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So sehen Siegerinnen aus: Sibylle Keupen erobert für die Grünen mit großem Abstand den OB-Sessel der Stadt Aachen.

© dpa

Grüne Erfolge in NRW: Ein Sieg, der eine Aufgabe ist

Nach der zweiten Runde der NRW-Kommunalwahlen kann die CDU zufrieden sein, die SPD muss weiter bangen. Gewinner aber sind die Grünen, die sich nun verändern müssen. 

Von Hans Monath

Die großen Veränderungen in der Politik, sie beginnen oft in kleinen Einheiten, bevor sie die ganze Republik bewegen. Deshalb werden die Bundesparteien nun genau studieren, wie die Stichwahlen um Städte und Kreise in NRW, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, ausgegangen sind und welche Entwicklungen sich daraus ablesen lassen.

Der wichtigste Hinweis lautet: Gewinner des zweiten Durchgangs in NRW sind die Grünen, die in der alten Hauptstadt Bonn, in Wuppertal und mit rund 70 Prozent auch in Armin Laschets Heimatstadt Aachen künftig Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister stellen. Diese Erfolge und der Aufstieg auf landesweite Werte von 20 Prozent zeigen: Die Ökopartei ist keine kleine Mehrheitsbeschafferin mehr, sondern kann glaubhaft einen Platz neben CDU und SPD für sich reklamieren, wenn es um die Macht geht. Für beide alte Volksparteien ist das eine Herausforderung, auf die sie eine Antwort erst noch finden müssen.

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Ministerpräsident Armin Laschet wertete schon den ersten Platz seiner CDU von vor zwei Wochen (34,3 Prozent) als Bestätigung seines Anspruchs auf den Vorsitz der CDU. Während die Konkurrenten Friedrich Merz und Norbert Röttgen noch keine Wahl gewonnen haben, konnte er beweisen, dass er Erfolge auch verteidigen kann. Dass die CDU nun Düsseldorf von der SPD eroberte und damit in der Hauptstadt eines Flächenlandes wieder den OB stellt, verstärkt diese Botschaft.

Es gibt noch Sozialdemokraten, die Fäuste zeigen: Thomas Westphal SPD, Gewinner der Oberbürgermeister-Stichwahl in Dortmund.
Es gibt noch Sozialdemokraten, die Fäuste zeigen: Thomas Westphal SPD, Gewinner der Oberbürgermeister-Stichwahl in Dortmund.

© imago images/Friedrich Stark

Am schwierigsten ist die Lage der SPD. Sie hat in beiden Wahlgängen brutale Verluste hinnehmen müssen – und trotzdem hätte es für sie noch schlimmer kommen können. Vor zwei Wochen konnte sie entgegen vielen Erwartungen den zweiten Platz (24,3 Prozent) hinter der CDU und vor den Grünen (20 Prozent) halten. Im zweiten konnte sie, wenn auch knapp, ihre Herzkammer Dortmund verteidigen, in der sie seit 1946 ununterbrochen den OB stellt. Dort hatten die Grünen zur Wahl des CDU-Kandidaten aufgerufen, was viele in der SPD fast als Verrat empfanden. Dieser symbolisch hoch wirksame Verlust blieb ihr erspart. Dass die Sozialdemokraten etliche große Städte verteidigen auch den Chefsessel in mehreren Rathäusern großer Kommunen erobern konnten, dürfte im Richtungsstreit der NRW-SPD nun die Pragmatiker gegen die linken Ideologen stärken.

Aber auch wenn nun etwas Druck aus dem Kessel genommen ist: Wenn die SPD ihren Machtkampf nicht bald klärt und ihren Landeschef Sebastian Hartmann gegen seine Widersacher um Fraktionschef Thomas Kutschaty stärkt, dürfte der Einfluss der drängenden Jusos und anderer Dogmatiker in der Partei deren ohnehin nicht rosigen Chancen bei der Landtags- und Bundestagswahl vollends ruinieren. Wenn Saskia Esken, eine von zwei Bundesvorsitzenden, Hartmann weiter Unterstützung verweigert, macht sie eine solche Entwicklung wahrscheinlicher.

In ihren besten Zeiten ist es der SPD immer gelungen, verschiedene soziale und kulturelle Milieus zusammenzubringen und dadurch nicht nur stark zu werden, sondern auch zum Zusammenhalt der Gesellschaft beizutragen. Die Grünen im Bund dagegen sprechen bislang ein vorwiegend akademisch gebildetes Publikum an, das oft im öffentlichen Dienst beschäftigt ist.  Die Lehre für die Bundesgrünen aus der NRW-Kommunalwahl lautet deshalb: Öffnet euch für andere Milieus! Dieser Sieg ist eine Aufgabe. Wer Volkspartei sein und alle repräsentieren will, muss auch für alle sprechen.

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