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Die britische Regierungschefin Theresa May.

© Matt Dunham/REUTERS

Großbritanniens EU-Ausstieg: Theresa May in der Brexit-Falle

Die britische Regierungschefin Theresa May versucht verzweifelt, bei den Brexit-Gesprächen eine Lösung zu finden, die sowohl der EU als auch Nordirlands Unionisten behagt - bislang ohne Ergebnis.

Am Mittwoch machte sich Krisenstimmung breit in Brüssel. Was passiert, so lautete die bange Frage, wenn in den nächsten Tagen keine Vereinbarung in den Brexit-Verhandlungen zu Stande kommt? Die Frage stellt sich, seit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und die britische Premierministerin Theresa May am Montag nach ihrem Treffen in Brüssel ohne greifbares Ergebnis auseinandergegangen waren. Seitdem tickt die Uhr: Bis zum EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember muss der EU-Chefverhandler Michel Barnier entscheiden, ob bei den Verhandlungen mit London „ausreichender Fortschritt“ erzielt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, rückt auch die Möglichkeit wieder näher, dass London und die verbleibenden 27 EU-Staaten am Ende des kommenden Jahres ganz ohne Brexit-Vereinbarung dastehen.

DUP-Chefin Foster telefonierte mit May

Zu den hektischen Bemühungen, doch noch fristgerecht bis zum EU-Gipfel in der kommenden Woche einen Deal zu Stande zu bringen, gehörte am Mittwoch ein Telefonat zwischen May und Arlene Foster, der Vorsitzenden der nordirischen Unionisten-Partei Democratic Unionist Party (DUP). Zuvor hatte sich Foster 24 Stunden lang geweigert, Mays Telefonanrufe zu beantworten. Damit wollte die DUP-Vorsitzende offenbar ihre Verärgerung über den Brüsseler Verhandlungs-Vorstoß der Premierministerin zum Ausdruck bringen.

Foster war es gewesen, die am Montag ihr Veto gegen eine mögliche Vereinbarung zwischen Juncker und May zur Regelung der kniffligen irischen Grenzfrage eingelegt hatte. Als May nach Brüssel gereist war, lag eine Vereinbarung auf dem Tisch, der zufolge Nordirland einen Sonderstatus beim Brexit erhalten hätte. Während des Treffens zwischen May und Juncker hatte Foster die Premierministerin angerufen und ihr deutlich gemacht, dass sie einen Sonderstatus Nordirlands nicht mittragen werde.

Britsche Regierungschefin sieht "sehr guten Fortschritt"

Was May und Foster nun zwei Tage später am Telefon besprachen oder vereinbarten, wurde zunächst nicht bekannt. May sagte hinterher im Unterhaus nur, es gebe einen „sehr guten Fortschritt“ bei den Brexit-Verhandlungen. Das kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die kleine Unionisten-Partei DUP den Brexit-Poker entscheidend mitbestimmt. Die nordirischen Unionisten dienen den Konservativen, die bei der Unterhauswahl im Juni dramatische Verluste erlitten hatten, als Mehrheitsbeschaffer im Parlament. Angesichts der Hängepartie bei den Brexit-Gesprächen stellte der Erste Minister von Wales, Carwyn Jones, bereits die spöttische Frage, ob die zehn DUP-Abgeordneten im Unterhaus bereits das gesamte Land regierten.

Im Detail geht es bei dem Streit zwischen May und den Unionisten um eine Formulierung in dem am Montag vorliegenden Entwurf der Brexit-Vereinbarung, wonach es künftig eine „Angleichung“ zwischen dem EU-Binnenmarkt und der EU-Zollunion sowie dem Regelwerk in Nordirland geben solle. Auf diese Weise ließe sich eine „harte Grenze“ zwischen der Republik Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland vermeiden. Nordirlands Unionisten wollen zwar ebenfalls wie alle anderen Beteiligten auch verhindern, dass in der einstigen Bürgerkriegsregion erneut Kontrollposten errichtet werden. Allerdings will die DUP verhindern, dass Nordirland unter anderen Bedingungen aus der EU ausscheidet als der Rest des Vereinigten Königreichs. Dies, so lautet die Befürchtung der Unionisten, könnte einer späteren Vereinigung mit der Republik Irland den Weg ebnen.

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