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Zum Heulen? Die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland schnäuzen sich nach Merkels Vereidigung.

© Michael Kappeler/dpa

Glückwünsche für Angela Merkel: Die AfD als Vorbild für Trump und Putin

Weidel und Gauland schüttelten Angela Merkel die Hand. Doch der US-Präsident und Russlands Präsident haben sie nach der Wiederwahl nicht mal angerufen. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lutz Haverkamp

Nehmen wir uns die AfD ausnahmsweise mal zum Vorbild. Wirklich nur ausnahmsweise und nur für die ab hier noch folgenden Textzeilen. Die AfD, die so gerne darauf pocht, dass Regeln eingehalten werden, hat der frischgewählten Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch direkt nach ihrer Wahl im Deutschen Bundestag gratuliert.

Das ist für die ja sonst eher ruppig auftretende AfD mehr als bemerkenswert. Die Glückwünsche kamen vermutlich nicht so richtig von Herzen, wurden nicht so richtig mit Blickkontakt übermittelt und waren wahrscheinlich schlicht verlogen – aber immerhin. Die Geste war da.

Der aufmerksame Zuschauer konnte es im Fernsehen verfolgen. Die Fraktionschefs der AfD, Alice Weidel und Alexander Gauland, reihten sich in die lange Schlange der Gratulanten und schüttelten Merkel die Hand. Und das, obwohl die AfD eher für Begrifflichkeiten wie „Merkel muss weg“ – um mal nur eine harmlose Parole des Hetzwahlkampfs zu zitieren – bekanntgeworden ist. Vermutlich wäre Weidel und Gauland lieber gewesen, wenn ihnen spontan die rechte Hand abgefault wäre. Aber es kam anders. In der Niederlage kann sich persönliche Größe zeigen, selbst bei intellektuellen Zwergen.

Der Führer der freien Welt, US-Präsident Donald Trump, und der Führer der nicht ganz so freien Welt, Russlands Präsident Wladimir Putin, lassen diesen Anstand bisher vermissen. Nach Auskunft eines Sprechers der Bundesregierung haben weder Washington noch Moskau Angela Merkel nach ihrer Wiederwahl angerufen. Von Putin kam ein Schreiben, aus dem Weißen Haus nicht mal ein „My lovely Angela, you make a FANTASTIC Job. Congrats“-Tweet. Nichts. Gar nichts.

Okay, wer kennt das nicht? Vor lauter Arbeit kommt das Zwischenmenschliche auch mal zu kurz. Der eine (Putin) ist gerade mitten im Wahlkampfendspurt und muss sich mit Ex-Spionen und deren Vergiftung rumschlagen. Der andere (Trump) wird von einer Pornodarstellerin belästigt, muss Mauern bauen, Strafzölle verhängen und verliert laufend Mitarbeiter, die ihn unter Umständen an die zwischenstaatlichen und -menschlichen Gepflogenheiten hätten erinnern können. Und Trumps Frau Melania soll auch schlechte Laune und derzeit nur eine eingeschränkte Bereitschaft zur Mitarbeit im Weißen Haus haben. Das alles kann die fehlende Gratulation Richtung Berlin erklären. Entschuldigen tut es das aber nicht.

Damit zurück zur AfD: Die müssen nicht regieren, machen keine sinnvollen Vorschläge und neigen nicht zu produktiver Arbeit. Da bleibt genug Zeit, um Merkel zu gratulieren. Und jetzt, liebe Leserin, lieber Leser, vergessen Sie das wieder mit dem Vorbild.

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