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Annegret Kramp-Karrenbauer (M), CDU-Vorsitzende, Malu Dreyer (r), kommissarische SPD-Vorsitzende, und Markus Söder, CSU-Vorsitzender, geben nach dem Koalitionsausschuss Statements.

© Soeren Stache/dpa

Update

Grundrente in der Übersicht: Wer auf mehr Geld hoffen darf, wer nicht

Die Große Koalition hat sich auf einen Kompromiss bei der Grundrente geeinigt. Kritik kommt von der FDP und Linkspartei, aber auch aus Union und SPD.

Die Koalition hat ihren Streit um die Grundrente beigelegt. Man habe nach langen Verhandlungen einen dicken Knoten durchgeschlagen und eine auch für die CDU vertretbare Lösung gefunden, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntag in Berlin nach der Einigung des Koalitionsausschusses auf Regeln für eine Grundrente.

Kramp-Karrenbauer bezeichnete den Kompromiss im Streit um die Grundrente als wichtigen Beitrag im Kampf gegen Altersarmut.

SPD nennt Einigung „sozialpolitischen Meilenstein“

Zugang in das neue System bekomme der, der einen Bedarf habe, sagte Kramp-Karrenbauer. Dieser Bedarf werde durch eine umfassende Einkommensprüfung sichergestellt. „Es ist ein gutes, ein vertretbares Ergebnis“, sagte sie. Sie werde den Kompromiss an diesem Montag den CDU-Gremien zur Beschlussfassung vorlegen.

SPD-Interimsvorsitzende Malu Dreyer sprach von einem „sozialpolitischen Meilenstein.“ CSU-Chef Markus Söder wies darauf hin, dass es gelungen sei, die Kosten für die Grundrente auf unter zwei Milliarden Euro zu deckeln. Er forderte auch dazu auf, die Debatten um ein mögliches Ende der GroKo einzustellen.

Die Eckpfeiler der Grundrente im Überblick:

  • Ab Januar 2021 sollen insbesondere Geringverdiener mit 35 Beitragsjahren einen Rentenaufschlag oberhalb der Grundsicherung erhalten.
  • Die von der CDU durchgesetzte Einkommensprüfung soll über die Deutsche Rentenversicherung in Kooperation mit den Finanzbehörden erfolgen.
  • Die Einkommensgrenze soll für Alleinstehende 1.250 Euro betragen, für Paare soll sie bei 1.950 Euro liegen.
  • Die Finanzierung soll zu weiten Teilen aus einer geplanten Finanztransaktionssteuer sowie dem Bundesarbeitsministerium finanziert werden.
  • Zusätzlich soll ein Budget für Freibeträge beim Wohngeld von 80 Millionen Euro bereitgestellt werden. So möchte man verhindern, dass die erhöhte Rente den Bedarf beim Wohngeld auffrisst.

Neben dem Kompromiss bei der Grundrente verabschiedete die GroKo, dass Arbeitslosenversicherungsbeiträge für einen befristeten Zeitraum um 0,2 Prozent gesenkt werden. Zusätzlich soll ein kapitalgedeckter Zukunftsfonds für bis zu 10 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Es ist der dritte Anlauf für eine solche Mindestrente in drei Legislaturperioden. Einen ersten Vorschlag hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bereits im Februar vorgelegt. In einem weiteren Vorstoß der Sozialdemokraten im Mai war noch davon die Rede, dass bis zu drei Millionen Rentnerinnen und Rentner profitieren könnten, 80 Prozent davon Frauen. Laut Malu Dreyer wird die Grundrente zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Bürger erreichen.

Die Grundrente ist im Koalitionsvertrag vereinbart worden und war ursprünglich mit einer Vermögensprüfung vorgesehen. Darüber hatte es monatelang Streit gegeben. Ursprünglich sollte bereits vor knapp einer Woche eine Einigung beschlossen werden.

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CDU-Politiker Friedrich Merz, der die GroKo zuletzt scharf kritisiert hatte, fand vorsichtiges Lob für den Kompromiss. Auf dem Twitteraccount des Politikers hieß es: "Vorbehaltlich einer genaueren Prüfung der Details könnte diese Einigung einen Weg aufzeigen, wie in Zukunft eine Grundrente mit Einkommens- und Vermögensprüfung vernünftig ausgestaltet werden kann."

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat mit Blick auf kritische Stimmen in den eigenen Reihen für die Einigung der Koalitionsspitzen zur Grundrente geworben. Die Koalition habe sich in einer sehr kritischen Situation befunden. „Es ist halt ein Kompromiss. Und das müssen beide Seiten wissen“, sagte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am Sonntagabend.

FDP spricht von Kuhhandel, Linke bezeichnet den Kompromiss als zynisch

Kritik kommt von der Opposition. Johannes Vogel, Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen schrieb bei Twitter, die Union hätte sich auf einen Kuhhandel eingelassen. Angeblich sei der „Wille zur parteipolitischen Gesichtswahrung größer als die politische Kraft für ein gutes Modell gegen Altersarmut.“

Auch die Linke zeigte sich enttäuscht. Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag twitterte: „Bei E-Autos gibt es üppige Kaufprämien mit der Gießkanne und bei der Grundrente schaut die Koalition ins Portemonnaie der Rentner“.

Auch in Teilen der SPD wurde die starre Haltung des Koalitionspartners CDU in der Frage der Bedürftigkeitsprüfung bemängelt. Der SPD-Sozialpolitiker Karl Lauterbach sprach gegenüber der "Welt" von einer „Minimallösung“. Besonders für die Frauen sei der Kompromiss enttäuschend. Selbst wenn sie bei niedriger Bezahlung 35 Jahre gearbeitet hätten, könnten sie aufgrund der Einkünfte ihres Ehepartners keine eigene Grundrente bekommen. Bei der Mütterrente sei auch nie die Rede von einer Einkommensprüfung gewesen. Der Respekt vor der Mutterschaft, so Lauterbach, sei offenbar höher, als der vor der Arbeit der Frauen.

„Gebt den Rentnerinnen und Rentner endlich eine Perspektive“

Auch Holger Schröder, Vorsitzender des SPD-Ortsverbandes Mühlhausen kritisierte, dass Mütterrente und E-Auto Zulage ohne Auflagen erteilt würden, die Christdemokraten bei der Rente aber knauserig agierten. „Gebt den 3,2 Millionen Rentnerinnen und Rentner endlich eine Perspektive“, sagte er. In Deutschland gelten fast zwanzig Prozent aller Rentnerhaushalte als armutsgefährdet und leben im Monat von weniger als tausend Euro.

Gert Wagner, Mitglied der Rentenkommission, sagte dem Tagesspiegel: „Für mich persönlich ist das kein Kompromiss, sondern eine kluge Lösung. Lebensleistung wird gewürdigt, aber es wird auch berücksichtigt in welchen Einkommensverhältnissen jemand lebt, ohne dass die Bürokratie übertrieben wird. Ob freilich die Schwelle von 35 Versicherungsjahren, die man braucht, um die Grundrente zu erhalten, auch klug ist, ist sicher nicht nur für mich eine offene Frage.“ (dpa/AFP,Tsp)

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