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Anhänger der rechtsextremen Partei "III. Weg".

© Sebastian Willnow/AFP

Update

„Hängt die Grünen“-Plakate dürfen bleiben: Stadt Zwickau will gegen Gerichtsbeschluss vorgehen

Die Stadt möchte Beschwerde einlegen, um die Plakate entfernen zu können. Auch der Ostbeauftragte Marco Wanderwitz und das Auschwitz-Komitee üben Kritik.

Die Stadt Zwickau will gegen den Gerichtsbeschluss vorgehen, der der rechtsextremen Splitterpartei „III. Weg“ erlaubt, die Plakate mit dem Slogan „Hängt die Grünen“ in Zwickau weiter aufzuhängen. Das Verwaltungsgericht Chemnitz gab einem Eilantrag des „III. Wegs“ statt, wie es am Dienstag mitteilte - allerdings unter der Auflage, dass die Plakate einen Abstand von 100 Metern zu den Plakaten der Grünen haben müssen.

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Die Kommune halte die Entscheidung für falsch und werde deshalb beim Oberverwaltungsgericht Bautzen Beschwerde einlegen, um die Entfernung der Plakate zu erreichen, teilte Zwickau am Dienstagnachmittag mit.

Am Vormittag hatte das Verwaltungsgericht Chemnitz bekannt gegeben, dass es einem Eilantrag des „III. Wegs“ stattgibt. Das Verwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass es auf Grundlage der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze für Wahlwerbung offen sei, ob die Voraussetzungen für einen Eingriff in die Meinungsfreiheit vorlägen. Bei der Interessensabwägung hielt es die Kammer demnach für angemessen, durch die räumliche Trennung eine „losgelöste Wahrnehmung“ der Plakate des „III. Wegs“ und deren „kommunikatives Anliegen nicht zu beeinträchtigen“.

Die Partei hatte sich gerichtlich gegen einen Beschluss der Stadt Zwickau vom vergangenen Mittwoch gewehrt, dass sie ihre Plakate innerhalb von drei Tagen abhängen sollte. Geschehe das nicht, werde die Kommune die Plakate selbst entfernen, sagte Zwickau. Das Chemnitzer Gericht entschied dazu laut Mitteilung vom Dienstag, dass die Plakate der Partei mit Abstand zu Grünen-Wahlwerbung weiter hängen bleiben dürfen.

Inhaltlich mache es keinen Unterschied, ob die Plakate 100 Meter entfernt hingen, sagte die Zwickauer Oberbürgermeisterin Constance Arndt (parteilos). „Die Aufforderung, die Grünen zu hängen, ist und bleibt vollkommen indiskutabel, undemokratisch und unverantwortlich!“

Auch das Internationale Auschwitz Komitee kritisierte die Entscheidung. Die Plakate mit einer unverhohlenen Aufforderung zum Mord im Bundestagswahlkampf in Sachsen zu belassen, sei nach Halle und Hanau absolut verantwortungslos, erklärte es. Die Begründung des Gerichts sei ebenso absurd wie das Urteil selbst und lasse nicht nur Überlebende des Holocaust im Blick auf das Gericht und im Blick auf die nun wieder tolerierte Hasspropaganda von Rechtsextremen fassungslos zurück.

Ostbeauftragter Wanderwitz kritisiert Gerichtsbeschluss

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz zu den umstrittenen Hassplakaten im sächsischen Zwickau nun mit deutlichen Worten kritisiert. Dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ sagte der CDU-Politiker, das Urteil mache ihn „ein Stück weit sprachlos“. Er fügte hinzu: „Und das verstehe ich nicht unter wehrhafter Demokratie.“

Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke liege noch nicht so weit zurück, erinnerte der Ostbeauftragte. „Die einen sind Täter, die anderen sind geistige Brandstifter. In diese zweite Kategorie ordne ich das Plakat ein“, betonte Wanderwitz.

Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt sagte: „Die Aufforderung, die Grünen zu hängen, ist und bleibt vollkommen indiskutabel, undemokratisch und unverantwortlich!“ Dabei mache es inhaltlich keinen Unterschied, „ob die Plakate hier oder 100 Meter weiter hängen“. „Gegen das Urteil werden wir jetzt Beschwerde einlegen“, sagte Arndt am Mittwoch im Bayerischen Rundfunk.

Man bleibe bei der Auffassung, dass die Plakate „Grenzen überschreiten, menschenverachtend und demokratiegefährdend sind. Daher wollen wir von unserer Position nicht abweichen.“ Zudem folgten Worten oft Taten - „und ich möchte das einfach gar nicht herausfinden, ab wann das ist“.

Weil sie „es wichtig finde, dass wir als Gesamtgesellschaft hier zusammenstehen“, unterstützt Arndt das Vorhaben der Grünen, gegen die Wahlplakate zu klagen. Dieses Mal hätten sich die Rechtsextremen auf die Grünen bezogen, das nächste Mal sei vielleicht eine andere Gruppe dran. Das sollte jedem klar sein - „von daher gibt es da gar kein Abweichen“, sagte Arndt. (dpa, kna, epd, AFP)

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