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Volker Kauder (CDU) bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD.

© REUTERS/Hannibal Hanschke

Update

Große Koalition: Kauder gegen Renten-Vorschlag von Scholz

Olaf Scholz verlangt vom Koalitionspartner Union, eine Garantie des Rentenniveaus weit über das bisher vereinbarte Jahr 2025 hinaus zu beschließen. Die Union weist den Vorstoß scharf zurück.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will eine Garantie des Rentenniveaus bis 2040 noch in dieser Legislaturperiode beschließen. "Wir werden darauf bestehen, dass die Bundesregierung ein stabiles Rentenniveau auch in den 20er und 30er Jahren gewährleistet und ein plausibles Finanzierungsmodell vorlegt. Das hat für uns hohe Priorität", sagte Scholz der "Bild am Sonntag".

Die Große Koalition hat sich bislang nur auf eine Stabilisierung bis 2025 geeinigt. Scholz droht der Union mit einem Rentenwahlkampf, falls es zu keiner weiterreichenden Lösung komme: "Wir hoffen auf einen Konsens in der Großen Koalition. Sollte das nicht hinhauen, wird es eben ein Thema der politischen Auseinandersetzung. Dann entscheiden die Bürgerinnen und Bürger diese Frage mit ihrem Kreuz auf dem Stimmzettel."

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent zu stabilisieren. Das Rentenniveau ist das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Jahren Durchschnittslohn und dem aktuellen Durchschnittsverdienst - es zeigt, ob die Renten den Löhnen hinterherhinken.

Die Unionsfraktion wies den Vorstoß von Vizekanzler Scholz scharf zurück. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) trat der Drohung Scholz' mit dem Thema Rente in den Wahlkampf zu ziehen mit den Worten entgegen, für die Arbeit der Rentenkommission sei es „nicht gut, wenn nun von Seite des Koalitionspartners weitgehende Forderungen gestellt werden“. Diese sollten schon gar nicht mit Überlegungen verknüpft werden, ansonsten im Jahr 2021 einen Rentenwahlkampf zu führen, sagte der CDU-Politiker den Funke-Zeitungen. Die Beratungen hätten noch nicht einmal begonnen, betonte er und forderte „eine ruhige und sachliche Diskussion über die Zukunft der Rente“.

Die Union äußert sich kritisch

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, das Rentenniveau bis 2025 bei 48 Prozent zu stabilisieren. Das Rentenniveau ist das Verhältnis zwischen einer Rente nach 45 Jahren Durchschnittslohn und dem aktuellen Durchschnittsverdienst - es zeigt, ob die Renten den Löhnen hinterherhinken.

Vertrauen der Bürger in die Rente hält Scholz deshalb für ein zentrales Mittel gegen nationalistische Populisten wie US-Präsident Donald Trump: "Globalisierung und Digitalisierung schaffen Wohlstand, aber verändern unsere Welt auch im schnellen Tempo. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zurecht, dass wir alles unternehmen, damit sie trotzdem sicher leben können. Tun wir das nicht, schlägt die Stunde der nationalistischen Populisten. Stabile Renten verhindern einen deutschen Trump. Deshalb darf sich die Politik bei diesem Thema nicht drücken.

Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Hermann Gröhe (CDU) äußerte sich kritisch zu Scholz Vorstoß und verwies ebenfalls auf die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission. „Mit seiner markig vorgetragenen Vorfestlegung leistet Scholz der gerade erst begonnenen Kommissionsarbeit einen Bärendienst, ja gefährdet die Grundlagen ihrer Arbeit“, sagte Gröhe am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. „Das mag dem anhaltenden Umfragetief der SPD geschuldet sein, ist aber unverantwortlich!“ Gröhe gehört selbst der Kommission an.

Für die Rentenkommission gehe es darum, ein auskömmliches Alterseinkommen zu sichern und zugleich die junge Generation und Deutschlands Wirtschaftskraft nicht zu überfordern, erklärte Gröhe. Ausdrücklich verwies er dabei auf Scholz' SPD-Parteikollegen, Arbeitsminister Hubertus Heil, und dessen fachliche Zuständigkeit: „Der zuständige Minister Heil hat die an der Kommissionsarbeit beteiligten Vertreter der Sozialpartner, der Wissenschaft und der Politik ausdrücklich vor Denkverboten gewarnt.“

Lindner vermisst Finanzierungsplan

FDP-Chef Christian Lindner forderte Scholz auf, seinen Vorstoß finanziell zu unterfüttern. „Dem vollmundigen Versprechen von Olaf Scholz fehlt das Entscheidende: ein solider Plan, wie das Rentenniveau über 2025 wirklich stabil bleiben soll. Dazu sagt er nichts“, sagte Lindner der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montag). „Union und SPD haben schon die exzellenten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre tatenlos verstreichen lassen. Mir fehlt der Glaube, dass jetzt auf einmal der große Wurf kommen soll.“

Auch der Rentenexperte Bernd Raffelhüschen hält Scholz' Vorstoß für nicht seriös. „Die Jungen werden belastet, die Alten werden beglückt“, sagte er dem Tagesspiegel. Wenn die SPD das Rentenniveau und die Beiträge stabil halten wolle, müsse entweder die Lebensarbeitszeit auf 73 Jahre steigen oder der Steuerzuschuss an die Rentenversicherung steigen. Da die SPD keinen späteren Renteneintritt wolle, laufe der SPD-Vorschlag auf höhere Steuern hinaus.

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Linken-Chef Bernd Riexinger forderte eine einheitliche Rentenversicherung für alle. „Eine Sicherung des Rentenniveaus ist vor allem durch eine Konzentration auf die gesetzliche Rente zu erreichen“, schrieb er auf Twitter. „Die Rentenreformen müssen rückgängig gemacht werden UND alle sollen einzahlen - vom Millionär bis zum Politiker.“

Reserven der Rentenkassen auf Rekord-Hoch

Die gesetzlichen Rentenkassen haben einem Magazinbericht zufolge Reserven in bislang nicht dagewesener Höhe aufgebaut. Die sogenannte Nachhaltigkeitsrücklage steige nach Schätzungen der Deutschen Rentenversicherung Bund bis Ende Dezember auf rund 37,3 Milliarden Euro, berichtete der "Spiegel". Ende Juli habe die Rücklage bei 34,1 Milliarden Euro gelegen. Grund für diese Entwicklung ist die gute Beschäftigungslage. Die Pflichtbeiträge aus Erwerbsarbeit kletterten in den ersten sieben Monaten des Jahres auf rund 120 Milliarden Euro, berichtete das Magazin. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei das ein Plus von 4,4 Prozent.

Trotzdem gehe die Rentenversicherung davon aus, dass 2023 der Rentenbeitragssatz von derzeit 18,6 Prozent des Bruttolohnes erhöht werden müsse, hieß es weiter. Grund seien kostspielige Reformen wie die Mütterrente oder die Rente mit 63. (AFP, dpa, Reuters, epd)

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