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Windenergieanlagen am Rand des ehemaligen Braunkohle-Tagebaus im südbrandenburgischen Jänschwalde.

© Foto: Patrick Pleul dpa/lbn

Greenpeace-Studie: Ausbau erneuerbarer Energien senkt Strompreis im Großhandel

Studie empfiehlt, in ehemaligen Tagebauen Wind- oder Solaranlagen zu installieren. Endverbraucher profitieren nicht von den Preissenkungen.

Von Jakob Schlandt

Wie hoch ist der Effekt auf den Strompreis, wenn in Tagebauen Wind- und Solaranlagen installiert werden? Das Beratungshaus Energy Brainpool hat in einer Studie im Auftrag von Greenpeace Energy die Auswirkungen kalkuliert – im Großhandel wäre der Preis bis zu 5,20 Euro pro Megawattstunde niedriger.

Gleichzeitig bedeutet das auch, wenn die Ausbauziele der Bundesregierung für die erneuerbaren Energien auch nur moderat verpasst werden, steigen die Strompreise im Großhandel spürbar. Andersherum kann der Bau von Wind- und Solarkraftanlagen die Börsenpreise erheblich senken. Die Studie von Energy Brainpool, die heute veröffentlicht werden soll, lag dem Tagesspiegel Background vorab exklusiv vor.

Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Nutzung ehemaliger Braunkohle-Tagebaue. Die Analyse blickt mit Zwischenschritten ins Jahr 2038 und geht davon aus, dass dort insgesamt 10,0 Gigawatt Photovoltaik-Kapazität und 8,6 Gigawatt Windkraft installiert werden. Das entspräche zusammen knapp der Netto-Kapazität von rund 20 Gigawatt Braunkohle, wenn auch bei deutlich weniger Stromproduktion. Dieser Zubau erneuerbarer Energien orientiert sich – auf alle Braunkohle-Regionen gerechnet – an dem Konzept "ReinRevierWende" von Greenpeace Energy. Gleichzeitig wird angenommen, dass mit diesen Anlagen das von der schwarz-roten Koalition angestrebte Ausbauziel von 65 Prozent Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch im Jahr 2030 genau erreicht wird. Die Strompreiswirkung der Anlagen ist hoch. In einem Basis-Szenario mit stagnierenden Gas-, nur leicht steigenden CO2- und sinkenden Kohlepreisen läge der Strompreis 2030 1,40 Euro pro Megawattstunde niedriger als ohne die EE-Kapazitäten, 2038 stiege die Differenz auf 4,5 Euro.

Weitgehend linearer Ausstieg aus der Kohle

Im Szenario „Energy Brainpool“ liegen die CO2-Preise deutlich höher, Kohle und Erdgas werden dafür stark billiger, weil ehrgeiziger Klimaschutz umgesetzt wird. Dann wäre die Wirkung noch größer: 2030 machen die zusätzlichen Wind- und Solarkapazitäten Strom um 1,80 Euro pro MWh günstiger, 2038 sogar um 5,20 Euro. Der Strompreis notiert derzeit auf dem Terminmarkt bei knapp 50 Euro pro MWh. Eine Aussage über das Preisniveau der Zukunft trifft die Untersuchung nicht.

Energy Brainpool geht in der Untersuchung von einem weitgehend linearen Ausstieg aus der Kohle bis 2038 aus und orientiert sich an den aktuellen Vorschlägen der Kohlekommission. Für die Marktentwicklung werden breit akzeptierte Szenarien zugrunde gelegt, zum Beispiel die Erwartungen der Internationalen Energie-Agentur (IEA).

Ob die Kapazitäten in den Braunkohlerevieren oder anderswo in Deutschland gebaut werden, ist für den Strompreis irrelevant. Elektrizität kann frei gehandelt werden, so, als gebe es eine deutschlandweite Kupferplatte statt eines Netzes mit Engpässen. Die Untersuchung soll aber laut den Auftraggebern zeigen, dass die Nutzung der Tagebaue für erneuerbare Energien hohe Wirkung entfalten kann, sagte Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy: „Diese Zahlen untermauern, wie sinnvoll es ist, auf ehemaligen Tagebauflächen zusätzliche Wind- und Photovoltaik-Anlagen zu errichten.“ Die Bundesregierung müsse im kommenden Klimagesetz den Ausbau von Wind- und Solarkraft auf frei werdenden Tagebauflächen ermöglichen – die Empfehlungen der Kohlekommission müssten entsprechend ergänzt werden.

Auch die drei großen Wirtschaftsverbände BDI, BDA und DIHK hatten kürzlich eine Studie zur Strompreisentwicklung vorgestellt, in der sie allerdings den preissteigernden Effekt des von der Kohlekommission vorgeschlagenen Ausstiegs bis 2038 in den Vordergrund rückten. In einer Analyse der Verbände dazu heißt es allerdings ergänzend: Der Ausbau der erneuerbaren Energien auf 65 Prozent Anteil am Stromverbrauch „dämpft den Anstieg der Großhandelsstrompreise“. Dem stünden aber höhere zusätzliche Förderkosten durch das EEG gegenüber. Dieser Effekt betrifft aber die Industrie unterschiedlich stark. Viele große industrielle Stromabnehmer sind von der EEG-Umlage weitgehend befreit. Kleinverbraucher müssen hingegen die volle Umlage bezahlen.

- Der Beitrag erschien zuerst in unserem Entscheider-Briefing Tagesspiegel Background Energie & Klima.

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