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Demonstranten aus der rechten Szene vergangenen August in Chemnitz. Die Szene wächst kaum, doch die Gewaltbereitschaft ist immens.

© Jan Woitas/ZB/dpa

Große Gewaltbereitschaft: Die Gefahr des rechten Terrors lässt nicht nach

Sicherheitsbehörden sind besorgt: Mehr als die Hälfte der rechtextremen Szene ist gewaltbereit. Der Trend begann 2015 - und das ist kein Zufall.

Von Frank Jansen

Die Szene wächst kaum, doch die Gewaltbereitschaft ist immens. Der Verfassungsschutz bezeichnet 12.700 Neonazis und andere Rechtsextremisten als „gewaltorientiert“. Das sind Personen, die bereits mit Angriffen auf Flüchtlinge und andere Opfer aufgefallen sind, sowie viele Rechte, die im Internet und anderswo Militanz gutheißen oder propagieren.

Das allein reicht schon, um die Sicherheitsbehörden in Sorge zu versetzen, doch es gibt einen weiteren Faktor. Die gewaltorientierten Rechtsextremisten dominieren die rechtsextreme Szene. Seit 2015 stellt der Verfassungsschutz fest, dass mehr als die Hälfte des rechtsextremen Personenkreises Militanz befürwortet oder auch selbst zuschlägt. Sie sind der größte Block in einem Personenkreis, den der Verfassungsschutz auf insgesamt 24.100 Menschen beziffert.

Dass dieser Trend 2015 begann und seitdem nicht nachlässt, ist kein Zufall. Als vor vier Jahren der Zustrom von Flüchtlingen stark zunahm, fühlten sich viele Rechtsextremisten in ihrem Wahn vom drohenden „Volkstod“ bestätigt. Und nicht nur sie. Die Zahl der rassistischen Straftaten stieg gewaltig, bundesweit wurden weit mehr Flüchtlinge und ihre Unterkünfte attackiert als in den Jahren zuvor. Täter waren nicht nur Neonazis, sondern auch vermeintlich unbescholtene Bürger, die zuvor nicht als Extremisten aufgefallen waren. Die Angriffe auf Unterkünfte von Asylbewerbern sind inzwischen wieder rückläufig, doch das anhaltend hohe Gewaltpotenzial der Szene lässt unschwer vermuten, wie es in vielen Köpfen brodelt.

Terrorismus ist da immer eine Option. Die „Gruppe Freital“, eine Bande sächsischer Rechtsextremisten, attackierte 2015 mit selbst gebastelten Sprengsätzen zwei Flüchtlingsheime in Freital und ein linkes Wohnprojekt in Dresden. Dass nur eine Person verletzt wurde, ein Asylbewerber, war Glück. Im März 2018 verurteilte das Oberlandesgericht Dresden acht Angeklagte zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren.

NSU-Schock hat nichts geändert

Im Mai 2015 hob die Polizei mithilfe des Verfassungsschutzes die Gruppe „Oldschool Society (OSS)“ aus – kurz bevor die Mitglieder losliefen, um in Sachsen ein Flüchtlingsheim zu überfallen. Die Terrorgruppe hatte sich über die sozialen Netzwerke gebildet, Mitglieder gab es in mehreren Bundesländern. In den Chats schwadronierten die OSS-Rassisten über Anschläge mit Nagel- und Brandbomben auf Unterkünfte von Asylbewerbern. Sprengstoff hatte sich die Gruppe schon beschafft. Im März 2017 verurteilte das Oberlandesgericht München vier führende Mitglieder zu Strafen zwischen drei und fünf Jahren Haft.

Die Gefahr rechten Terrors hat auch nach dem NSU-Schock nicht nachgelassen. Von 2012 bis 2018 leitete die Bundesanwaltschaft zwölf Verfahren gegen rechte Gruppierungen wegen Terrorverdachts ein oder übernahm die Ermittlungen einer anderen Staatsanwaltschaft. Im Fall des Terrortrupps „Revolution Chemnitz“ könnte bald Anklage erhoben werden. Die sieben mutmaßlichen Mitglieder sollen für den 3. Oktober 2018 einen Anschlag geplant haben. Vermutlich gegen Ausländer oder Politiker.

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