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Das ZDF-Sommerinterview mit Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen.

© dpa/Marius Becker

Update

Grünen-Vorsitzende kündigt Hilfen an: „Bei einer Gasumlage müssen wir Entlastungen auf den Weg bringen“

Auf eine Gasumlage müssen finanzielle Erleichterungen für die Bürger:innen kommen, findet Lang. Einen Wiedereinstieg in die Atomkraft schließt sie strikt aus.

Die Co-Parteichefin der Grünen Ricarda Lang vereidigte die geplante Gasumlage, mit der Versorger im Herbst einen Teil ihrer Extra-Kosten an Endkunden weiterreichen können. Die Umlage werde helfen, systemrelevante Firmen zu stabilisieren, sagte sie im ZDF-Sommerinterview.

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Gleichzeitig müsse es jedoch weitere Hilfen für die Verbraucher:innen geben. „Wenn wir jetzt eine Gasumlage machen, dann müssen gleichzeitig weitere Entlastungen kommen - also noch in diesem Jahr, in diesem Herbst, müssen wir Entlastungen auf den Weg bringen“, sagte Lang.

Grüne schließt Widereinstieg in die Atomkraft strikt aus

Parallel dazu müssten die erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren mit Hochdruck ausgebaut werden. Denn als Grüne sei man strikt gegen einen Wiedereinstieg in die Atomkraft. „Das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben“, sagte Lang am Sonntag im Interview. Es handele sich um eine Hochrisikotechnologie.

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Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hatte zuvor gewarnt, das wegen fehlender russischer Lieferungen knappe Gas dürfe nicht länger für die Stromproduktion eingesetzt werden. Bestimmte Atommeiler müssten notfalls bis 2024 genutzt werden.

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Lang sagte, am besten sei es, Energie zu sparen. Gas werde kaum für die Stromerzeugung eingesetzt und sei nur minimal durch AKWs zu ersetzen. Kohle-Kraftwerke wirkten dagegen besser, weswegen diese jetzt genutzt würden. „Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem.“ Es werde nach bisherigen Erkenntnissen keinen Strommangel im Herbst und Winter geben. Das werde jetzt aber noch mal überprüft.

Lindner: „Vieles spricht dafür, die sicheren und klimafreundlichen Kernkraftwerke nicht abzuschalten“

Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte zuvor Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aufgefordert, die Stromproduktion mit Hilfe von Gas zu stoppen. „Wir müssen daran arbeiten, dass zur Gaskrise nicht eine Stromkrise kommt“, sagte der FDP-Vorsitzende der „Bild am Sonntag“.

„Deshalb darf mit Gas nicht länger Strom produziert werden, wie das immer noch passiert.“ In Richtung des Bundeswirtschaftsministers sagte Lindner: „Robert Habeck hätte die gesetzliche Ermächtigung, das zu unterbinden.“

Der Finanzminister sprach sich in diesem Zusammenhang erneut für einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke in Deutschland aus, um „andere Stromkapazitäten“ zu erhalten. „Vieles spricht dafür, die sicheren und klimafreundlichen Kernkraftwerke nicht abzuschalten, sondern nötigenfalls bis 2024 zu nutzen.“

Der Bundesfinanzminister richtet sich in einem Statement an die Presse.
Der Bundesfinanzminister richtet sich in einem Statement an die Presse.

© Christian Spicker / AFP

Lang sagte am Sonntag im ZDF-Sommerinterview mit Blick auf Aussagen vom Finanzminister: „Das, was Christian Lindner da will, ist nichts anderes als der Wiedereinstieg in die Atomkraft. Und das wird es mit uns auf jeden Fall nicht geben.“

Lang beklagte eine „Unernsthaftigkeit“ in Debatte. Die Gaskraftwerke in Deutschland würden nur zu einem sehr kleinen Teil in der Verstromung eingesetzt und könnten nur zu einem winzigen Teil durch die Atomkraft ersetzt werden. „Wir haben ein Wärmeproblem, kein Stromproblem“, sagte Lang.

