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Wegen des Shutdown stapelt sich der Müll vor dem Washington-Monument in der amerikanischen Hauptstadt, weil die Angestellten nicht zur Arbeit gehen können.

© Eric Baradat/AFP

Haushaltsstreit in den USA: Donald Trump überholt Bill Clinton

Seit diesem Samstag ist der Regierungsstillstand der längste der Geschichte – der Präsident bleibt aber stur und geht damit ein hohes Risiko ein.

Seit Samstag früh ist es amtlich: Donald Trump hat den längsten. Nie zuvor hat ein „Government Shutdown“, die zwangsweise Schließung der meisten Ministerien und Behörden der USA, so lange gedauert. Seit 22 Tagen müssen 800000 Bedienstete unfreiwillig und unbezahlt zu Hause bleiben, weil die beiden politischen Lager sich auf kein Haushaltsgesetz einigen können. Streitpunkt ist die Forderung des US-Präsidenten nach 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko.

800.000 erhalten Gehaltsabrechnung mit Auszahlungsbetrag "0"

Der Freitag war der erste Zahltag, an dem Staatsangestellte Gehaltsabrechnungen mit der Auszahlungssumme "0" erhielten. Ein Kompromiss, der den Machtkampf zwischen der demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus sowie dem republikanischen Präsidenten und der republikanischen Mehrheit im Senat beenden kann, ist nicht in Sicht. Trump droht mit Maßnahmen, die als Rechtsbruch gelten: der Ausrufung des nationalen Notstands oder der Umwidmung von Haushaltsmitteln gegen den Willen des Kongresses.

Der bisherige Rekord fiel in Bill Clintons Amtszeit: 21 Tage blieb die US-Verwaltung im Dezember 1995 und Januar 1996 geschlossen. Der Machtkampf damals war Teil der „konservativen Revolution“, mit der Newt Gingrich, republikanischer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, den Präsidenten zu Budgetkürzungen zwingen wollte. Clinton legte sein Veto gegen den Haushaltsentwurf des Kongresses ein. Der Konflikt endete mit einem Kompromiss: Die Kürzungen fielen geringer aus, flankiert von moderaten Steuererhöhungen, um einen ausgeglichenen Etat zu erreichen. 46 Prozent der Bürger gaben den Republikanern die Schuld an dem unpopulären Regierungsstillstand, 27 Prozent Clinton. Bei der Wahl 1996 verloren die Republikaner acht Sitze, behielten aber die Mehrheit im Repräsentantenhaus.

Die Statistik verzeichnet 21 „Shutdowns“ seit 1976. Der drittlängste, 17 Tage, fiel im September und Oktober 1978 in die Amtszeit des demokratischen Präsidenten Jimmy Carter; der viertlängste, 16 Tage, im September und Oktober 2013 in die Amtszeit des Demokraten Barack Obama. Trump ist aber nicht der erste republikanische Präsident mit einem Regierungsstillstand. Dieses Machtmittel wurde auch gegen Gerald Ford, George H. W. Bush und besonders häufig gegen Ronald Reagan eingesetzt.

Die Ratingagentur Fitch warnt bereits, dass der Regierungsstillstand die US- Wirtschaft schädige. Die Kreditwürdigkeit – bisher die Bestnote „AAA“ – sei gefährdet, sagte Fitch-Experte James McCormack.

Die beiden politischen Lager in Washington beharren auf ihren Positionen. Trump verlangt 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau. Ein Budgetgesetz, in dem dieser Betrag fehle, werde er nicht unterzeichnen. Die Demokraten halten das für Geldverschwendung. Sie wollen nur 1,3 Milliarden Dollar für den Ausbau bestehender Grenzzäune und elektronische Überwachungstechnik bewilligen. Das Budgetrecht liegt beim Parlament. Ein Haushalt wird erst gültig, wenn beide Kammern des Kongresses, das Repräsentantenhaus und der Senat, sich eine gleichlautende Fassung beschlossen haben und der Präsident das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzt. Im Repräsentantenhaus haben die Demokraten die Mehrheit, im Senat die Republikaner.

Die Schließung trifft vor allem die sozial Schwachen

Wegen der Schließung der Ministerien und Behörden bleibt die US-Verwaltung den Bürgern viele Dienstleistungen schuldig. Oft trifft das zuerst die sozial Schwachen. Zum Beispiel werden keine Lebensmittelmarken an Arme ausgeteilt. Rentner müssen auf ihre monatlichen Schecks warten. Steuererstattungen bleiben liegen. Nationalparks sind geschlossen oder erlauben zwar die Einfahrt, betreuen die Besucher aber nicht.

Die Staatsbediensteten erhalten keine Bezahlung. 800000 müssen unfreiwillig zu Hause bleiben. Angestellte, die für Sicherheit und unverzichtbare Staatsaufgaben zuständig sind, müssen unbezahlt arbeiten – zum Beispiel auch die Grenzschützer, die Trump am Donnerstag in Texas in der Gemeinde McAllen besuchte. US-Dienststellen im Ausland bleiben geöffnet und sind eingeschränkt tätig, auch die Botschaft und das Konsulat in Berlin. Visaanträge werden bearbeitet. Rein repräsentative Aufgaben, darunter Empfänge, sind nicht gestattet.

Am späten Freitagabend beschloss der Kongress mit großer überparteilicher Mehrheit, dass die Angestellten eine Nachzahlung der ausgefallenen Gehälter erhalten sollen - aber erst, wenn der Regierungsstillstand beendet ist. Auch bei früheren „Shutdowns“ war es üblich, dass der Kongress im Nachhinein die Fortzahlung der Gehälter genehmigte. Familien, die wenig verdienen, laufen Gefahr, ihre Ersparnisse aufzubrauchen, je länger der „Shutdown“ dauert. Trump steht stärker als die Demokraten unter Druck, zu einem Ende des Regierungsstillstands beizutragen. Eine Mehrheit der Bürger gibt ihm die Schuld für die Blockade. Der Präsident bekräftigte jedoch auch am Donnerstag und Freitag, dass er nicht nachgeben werde.

Trump will jetzt Gelder für Katastrophenhilfe für Mauerbau umwidmen

Das Weiße Haus verbreitete zwei Vorschläge, wie Trump die Mauer unter Umgehung des Kongresses und dessen Budgetrecht bauen könne. Schon seit Tagen betont der Präsident, er könne den nationalen Notstand ausrufen. Im Ausnahmezustand erhielte er Sondervollmachten. Unter anderem könnte er das Militär beauftragen, die Mauer zu bauen. Es hat ein „Ingenieur-Korps“, das unter anderem für Deichsysteme und andere Infrastruktur zuständig ist. Vizepräsident Mike Pence bekräftigte am Donnerstag, Trump habe vor, den Notstand auszurufen.

Die „New York Times“ und das „Wall Street Journal“ berichteten parallel, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner habe sich gegen diese Variante ausgesprochen. Die öffentliche Meinung könne ein solches Vorgehen als eklatanten Missbrauch der Notstandsregeln verstehen. Eine Alternative sei der Rückgriff auf Gelder, die der Kongress bereits für andere Zwecke bewilligt habe, konkret: auf die Mittel für die Katastrophenhilfe nach den Zerstörungen in Puerto Rico, Florida und Texas durch Wirbelstürme sowie in Kalifornien durch Waldbrände und Schlammlawinen. Dieser Haushaltstitel enthalte auch ein Budget für öffentliche Infrastrukturmaßnahmen nach diesen Naturkatastrophen. 13,9 Milliarden Dollar davon seien noch nicht ausgegeben.

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