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Theologin und Politikerin. Katrin Göring-Eckardt lässt nun ihre Kirchenämter als Präses der Synode und als Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche ruhen.

© dapd

Grünen-Spitzenkandidatin Göring-Eckardt: Frisch, fromm, fröhlich

Sie hat ein Gespür für den richtigen Moment, für Orte und für Inszenierungen, das hat die Theologin und Politikerin vor allem in ihren kirchlichen Ämtern bewiesen. Nun bildet Katrin Göring-Eckardt mit Jürgen Trittin das Spitzenduo der Grünen.

Als Darth Vader und Mutter Teresa ins Spiel kommen, löst sich ihre Spannung. Denn ihr neuer Partner, zumindest für die nächsten gut zwölf Monate, Jürgen Trittin, zitierte den Vergleich zwischen den beiden Figuren und dem neuen Spitzenduo der Grünen. Katrin Göring-Eckardt gibt sich irritiert. „Bist du Mutter Teresa?“, fragt sie trocken in Richtung Trittin. Die Lacher, die sie dafür erntet, müssen befreiende Wirkung entfaltet haben. Während sie bis dato vor allem betont hat, welche Herausforderung diese neue Aufgabe sei, fast so, als sei es auch eine Bürde, zeigt sie fortan vor allem die Freude über diese Wahl.

Göring-Eckardt wird wissen, warum sie erstmal skeptisch war. Sie kennt ihre Partei und hat wohl selbst nicht damit gerechnet, sich durchzusetzen. Ihre Karriere bei den Grünen verlief nicht geradlinig auf diese Kandidatur zu. Vielleicht auch, weil sie anders als die Trittins und Roths dieser Partei nicht den Geruch der Gründerzeit versprüht. Zumindest nicht der grünen Gründungsphase. Dafür aber den von Bündnis 90, das sich Anfang der 90er Jahre mit den Grünen zusammenschloss. Dort war die 1966 im thüringischen Friedrichroda geborene Göring-Eckardt von Beginn an dabei. 1998 zog sie für die Grünen in den Bundestag ein, wurde Parlamentarische Geschäftsführerin und anschließend, von 2002 bis 2005, Fraktionsvorsitzende. Sie war überzeugte Verteidigerin der Agenda 2010, was ihr in der Partei auch den Stempel der Neoliberalen aufdrückte. Nach der für Rot-Grün verlorenen Wahl 2005 verlor sie – auch deshalb – an Einfluss. Sie wurde zwar Vize-Präsidentin des Deutschen Bundestags, aber die Partei setzte auf andere Kräfte – vom linken Flügel.

Nachdem es so aussah, als würde es nichts mehr mit der Karriere in der Partei, konzentrierte sich Katrin Göring-Eckardt, studierte Theologin und verheiratet mit einem Pfarrer, auf die Kirche. 2009 ließ sie sich zur Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland wählen, zur Vorsitzenden des Kirchenparlaments. Mit ihrem Stellvertreter, dem CSU-Politiker und früheren bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein, bildet sie seitdem ein krisenfestes Team. Die beiden leben vor, dass der Weg von Grün zu Schwarz nicht weit sein muss. Bei Themen wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und auch bei sozialen und familienpolitischen Fragen sind Göring-Eckardt und Beckstein nah beieinander, gut bürgerlich und wertkonservativ – mit dem Unterschied, dass Beckstein das traditionell-konservative Milieu erreicht und Göring-Eckardt bei Menschen im postmodernen, postmaterialistischen Milieu punktet, die Glaube und Nachhaltigkeit zu einem neuen Lebensstil verbinden.

Bei der Tagung der Synode vor einer Woche in Timmendorfer Strand, ließ Göring- Eckardt die Synodalen aufstehen und der Opfer des NSU-Terrors gedenken. Es gab wohl keinen in dem Tagungssaal, den die spontane Geste kalt gelassen hätte. Ja, Menschen berühren, das kann sie. Sie hat ein Gespür für den richtigen Moment, für Orte und für Inszenierungen. Das hat sie auch 2011 beim Kirchentag in Dresden bewiesen. Als Kirchentagspräsidentin war es ihre Entscheidung, das christliche Großspektakel nicht in irgendeiner Halle am Stadtrand abzuhalten, sondern mittendrin, in der Innenstadt, dort, wo alle hinkommen. Die Christen sollen ihren Glauben selbstbewusst vertreten, frisch, fromm und fröhlich. Der Plan ging auf, die Stadt leuchtete abends kirchentagspink, auf der Elbe schwammen Kerzen – und wieder waren alle ergriffen. Und zwischen allen schwebte Katrin Göring-Eckardt, zierlich, fast mädchenhaft – trotz ihrer 46 Jahre. Sie drängt sich nicht in den Mittelpunkt und kann doch sehr präsent sein, wenn sie will.

Aber bei allem Weichen, Mädchenhaften weiß diese Frau genau, was sie will und kontrolliert sich sehr genau. Selten lässt sie Emotionen einfach so aus sich herausbrechen. Anders als andere Kontrollierte wirkt Göring-Eckardt dabei gelassen und authentisch. Vor einer Woche in Timmendorfer Strand, als die Stimmenauszählung voll im Gange war, konnte man ihr keine Nervosität anmerken. So sieht wohl Gottvertrauen aus.

Und das schenkt ihr das nötige Selbstvertrauen und nimmt ihr die Scheu vor großen Namen. Denn wer ist schon größer als Gott. Nach ihrer Wahl twitterte sie: „Das Beste kommt erst noch.“ Das hatte einige Tage zuvor auch US-Präsident Barack Obama seinen Anhängern zugerufen. Und noch ein anderer Großer inspiriert sie. Denn während Trittin am Samstag ankündigte, abends ins Theater gehen zu wollen, sagte Göring-Eckardt, dass sie sich den neuen James Bond ansehen werde. Sie selbst war an diesem Tag wohl beides: gerührt und geschüttelt.

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