Trump einige Wochen vor dem Gipfel auf die Frage von Journalisten, ob er die Annexion der Krim akzeptieren wolle: „Das werden wir sehen müssen.“ Seitdem sind US-Regierungsvertreter damit beschäftigt, ihren europäischen Partnern zu versichern, dass die amerikanische Position zur Krim unverändert und nicht verhandelbar ist. Allerdings soll Trump bereits beim G-7-Gipfel in Kanada seinen überraschten Amtskollegen erklärt haben, die Krim sei russisch, weil die Menschen dort Russisch sprächen.

Ein weiteres Thema, bei dem Zugeständnisse Trumps befürchtet werden, ist das US-Engagement im Rahmen der Nato. Beim Gipfel des Bündnisses in Brüssel kündigte Trump an, er wolle mit Putin über ein Ende der US-Manöver im Baltikum reden. Im Juni hielten mehrere Nato-Staaten unter Führung der USA ein großes Manöver in Polen und den baltischen Staaten ab. Seit der russischen Intervention in der Ukraine setzen die osteuropäischen Staaten auf eine stärkere Präsenz der Nato. Dass die Sorge, Trump könne die US-Beteiligung an den Manövern im Alleingang absagen, durchaus berechtigt ist, hat sein Gipfeltreffen mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un gezeigt: In Singapur erklärte der US-Präsident kurzerhand den Verzicht auf gemeinsame Militärübungen mit Südkorea, ohne diesen Schritt zuvor mit seinen Partnern in Seoul abgestimmt zu haben.

Was wollen beide Seiten erreichen?

Bereits der Nato-Gipfel in Brüssel hat gezeigt, dass Trump auf seiner Europa-Reise in erster Linie das US-Publikum im Blick hat. Mit der Drohung, notfalls „sein eigenes Ding“ zu machen, falls die Nato-Partner nicht ihre Verteidigungsausgaben erhöhten, versetzte er das Bündnis in Krisenstimmung. Am Ende bekräftigten alle einmal mehr die längst vereinbarten Ziele – doch Trump verkaufte das später in seiner Pressekonferenz als großen Erfolg: Nur durch seinen Druck, so die Lesart für das heimische Publikum, hätten sich die Europäer überreden lassen, „Milliarden Dollar“ locker zu machen.

Auch die finnische Hauptstadt wird Trump mit einem Ergebnis verlassen wollen, das er seinen Anhängern als seinen persönlichen Erfolg verkaufen kann. Genau das erhöht allerdings auch die Wahrscheinlichkeit, dass er deshalb zu Zugeständnissen bereit sein könnte.

Putin wird in den Gesprächen wahrscheinlich die besseren Karten haben als sein amerikanischer Gesprächspartner, weil er weniger darauf angewiesen ist, mit einem Erfolg nach Hause zu fahren. Ein solches Treffen mit den USA auf Augenhöhe hat der Kreml lange angestrebt. Unvergessen ist in Moskau der Satz von Trumps Vorgänger Obama, der Russland als „Regionalmacht“ schmähte. Dass es diesen Gipfel überhaupt gibt – trotz der Kriege in Syrien und der Ukraine, trotz des Skandals um den in Großbritannien vergifteten russischen Ex-Spion Sergej Skripal und vor allem trotz der russischen Einmischung in den US-Wahlkampf –, könnte der Kreml deshalb schon als Erfolg für sich verbuchen.

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