Habecks Sprecher: „Es gibt systemrelevante Gaskraftwerke“

Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) teilte am Sonntag mit: „Man darf nicht verkennen: Ein völliger Verzicht auf Gas im Stromsektor führt zur Stromkrise und Blackouts. Es gibt systemrelevante Gaskraftwerke, die mit Gas versorgt werden müssen. Bekommen sie kein Gas, kommt es zu schweren Störungen. Das ist leider die Realität der Stromsystems, die man kennen muss, um die Versorgungssicherheit herzustellen.“

Da, wo Gas aber in der Stromerzeugung ersetzt werden könne, solle es ersetzt werden - und daran werde längst mit Hochdruck gearbeitet.

Eine erste Verordnung ermöglicht es bereits, dass Steinkohlekraftwerke aus der sogenannten Netzreserve zeitlich befristet in den Strommarkt zurückzukehren.

Laut Ministerium ist zudem eine Gaseinsparverordnung zum Abschalten von nicht-systemrelevanten Gaskraftwerken in der Stromerzeugung in Arbeit. Zum 1. Oktober soll die Braunkohlereserve aktiviert werden. Bereits stillgelegte Braunkohlekraftwerke könnten dann wieder ihren Betrieb aufnehmen.

Wegen der Befürchtungen vor einem Stopp russischer Gaslieferungen wird derzeit eine mögliche Verlängerung der Laufzeiten der letzten noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland diskutiert.

Auch Debatte über Neubau wird entfacht

Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Stefan Wolf, hat sich für einen Weiterbetrieb und eine Debatte über den Bau neuer Reaktoren ausgesprochen. „Ich halte eine längere Laufzeit der Atomkraftwerke für absolut notwendig“, sagte Wolf den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Eine verlängerte Laufzeit der drei noch im Betrieb befindlichen Atomkraftwerke könne die Verstromung von Gas deutlich reduzieren und dazu beitragen, die Stromversorgung zu sichern, wenn wirklich kein Gas mehr zu Verfügung stehe.

„Wir müssen aber auch eine Debatte über den Bau von neuen Atomkraftwerken führen“, sagte Wolf weiter. „Weltweit werden derzeit 50 neue Atomkraftwerke gebaut, die Technik hat sich weiterentwickelt. Die EU hat die Atomenergie gerade erst als grüne Energie gekennzeichnet.“

„Bislang haben alle seriösen Prüfungen ergeben, dass Atomkraft die teuerste und unsicherste Energieform ist, die gerade für Deutschland nicht das Gasproblem löst“, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef im Bundestag, Matthias Miersch, der „Rheinischen Post“ laut Vorabbericht vom Sonntag. „Aber natürlich gehören alle Optionen immer wieder geprüft.“

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Aktuell sind noch drei Atomkraftwerke in Deutschland am Netz: Emsland in Niedersachsen, Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg. Sie sollen laut Gesetzeslage aber Ende 2022 abgeschaltet werden. Diskutiert wird unter anderem, sie in einem sogenannten Streckbetrieb einige Monate länger laufen zu lassen.

Bei den Grünen-Wählern sind 54 Prozent für Weiterbetrieb

Union und FDP werben dafür, einen zumindest begrenzten Weiterbetrieb über den Jahreswechsel hinaus zu ermöglichen. SPD und insbesondere Grüne sind nach wie vor skeptisch. Auch sie wollen einen zumindest befristeten Weiterbetrieb im Krisenfall aber inzwischen nicht generell ausschließen.

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Die Vorsitzende der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Eine Laufzeitverlängerung ist mit uns nicht zu machen. Und eine Laufzeitverlängerung ist das, was über den Streckbetrieb hinausgeht.“ Sie sei nicht notwendig und teuer.

„Und die Atomenergie ist eine Hochrisikotechnologie. Was wir brauchen, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien.“

Einer Insa-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ zufolge sprachen sich 54 Prozent der Grünen-Wähler für eine Laufzeitverlängerung aus, um die Energieversorgung unabhängiger von russischem Gas zu machen. (AFP, dpa, Reuters)

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