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Grünen-Chefin Annalena Baerbock schlägt ungewohnt harte Töne an: Bei ausreisepflichtigen Straftätern soll der Staat konsequent durchgreifen.

© Andreas Arnold/dpa

Grünen-Chefin: Baerbock will Straftäter schneller abschieben lassen

Warum Grünen-Chefin Annalena Baerbock fordert, dass der Rechtsstaat bei ausreisepflichtigen Flüchtlingen konsequent durchgreifen müsse.

Es sind ungewohnt harte Töne, die Grünen-Chefin Annalena Baerbock zum Jahresende anschlägt. Was tun mit Flüchtlingen, die in Deutschland immer wieder Straftaten begehen? Baerbock verlangt in diesen Fällen ein konsequentes Durchgreifen des Rechtsstaats: „Straffällige Asylbewerber, die unsere Rechtsordnung nicht akzeptieren und vollziehbar ausreisepflichtig sind, sollten bei der Abschiebung vorgezogen werden“, sagt sie in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Zum Asylrecht gehöre auch, dass jene, die keinen Anspruch haben zu bleiben, in ihre Länder zurück müssten. „Das gilt gerade für Menschen, die die Grundwerte unserer Gesellschaft mit Füßen treten.“

Baerbock selbst hat in Potsdam einen Flüchtlingshilfeverein gegründet, seit Jahren engagiert sie sich dafür, dass die Neuangekommenen sich in Deutschland zurechtfinden. Doch sie hat auch erlebt, welchen Schaden diejenigen anrichten, die als Intensivtäter immer wieder auffällig werden. Es gehe dabei um einen „sehr kleinen Teil der Geflüchteten“, sagt Baerbock.

Aber weil das Recht oft nicht schnell durchgesetzt werde, sei das Vertrauen in den Rechtsstaat „angekratzt“. Die vorhandenen rechtstaatlichen Instrumente müssten besser genutzt werden, auf eine Straftat müssten „zügig“ Urteil und Strafvollzug folgen. Das passiere nicht, wenn Staatsanwälte und Richterinnen fehlten, sagt die Grünen-Chefin. „So entsteht bei manchen der Eindruck, Gewalt habe in Deutschland keine Konsequenzen.“

Humanität und Ordnung – so lautet die Formel, unter der die Grünen inzwischen ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik zusammenfassen. Dahinter steckt die Überzeugung, dass man in Deutschland die Akzeptanz für eine Willkommenskultur nur dann aufrecht erhalten könne, wenn es auch halbwegs geordnet zugeht. Ordnung, das kann nach Ansicht der Grünen auch bedeuten, dass Menschen nach einem abgeschlossenen Asylverfahren abgeschoben werden – auch wenn das Thema für ihre Partei „schmerzhaft“ sei, wie Baerbock sagt.

Auf der anderen Seite treten die Grünen dafür ein, dass nicht mehr die „Falschen“ abgeschoben werden, also die gut Integrierten, die sich in einer Ausbildung befinden oder Arbeit haben. Für diese Gruppe müsse es einen „Spurwechsel“ geben, fordert Baerbock. Auch in Kriegsgebiete wie Afghanistan solle nicht mehr abgeschoben werden.

Bei den Grünen wird diskutiert, bestimmte Länder zu "priorisieren"

Eine doppelte Botschaft hat die Grünen-Chefin auch, wenn es um die Frauenrechte geht: „Nichts legitimiert Gewalt gegen Frauen, weder Ehekrach noch Alkohol, noch eine traumatische Fluchterfahrung.“ Ein Teil der Geflüchteten sei in patriarchalen Strukturen und mit Vorstellungen von Männlichkeit aufgewachsen, die Gewalt legitimieren. Zugleich wehrt sie sich gegen den Versuch von „Rechtsnationalisten“, Stimmung gegen Muslime und Geflüchtete zu machen. „Kein Pass, keine Religion und keine Kultur machen einen automatisch zum Straftäter.“

Klar bleibt Baerbock bei einem ideologisch aufgeladenen Thema, das in den vergangenen Wochen auch CDU und Grüne bei den Koalitionsgesprächen in Hessen beschäftigt hat. Die Grünen-Chefin bekräftigte ihr Nein zum Vorhaben der Bundesregierung, die Maghreb-Staaten Algerien, Tunesien und Marokko in die Liste der so genannten sicheren Herkunftsländer aufzunehmen. SPD und Union haben im Bund mittlerweile den zweiten Anlauf unternommen, doch bisher fehlte im Bundesrat die Mehrheit. Mit Ausnahme von Baden-Württemberg lehnen die grün-mitregierten Länder dieses ab. Sollten die Grünen in Hessen ihren Widerstand aufgeben, könnte das Gesetz in Kraft treten.

Aus der Bundespartei gab es deshalb den Versuch, für ein grünes Nein in Hessen zu werben. Zum Einen mit grundsätzlichen Argumenten: In den Maghreb-Staaten seien nicht alle Bevölkerungsgruppen sicher, etwa Journalisten und Homosexuelle, sagt Baerbock. Damit würden die Vorgaben des Verfassungsgerichts nicht erfüllt.

Doch die Parteichefin führt auch pragmatische Gründe an. „Keine Rückführung wird dadurch schneller“, wendet sie ein. Um Straftäter schneller abschieben zu können, brauche man entsprechende Rückführungsabkommen. Bei den Grünen wird außerdem diskutiert, dass man bestimmte Länder „priorisieren“ könne. Das würde bedeuten, dass Anträge bevorzugt abgearbeitet würden. Für welchen Weg sich Schwarz-Grün in Hessen entschieden hat, wollen sie am Donnerstag bekannt geben.

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