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Alexis Tsipras, Ministerpräsident von Griechenland, zeigt bei einer Rede während der Sitzung der Parlamentsfraktion seiner linken Partei Syriza eine Krawatte. Tsipras hatte auf dem Höhepunkt der griechischen Finanzkrise versprochen, eine Krawatte umzubinden, sobald sein Land aus der Krise herauskommt.

© Lefteris Partsalis/dpa

Griechenland und die Finanzkrise: Das Problem Griechenland wird zurückkehren

Griechenland geht es besser. Gerettet ist das Land aber längst nicht, meint unsere Kolumnistin.

Griechenland wird voraussichtlich in ein paar Wochen aus dem Rettungsprogramm der Euro-Zone entlassen. Das ist eine gute Nachricht. Aber ist es auch ein „Historischer Augenblick“, ein „neues Kapitel für Griechenland“, wie die EU-Kommission jetzt jubelt? Eher nicht. Bewiesen ist nur, dass es acht Jahre lang gelungen ist, alte Schulden gegen neue Schulden zu tauschen. Dass aber drei Rettungsprogramme, 274 Milliarden Euro an Hilfskrediten und ein Berg von Reformauflagen das Land tatsächlich für eine gute Zukunft gerüstet haben, muss bezweifelt werden. Es ist leichtfertig, so zu tun, als sei Griechenland gerettet.

Vor dem Hintergrund der Flüchtlingsmisere lechzt Europa nach optimistischen Geschichten

Natürlich: Retter wie Gerettete müssen sich für die Rosskur der vergangenen acht Jahre vor ihren Wählern rechtfertigen. Für die Geschichtsbücher muss die Erzählung einer gewaltigen Anstrengung stimmig komponiert werden – deshalb soll nun auch der Lohn der guten Tat in hellstem Licht erscheinen. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsmisere gibt es eine überwältigende Sehnsucht nach europäischen Erfolgsgeschichten.

Da hilft es schon, dass die Wirtschaft Griechenlands seit dem vergangenen Jahr wieder wächst. Das tut sie allerdings weniger wegen des Reformprogramms als wegen der allgemeinen Konjunktur, auch Südeuropa hat von der weltweiten wirtschaftlichen Erholung profitiert. Die Arbeitslosigkeit sinkt, liegt allerdings immer noch bei 20 Prozent. Auch einen Primärüberschuss erwirtschaftet das Land neuerdings: Unter dem Strich bleibt also – bevor Zinsen und Schuldendienst bezahlt sind – im Staatshaushalt etwas übrig. Doch wirtschaftlich stehen die Zeichen für die Euro-Zone nun auf Abkühlung.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das griechische Problem wieder auf der Tagesordnung erscheint

Die Annahme, dass Griechenland für die nächsten dreißig Jahre ständig Überschüsse erwirtschaftet, ist tollkühn. So wird es aber im dritten Rettungsprogramm vorausgesetzt, das die Griechen mit auf den Weg bekommen. Genau so weltfremd ist die Vorstellung, dass die griechische Regierung ihr Reformprogramm tapfer fortsetzt, wenn der internationale Druck nachlässt.

Das „neue Kapitel für Griechenland“ ist kaum mehr als ein nächstes Kapitel. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis das griechische Problem wieder auf der Tagesordnung erscheint.

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