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Ein Bild der niederländischen Küstenwache zeigt drei Container der "MSC Zoe"

© REUTERS/Dutch Coastguard/Handout

Update

Havarie der „MSC Zoe“ in der Nordsee: „Die Kollisionsgefahr ist sehr hoch“

Obwohl die Einsatzkräfte bereits einige Container der „MSC Zoe“ gesichtet haben, läuft die Bergung schleppend. Für Fischer könnte das gefährlich werden.

Nach der Havarie der „MSC Zoe“ in der Nordsee sind bislang rund 20 Container in deutschen Gewässern gesichtet oder per Sonar geortet worden. Nach Angaben des Havariekommandos konnten sie aber noch nicht geborgen werden. Die Wettersituation erschwere mit fünf Meter hohen Wellen die Bergung, eine Suche aus der Luft sei nicht möglich, hieß es am Samstag in einer Mitteilung.

Die im Meer treibenden Container können für Kutter- und Küstenfischer gefährlich werden. Wenn Container knapp unter der Wasseroberfläche treiben, können sie vom Radar der Schiffe nicht geortet werden. „Die Kollisionsgefahr ist sehr hoch“, sagte der Sprecher des Deutschen Fischerei-Verbandes, Claus Ubl, der dpa. Zudem könnten sich Fanggeschirre oder Netze an Containern verhaken, die auf den Meeresboden gesunken sind. „Schlimmstenfalls kann dies zum Kentern des Schiffes führen“, warnte Ubl.

Nach Ermittlungen der Wasserschutzpolizei verlor die „MSC Zoe“ bei stürmischer See vermutlich an zwei Positionen Container. Ein Punkt liegt den Angaben zufolge rund 22 Kilometer nördlich der niederländischen Insel Ameland, der zweite rund 22 Kilometer nordwestlich von Borkum. Insgesamt gingen in der Nacht zum Mittwoch über 270 Container über Bord. Die „MSC Zoe“ gehört zu den größten Containerschiffen der Welt und hatte rund 8000 Container geladen. Das Schiff kam aus der portugiesischen Hafenstadt Sines und wird derzeit in Bremerhaven entladen.

Das Havariekommando beauftragte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, mit den Positionsdaten ein Driftmodell zu erstellen, um den wahrscheinlichen Weg der treibenden Container und Ladung verfolgen zu können. Im Einsatz sind die Mehrzweckschiffe „Neuwerk“ und „Mellum“, die Tonnenleger „Gustav Meyer“ und „Norden“, das Spezialschiff „Wega“, das Bundespolizeiboot „Bad Bramstedt“ und das Zollboot „Borkum“.

Die Reederei MSC machte indes noch einmal explizit klar, dass sie alle Kosten für die Bergungsaktion „in voller Höhe“ übernimmt. „Die Suche geht weiter, bis der letzte Container gefunden ist“, teilte MSC am Samstag mit.

Zwei der über Bord gegangenen Container enthielten Gefahrgut. In einem Fall handelt es sich um Dibenzoylperoxid, das zur Härtung von Harzen oder als Bleichmittel genutzt wird. Im zweiten vermissten Gefahrgutcontainer waren Lithiumionenbatterien. Laut Havariekommando ist die Mehrzahl der Container und der Ladung an den niederländischen Inseln angespült worden. Dort waren die Strände teils übersät von Glühlampen, Plastikspielzeug, Schuhen, TV-Flachbildschirmen und Gefrierschränken.

Fundunterschlagung: Vorsicht beim Strandspaziergang

In den Niederlanden ist es nicht strafbar, angespülte Waren mitzunehmen. Nur geschlossene Container dürfen nicht geöffnet werden. Wer hierzulande angespülte Gegenstände mitnimmt, riskiert eine Anzeige wegen Fundunterschlagung.

Die niederländische Armee und zahlreiche Bürger setzten am Samstag die Aufräumarbeiten auf den friesischen Wattenmeer-Inseln fort. Hunderte Bürger waren nach Angaben der Behörden in Leeuwarden vom Festland mit Fähren auf die Inseln Terschelling und Schiermonnikoog gefahren, um Strände und Dünen zu säubern. Wie lange die Aktion dauern sollte, ist unklar, da ständig neues Treibgut angespült wird.

Strandgut an der Nordsee nach der Havarie von 270 Containern im Sturm
Strandgut an der Nordsee nach der Havarie von 270 Containern im Sturm

© AFP/Remko de Waal

Auch an den Stränden Borkums wurden zahlreiche Ladungsreste eingesammelt. „Darunter sind Fernseher, Matratzenschoner, Spielzeug und Fahrradteile“, sagte ein Sprecher des Havariekommando am Samstagabend. Rund 200 Menschen hätten dabei geholfen, den Strand auf einer Länge von 15 Kilometern von rund 23 Kubikmetern Ladung zu säubern. Das entspreche etwa der Füllung eines Lastwagens, erklärte der Sprecher weiter. An den benachbarten Inseln Juist und Norderney wurde bislang laut Havariekommando keine Ladung angespült.

Die Bundesregierung hofft, dass künftig Peilsender in Containern weltweit eingesetzt werden. "Als Bundesregierung setzen wir uns aktiv dafür ein, dass es zu einer Einigung für den Einsatz von Peilsendern auf internationaler Ebene kommt", sagte der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann (CDU), der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Nationale Maßnahmen nicht zielführend

Eine derartige verpflichtende Ausstattung könne nur sinnvoll im Rahmen der international geltenden Regularien eingeführt werden. Eine solche Maßnahme allein auf nationaler Ebene halte er für nicht zielführend. Gerade bei Gefahrgutcontainern sei es wichtig, "dass sie schnellstmöglich geborgen werden, damit der Inhalt nicht ins Meer abgegeben wird. Je schneller die Container auffindbar sind, umso besser", sagte Brackmann.

Nach Angaben des maritimen Koordinators debattiert die Internationale Maritime Organisation (IMO) über das Thema verpflichtende Peilsender schon seit einiger Zeit. "Bei über 170 Mitgliedsstaaten ist das allerdings ein Prozess, der durchaus einige Jahre in Anspruch nehmen kann", sagte Brackmann.

Ob Deutschland Konsequenzen aus dem Fall des Container-Unglücks auf der Nordsee ziehen wird, ist nach Ansicht des maritimen Koordinators noch offen: "Zunächst einmal müssen die genauen Gründe für die Havarie erkundet werden. Daran arbeitet das Havariekommando in Cuxhaven", sagte Brackmann. (dpa, AFP)

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