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Die Polizei steht in den sozialen Netzwerken von neuen Herausforderungen.

© Paul Zinken/dpa

Hass im Netz: Hohe Aufklärungsquote bei Hate Speech

Hasskommentare sind menschenverachtend – und sie sind ein Tatbestand des Strafrechts. Wie Betroffene und ihre Angehörigen dagegen vorgehen können.

Von Fatina Keilani

De mortuis nil nisi bene – so viel Latein kann fast jeder. Über die Toten nur Gutes also, das scheint moralisch geboten, schließlich können sie sich nicht mehr wehren. Doch nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist das Netz voller Hasskommentare, die Polizei ermittelt.

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Beleidigung ist auch dort strafbar, und sie wird verfolgt. Die „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“ regelt Paragraf 189 des Strafgesetzbuchs – im Kapitel über Beleidigungen, zu denen auch üble Nachrede und Verleumdung gehören. Bei der Verunglimpfung ist der Beleidigte im Augenblick der Schmähung tot, das geht aus dem Wortlaut hervor, dann stehen bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe darauf. Das geschützte Rechtsgut ist beim Lebenden die Ehre; beim Toten sind es das Pietätsempfinden der Angehörigen und die über den Tod hinausreichende Menschenwürde. Persönliche Ehre im Rechtssinne besitzt der Verstorbene nicht mehr.

Beleidigungen werden grundsätzlich nur auf Antrag verfolgt, denn so kann jeder selbst entscheiden, ob er sich beleidigt fühlt. Da der Tote sich nicht mehr dazu verhalten kann, geht das Recht auf seine Angehörigen über, und zwar in der Reihenfolge ähnlich wie im Erbrecht – zuerst also auf Ehegatten und Kinder, dann auf die Eltern, und falls es auch die nicht gibt, auf Geschwister und Enkel.

Ist ein noch lebender Beleidigter Amtsträger, so kann auch der Dienstvorgesetzte den Antrag stellen. Bei einem toten Amtsträger gilt das nicht. Den Antrag kann jeder Berechtigte selbstständig stellen. Wenn Juristen „grundsätzlich“ schreiben, gibt es Ausnahmen, so auch hier. Werden verstorbene Opfer der Nationalsozialisten im Internet verunglimpft, so schreitet der Staat von selbst ein, ebenso wenn Hasspostings strafbare Inhalte haben, die etwa als Volksverhetzung oder Aufforderung zu Straftaten einzustufen sind.

Die Aufklärungsquote bei Hate Speech ist recht hoch und steigt weiter. Das liegt vor allem an zwei Faktoren, die Ermittlern die Arbeit erleichtern: Dummheit der Täter und Verfügbarkeit von Daten. Wer unter seinem Klarnamen hetzt, den hat die Polizei schnell. Die Provider sind verpflichtet, Verbindungsdaten mitzuschreiben und drei Monate aufzubewahren. Kleistert jemand anonym von zu Hause das Netz mit seinem Hass voll, so kann und muss der Provider den Ermittlern sagen, von welchem Anschluss dies geschah. In großen Firmennetzwerken und bei Institutionen wie dem Bundestag wird ebenfalls alles aufgezeichnet, wie sich schon manches Mal zeigte.

De mortuis nil nisi bene, das kann auch heißen, über die Toten solle nur „gut“ im Sinne von „wahr“ gesprochen werden.

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