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Muss ihre eigenen Leute von dem Deal überzeugen: Großbritanniens Premierministerin Theresa May.

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Update

Großbritannien und EU: Wen Theresa May nach der Brexit-Einigung überzeugen muss

London hat einen Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen verkündet. Teresa May muss jetzt ihr Kabinett und dann die Tory-Abgeordneten davon überzeugen.

Großbritannien hat einen Durchbruch in den Brexit-Verhandlungen mit der Europäischen Union verkündet. Die Unterhändler hätten sich auf den Entwurf eines Austrittsabkommens geeinigt, teilte die britische Regierung am Dienstag mit. Premierministerin Theresa May begann bereits am Dienstag Abend damit, ihr Kabinett sowie das Unterhaus hinter der geplanten Vereinbarung zu sammeln. In Einzelgesprächen mit den Ministern an ihrem Amtssitz in der Downing Street sondierte die konservative Politikerin die Stimmung in ihrer Partei. Einer nach dem anderen verschwand mit ernster Miene hinter der schwarzen Tür des Regierungssitzes. Für diesen Mittwoch ist nachmittags eine Sondersitzung des Kabinetts vorgesehen; sollte May dort grünes Licht bekommen, würde noch in diesem Monat ein EU-Sondergipfel einberufen.

„Die Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich über ein Austrittsabkommen laufen noch und sind nicht abgeschlossen“, teilte ein Sprecher des irischen Außenministers Simon Coveney mit. Dennoch wurde für Mittwoch eine Sondersitzung der Botschafter der 27 bleibenden EU-Länder angesetzt.

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat den Durchbruch bei den Brexit-Verhandlungen bestätigt. „Ja, der weiße Rauch steigt auf. Wir haben positive Signale, dass es nach Wochen und Monaten der quälenden Debatten jetzt endlich zu einer Einigung kommt“, sagte Weber am Dienstagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Man habe sich auf eine Übergangsphase verständigt, um Schaden für die Wirtschaft und EU-Bürger, die in Großbritannien leben, abzuwenden, erklärte der CSU-Politiker, der selbst nicht an den Verhandlungen teilgenommen hat.

Weber, der auch Spitzenkandidat der EVP für die Europawahl im Frühjahr ist, zeigte sich erfreut, dass auch die lange umstrittene Frage geklärt sei, wie nach dem Brexit Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden können. Die EU hatte hier auf einer Garantie bestanden, dass es keine Kontrollen geben werde. „Das ist gelungen. Die nordirische Grenze wird nicht als harte Grenze eingerichtet“, sagte Weber. Die EU habe somit einige Ziele erreicht. Dennoch sei es zu früh, um grünes Licht zu geben. „Wir werden da sehr kritisch draufblicken.“

Die eigentliche Hürde für ein Brexit-Abkommen dürfte aber im Parlament in London liegen. Abgeordnete der nordirischen DUP und Mays Konservativer Partei drohten damit, den Deal durchfallen zu lassen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Sollte die angekündigte Einigung im Parlament in Westminster keine Mehrheit finden, droht ein Austritt ohne Abkommen – mit chaotischen Folgen für alle Lebensbereiche. Zuerst wäre es aber wohl das Ende der Regierung May. Auch eine Neuwahl oder ein zweites Brexit-Referendum werden für diesen Fall nicht ausgeschlossen.

Anhänger eines harten Brexit schäumen vor Wut

Ex-Außenminister Boris Johnson und der einflussreiche Parlamentarier Jacob Rees-Mogg schäumten vor Wut. Sie warfen May in Interviews vor, sich Brüssel unterworfen zu haben. Großbritannien lasse sich zum Vasallenstaat der EU degradieren und sei im Begriff, Dublin teilweise die Kontrolle über Nordirland auszuhändigen. Die beiden Brexit-Hardliner gelten als schärfste Widersacher Mays.

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, teilte per Twitter mit, man werde sich den Text im Detail anschauen, es sähe aber nicht nach einem guten Deal für Großbritannien aus.

Bei den Verhandlungen zwischen London und Brüssel war bis zuletzt eine Garantie zum künftigen Status von Nordirland umstritten. Die Parteien hatten sich frühzeitig darauf geeinigt, dass die extrem durchlässige Grenze zwischen der britischen Nordprovinz und der Republik im Süden auch in Zukunft offengehalten werden solle. Da dies nicht mit Londons ursprünglichem Plan eines glatten Austritts aus Binnenmarkt und Zollunion – dem sogenannten harten Brexit – vereinbar war, ist die May-Regierung in den vergangenen Monaten auf einen wesentlich weicheren Kurs eingeschwenkt.

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Offenbar soll nun das gesamte Vereinigte Königreich über die ohnehin vereinbarte Übergangsphase bis Ende Dezember 2020 hinaus in der Zollunion mit der EU verbleiben, bis eine Speziallösung für Nordirland gefunden ist. Presseberichten in London zufolge stellten wichtige EU-Mitglieder wie Italien, Deutschland und die Niederlande für dieses Entgegenkommen harte Bedingungen. So muss sich die Insel während ihrer Mitgliedschaft in der Zollunion auch zukünftig an EU-Mindeststandards in der Arbeits- und Umweltgesetzgebung halten.

Die Finanzmärkte reagierten am Dienstag positiv: Das Pfund legte gegenüber Dollar und Euro zu. (mit dpa)

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