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Auch die Räume der Webseite Tut.by wurden durchsucht und Journalisten festgenommen.

© Viktor Drachev/imago/ITAR-TASS

Hausdurchsuchungen: Korrespondent der Deutschen Welle in Weißrussland verhaftet

Rund ein dutzend Journalisten sind in Weißrussland festgenommen worden. Der Vorwurf gegen sie: Illegales Abschöpfen von Inhalten der staatlichen Nachrichtenagentur.

In Weißrussland sind mehrere Journalisten festgenommen worden, darunter ein Korrespondent der Deutschen Welle (DW). Der deutsche Auslandssender teilte in Bonn mit, dass der DW-Mitarbeiter Paulyuk Bykowski am Mittwoch verhaftet worden sei. Zuvor hätten Vertreter weißrussischer Behörden die Wohnung des Journalisten durchsucht, der für die russischsprachige Redaktion der DW arbeite.

Die Deutsche Welle hat nach eigenen Angaben beim Botschafter der Republik Weißrussland in Berlin Protest gegen die Verhaftung eingelegt und die sofortige Freilassung Bykowskis gefordert. Zudem habe man den Botschafter darauf hingewiesen, dass man rechtsstaatliches Vorgehen gegenüber akkreditierten Journalisten erwarte.

Zunächst wurde er als Zeuge mitgenommen

Der Korrespondent hatte am Mittwochmorgen über Facebook und Twitter mitgeteilt: „Das Ermittlungskomitee ist zu mir gekommen.“ Kurz darauf habe seine Frau die Durchsuchung bestätigt, erklärte der Sender. Die Staatsanwaltschaft habe ein Durchsuchungsbefehl vorgelegt und Bykowski gegenüber deutlich gemacht, ihn vorerst als Zeugen mitzunehmen. Unter anderem Computer, Tablets, Telefone und Bankkarten seien bei der rund zweistündigen Aktion beschlagnahmt worden.

Nach Angaben der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ waren bereits am Dienstag in Minsk die Redaktionsräume der unabhängigen Nachrichtenagentur BelaPAN und des Nachrichtenportals tut.by von der Polizei durchsucht worden. Dabei seien mindestens vier Journalisten festgenommen worden. Mitarbeitern der beiden Redaktionen werde vorgeworfen, illegal auf kostenpflichtige Inhalte der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zugegriffen zu haben. Paulyuk Bykowski hatte laut DW dazu als Medienexperte beim Sender Euroradio Stellung genommen. Auf das den Journalisten vorgeworfene Vergehen stünden in Weissrussland bis zu zwei Jahre Haft, meldete die russische Agentur Tass aus Minsk.

Der Chefredakteur des Portals „realt.by“, Wladislaw Kulezki, sagte dem Sender Radio Free Europe, er sei mit drei Kollegen festgenommen worden. Auch mehrere Zeitungsredaktionen wurden durchsucht. Der OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, Harlem Désir, sprach von „völlig unverhältnismäßigen Maßnahmen“ der weißrussischen Behörden. Das Land zwischen Polen und Russland wird seit 24 Jahren von Präsident Alexander Lukaschenko mit polizeistaatlichen Mitteln regiert.

Die Bundesregierung ist über den Vorgang informiert

Das Auswärtige Amt erklärte, die Bundesregierung habe „in dieser Sache gegenüber der weißrussischen Seite ein verhältnismäßiges Vorgehen“ angemahnt. Die Behörden in Weißrussland seien aufgefordert, die Medien- und Meinungsfreiheit zu achten und von unverhältnismäßigem Vorgehen gegen Journalisten abzusehen. Die Bundesregierung verfolge die Entwicklungen vor Ort weiter sehr aufmerksam.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von „Reportern ohne Grenzen“ liegt Weißrussland auf Platz 155 von insgesamt 180 Ländern. 2017 wurden dort demnach mindestens 100 Journalisten kurzzeitig festgenommen und mehr als 60 verurteilt, weil sie für Medien mit Sitz im Ausland arbeiteten. (epd/dpa)

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